Schlanke Renner und geräumige Transporter
Schiffbau
Im mediterranen Raum führte der Schiffbau im Mittelalter mehr oder weniger die antiken Traditionen fort. Man baute zwar nicht mehr die riesigen Transporter, mit denen das Getreide aus Nordafrika nach Rom verschifft worden war, oder die Kriegsschiffe, mit denen die großen Seeschlachten ausgefochten worden waren. Aber es war immer noch der Schiffstyp der Römer und Griechen, die Galeere, die im Mittelmeer verkehrte. Die immer unsicheren Windverhältnisse in diesen Breiten ließen nicht ratsam erscheinen, sich auf Segel allein zu verlassen. Deshalb hatte die Galeere auch einen Antrieb durch Ruder, die paarweise und in Reihen, teilweise sogar mehreren Reihen übereinander, angeordnet waren.
Einbaum als Grundlage
Im Norden Europas verlief die schiffbautechnische Entwicklung anders. Man fing sozusagen ganz von vorne an, mit dem Einbaum, dem auf der ganzen Welt verbreiteten Ur-Boot aus einem der Länge nach halbierten und ausgekehlten Baumstamm. Der Einbaum wurde aufgespreizt, den Seitenwänden wurden Planken angesetzt, die einander wie Dachziegelreihen überlappten (daher die Bezeichnung „Klinkerbauweise“). Die Spreizung nach außen bewirkte eine Verbreiterung des Schiffsquerschnitts, je höher die Seitenwände wurden. Für den Halt der Seitenwände sorgten in den Schiffsboden eingesenkte Rippen, die mit Tauwerk an den Innenseiten der Planken festgebunden waren. Ergebnis war eine Art Groß-Kanu, das mit Paddeln fortbewegt wurde.
Das Nydam-Boot vom Ende des 4. Jahrhunderts weist erstmals eiserne Nieten auf, mit denen die Planken untereinander verbunden wurden; das hochseegängige Schiff wurde nicht mehr gepaddelt, sondern gerudert. Der Schritt hin zum Segelschiff wurde zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert gemacht. Die Skandinavier schufen sich, als sie ihre schlanken Ruderboote endlich mit Segeln ausrüsteten, einen neuen Typ von Schiff, den Renner, der in einem bis dahin ungeahnten Tempo große Distanzen zurücklegen konnte.
Der Lastesel der Hansezeit
Klassischer Schiffstyp der Hanse war die Kogge. Der Fund eines Schiffswracks vom Ende des 14. Jahrhunderts in der Weser bei Bremen im Jahr 1962 gab Aufschluss über die Konstruktion. Danach bestand bautechnisch noch Ähnlichkeit mit dem Wikingerschiff, auch die Kogge wurde von außen nach innen gebaut, d.h. man fing an mit dem Kiel und den Bordwänden, die in Klinkerbauweise errichtet wurden, Versteifungen wie Spanten und Deckbalken wurden später eingezogen. Die Kogge besaß einen Mast, der ein Rahsegel in Trapezform trug. Gesteuert wurde mit einem seitlich angebrachten Ruder, später wurde das Heckruder üblich. Über dem Achterschiff erhob sich ein Aufbau mit den Quartieren der Schiffsführung. Ein Nachbau von 1991, die „Ubena von Bremen“, bewies, dass der Lastesel der Hansezeit durchaus passable Segeleigenschaften besaß. Eine Kogge konnte durchschnittlich 200 Tonnen Ladung tragen, das war das Sechsfache von dem, was die Segler der Wikinger befördert hatten.
Kraweelbau
Die Entwicklung ging weiter zu bauchigen, geräumigen Formen, um größere Mengen Fracht transportieren zu können, etwa Ritter mit ihren Pferden auf der Fahrt ins Heilige Land, oder die Massengüter der Hansekaufleute. Die Schiffe erhielten geschlossene Decks und Aufbauten mit Unterkunftsmöglichkeiten. Gegen Ende des Mittelalters wurde dann auch die Klinkerbauweise vom Kraweelbau ersetzt, man fügte die Planken zu glatten Flächen zusammen, nicht mehr überlappend wie beim Klinker und sparte so Holz.