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Von Berlin fuhren die beiden Freunde, in den Brieftaschen hübsche Papiere in deutscher und russischer Sprache, über Lübben und Cottbus bis Horka. Dort mußten sie umsteigen, um nach Niesky zu gelangen. Jakob pfiff sich eins. Wenzel flehte ihn an, mit dem Pfeifen aufzuhören.
»Warum? Seit wann stört dich mein Pfeifen?«
»Mensch, Jakob, bist du von allen guten Geistern verlassen? Wenn die die vier Waggons finden und die Kisten aufmachen, und wir sind noch in der Zone, dann bleiben wir ein Leben lang hier! Wegen Wirtschaftsverbrechen! Wirtschaftssabotage! Darauf gibt’s ›Lebenslänglich‹! Weißt du das nicht?«
»Natürlich weiß ich das. Vielleicht auch die Rübe ab. Bei uns sehr wahrscheinlich«, sagte Jakob und pfiff weiter. Sie standen auf dem Gang. Wenzel stöhnte so laut, daß er das Rattern des Zuges übertönte. Ein Mann, der in einiger Entfernung von ihnen stand, sah sie grübelnd an. Jakob schenkte ihm ein sonniges Lächeln. »Mein Freund fühlt sich nicht ganz wohl«, schrie er. »Geht gleich vorüber. Der hat zuviel gegessen!« Und zu Wenzel sprach Jakob, sehr leise, diese Worte: »Wenn du mit mir weiterarbeiten willst, darfst du dir nicht immer gleich in die Hosen scheißen, mein Lieber.«