Dawna
Ich liebe dich.« Mileys Worte sind voller Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Noch immer drückt sich das Messer mit unbarmherziger Härte gegen Lilli-This Kehle. Ich sehe Miley an, seine dunkelbraunen Augen, sein Blick ist so weich, so zärtlich, so liebevoll. Er kniet vor mir, seine Hand fühlt sich warm und gut an. Wie oft haben mich diese Hände liebkost. Wie oft sind sie über meinen Körper gewandert und haben heiße Schauer meinen Rücken hinunterperlen lassen.
»Ich liebe dich.«
Meine Tränen tropfen auf Lilli-This Nacken, ihr Atem geht stoßweise.
»Sie. Soll. Die Dienerin. Töten.« Ihre Stimme ist nicht menschlich. Sie ist ein einziges Kreischen. Sie ist zersplitterndes Glas, der Ruf der Harpyie, bevor sie tötet, sie ist wie ein Messer, das in eine offene Wunde fährt.
Etwas lenkt mich ab. So sehr sind meine Sinne geschärft, dass ich die Dunkelheit lesen kann. Die Engel schwärmen aus, ihre schwarzen Federn glänzen im Mondlicht, machen sie gleich mit Schatten und Verderben. Sie kämpfen nicht mehr, sondern durchkämmen das Lager. Sie sind hinter mir her. Hinter mir und Lilli-Thi. Und hinter Emma. Systematisch suchen sie alles ab. Gang für Gang, Wagen für Wagen. In rasender Eile, mechanisch. Sie übersehen nichts und niemanden. Wie ein drohendes Flammenmeer durchziehen sie das Lager. Sie kennen kein Erbarmen.
Mileys Griff wird fester, sein Blick drängender, seine Worte klingen zwischen den Wagen wie Beschwörungsformeln und plötzlich kann ich wieder klar sehen. Meine Bestimmung. Mein Auftrag, ich habe ihn aus den Augen verloren. Ich habe vergessen, was zu tun ist. Der Zettel knistert in meiner Jeanstasche. Noch einmal verstärke ich den Druck auf Lilli-This Rücken, dann nehme ich das Messer von ihrer Kehle und schlitze blitzschnell ihre Jacke auf, vom Nacken bis zur Hüfte. Ihre Flügel entfalten sich. Pechschwarz, gekreuzt, Feder an Feder, bläulich schillernd.
»Man sagt, du wirst Nachtwind genannt«, flüstere ich an ihr Ohr.