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»Ich habe heute früh Ihren Bericht gelesen, Formann«, sagte Mark Clark.
»Ich bin vor Lachen fast erstickt. Die Franzosen und die Russen brüllen noch immer vor Lachen. Die Engländer haben noch immer nicht begriffen, was an der Sache so komisch ist. Dieses Fräulein ist natürlich schon wieder frei – auf meine Anweisung. Ich habe es hierherbringen lassen und ihm ein CARE-Paket geschenkt für das Versprechen, keinem Menschen etwas von diesem Erlebnis zu erzählen. Süßes Fräulein, wirklich!«
»Herr General finden ihre Adresse auf dem Desk-Blotter!«
»Formann!!«
»Verzeihung, Herr General. Es sollte nur ein freundlicher Hinweis sein.«
»Sie scheinen nicht zu wissen, Herr Formann, daß diese Art von Liebesbezeigung, selbst unter Eheleuten, in mehreren Staaten Amerikas heute noch gegen das Gesetz verstößt und mit Gefängnisstrafen geahndet wird.«
Gott schütze Amerika, dachte Jakob und sagte: »Ist dem in der Tat so, Herr General?«
»Dem ist in der Tat so. Und jetzt Schluß mit dem Quatsch! Wir kommen zum ernsten Teil. Mein sowjetischer Kollege hat zuerst auch sehr gelacht und ist dann zum ernsten Teil gekommen. Sie sind doch aus sowjetischer Gefangenschaft ausgebrochen …«
»Es hat mir alles so lange gedauert, Herr General!«
»Ruhe! Ausgebrochen und haben gleich hundertundfünfzig deutsche Gefangene mit befreit und sind mit einem gewissen Sergeanten Jelena Wanderowa verschwunden. Deshalb muß jetzt alles sehr schnell gehen.«
»Was, Sir?« fragte Jakob.
»Ich hasse es, einen guten Dolmetscher zu verlieren«, sagte Mark Clark,
»Aber Sie müssen aus Wien verschwinden, augenblicklich! Und zwar in westlicher Richtung! Die Sowjets haben noch einiges Interesse an Ihnen, Herr Formann.«
»Man kann’s verstehen«, sagte Jakob demütig. »Aber wie komme ich aus Wien raus? Nach Tulln, zum Flughafen, müßte ich doch durch die Russische Zone. Und mit einem Auto wäre es dasselbe. Also ausgeschlossen.«
»Absolut ausgeschlossen! Wien ist eine Insel in der Sowjetischen Zone. Genau wie Berlin. Das wird noch einmal sehr unangenehme Folgen haben – für Berlin. Oder für Wien. Oder für beide Städte!« (Merke: Es ist nicht wahr, daß alle Generäle Idioten sind.)
»Also wie komme ich nach dem Westen?«
»Hinten im Park auf der Wiese steht eine Kuriermaschine. Muß ich noch weitersprechen?«
»Keinesfalls«, beteuerte Jakob.
»Und Sie drei«, Mark Clark wandte sich an Jakobs MP-Freunde, »werden ebenfalls schleunigst Wien verlassen. Strafversetzt. Zum Fliegerhorst Hörsching bei Linz. Die Säcke mit all Ihren Sachen werden Ihnen nachgeschickt. Nur raus jetzt!«
»Warum strafversetzt, Sir?« fragte Misaras. »Wir haben doch überhaupt nichts getan!«
»Sie nicht, aber ich«, sagte der Generalmajor. »Wenn das rauskommt, schiebe ich es natürlich auf Sie!«
»Natürlich«, sagte Mojshe. »Wie’s der Brauch ist.«
»Seien Sie bloß ruhig, Private Faynberg! Wissen Sie, wer dieser Connelly ist?«
»Na, ein …«, begann Mojshe, aber Jesus hielt ihm schnell den Mund zu.
»Das natürlich auch«, sagte Mark Clark. »Und außerdem ist er der Sohn eines der einflußreichsten Senatoren in Washington! Mit dem hat er heute nacht noch telefoniert! Und heute früh hat dieser Senator mit mir telefoniert und mich zusammengeschissen! Also keine Widerrede! Sie müssen alle raus aus Wien – sofort!«
»Und diese junge Frau …«
»Stammt aus Deutschland. Displaced Person. Wird mit dem nächsten Transport abgeschoben. Keine Spuren! Dieser Senator kommt jetzt nach Wien!« sagte Mark Clark.