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Und dann kam das gesegnete Weihnachtsfest!

Es war nun schon sehr kalt geworden, und in Deutschland und Österreich waren die ersten fünfhundertdreiundachtzig von insgesamt sechstausendfünfhunderteinundvierzig Menschen erfroren, die in diesem Katastrophenwinter 1946/47 erfrieren sollten. Die Zahl der an Krankheiten Verblichenen ging in die -zigtausende. Ach, war es da traut und heimelig bei der guten Frau Luise Pröschl!

Jakob und der Hase hatten – mit Erlaubnis der Militärregierung – das halbe PX geplündert, und so bekamen am Heiligen Abend viele Einwohner von Theresienkron viele Geschenke. Professor Donner weinte, als er die neuen farbstrotzenden Krawatten und den Lammfellmantel sah, den der Hase für ihn aus dem PX geholt hatte.

»Wenn Ihnen was nicht gefällt, können Sie es jederzeit umtauschen. Nun hören Sie schon endlich auf zu weinen, lieber Herr Professor!«

»Ach, ich will ja, aber ich kann nicht!« schluchzte der. »Jetzt hat wirklich die Neue Zeit begonnen, in der alle Menschen Brüder sind!« (Nicht zu fassen, wie ein gescheiter Mensch sich so irren kann!)

Und die amerikanischen Freunde vom Fliegerhorst Hörsching kamen mit einem Zweitonner. Auf dem waren Konserven, K-Rations, Whiskey und ein herrlicher Riesenweihnachtsbaum aus wetterfestem Pappmaché, der wurde auf dem Dorfplatz aufgestellt und mit vielen elektrischen Kerzen bestückt. Dafür erhielten die Freunde von den braven Theresienkronern bislang versteckt gehaltene Ehrendolche der SS und Hitler-Bilder. Auf solch Gelump waren alle Amis in Europa ganz wild. Es gab auch Deutsche Kreuze in Gold, von den Landsern lieblos ›Spiegeleier‹ genannt, und Gefrierfleischorden. Und vierzigtausend Küken bekamen Extraportionen Mais und piepsten begeistert im Chor.

Und der Provost Marshal schickte mehrere Fünftonner voll Kohle, auf daß niemand frieren mußte – wenn man schon in ganz Europa fror, dann keinesfalls in Theresienkron! (Der Provost Marshal bekam des Führers Werk ›Mein Kampf‹ in Goldschnitt und Leder! Das war einstmals das Hochzeitsgeschenk für den Bürgermeister von Theresienkron gewesen. Der große, starke Mann hatte Tränen in den Augen gehabt, als er den Prachtband verschenkte, aber er sagte: »Ich weiß schließlich, was sich gehört!«)

Und Jakob bescherte den Hasen mit einem – wirklich und wahrhaftig! – garantiert echten schwarz und weiß gefleckten Kaninchenmantel (aus dem PX natürlich) und mit Stiefeln und einem bunten Kopftuch! Und der Hase bescherte dem Bären einen garantiert echten Diplomatenkoffer samt Geheimschloß und einen Wintermantel!

Und Mojshe Faynberg und Jesus Washington Meyer durften (als zwei Weihnachtsmänner mit roten Mänteln und Kapuzen und Säcken auf dem Rücken) alle Kinder von Theresienkron bescheren, und wir sind ganz sicher, daß beide, der Jude und der Neger, niemals und von niemandem mehr geliebt wurden als in dieser Heiligen Nacht! Mojshe, der die schönste Stimme hatte, sang unermüdlich für jede neue Besucherschar auf dem Dorfplatz, vor dem Pappmaché-Weihnachtsbaum mit den elektrischen Kerzen immer wieder: »Stille Nacht, Heilige Nacht …«

Und siehe, das Fest nahm kein Ende und dauerte Tage und Nächte, und dann kam Silvester, und da fing alles noch einmal von vorne an!

Hurra, wir leben noch
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