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»Herifi son anda bulduk!«
»Lânet olsun! Arkasi donmaÿa başlamiş bile.«
»Herifin kimin nesi oldogunu da bilmiyoruz.«
Einen Moment mal, ja?
Ein ganz kleines Momentchen, bitteschön!
Wer spricht denn hier Türkisch?
Ich kann selber nicht Türkisch, aber ich war oft genug in der Türkei wegen diesem Plastikwerk, das ich denen da hingebaut habe, um zu wissen, wie Türkisch klingt. Für diese Sprache habe ich überhaupt einen gut entwickelten Sinn!
Aber wieso Türkisch?
»Inşallah yolda geberip gitmez!«
Keine Ahnung, was es bedeutet, aber Türkisch ist es, da will ich verrecken, wenn nicht.
Verrecken?
Vielleicht bin ich schon verreckt! Sehr wahrscheinlich. Auf der Brücke über die Mangfall. Erfroren. Im Himmel.
Sprechen sie im Himmel Türkisch?
Ach, Mensch, ich und in den Himmel kommen!
Sprechen sie also in der Hölle Türkisch?
Und wieso ruckelt und wackelt alles so unter mir? Ruckelt’s und wackelt’s so in einer türkischen Hölle? Das muß ich mir mal besehen, wie so eine Hölle, eine türkische, ausschaut!
Jakob öffnete die Augen.
Er fand, daß er auf dem Rücksitz eines sehr alten, sehr dreckigen Autos lag, das vollgestopft war mit Gepäckstücken – mit Koffern, Persilkartons, Taschen. Jakob hob etwas den Kopf. Er befand sich, so stellte er fest, in einem ziemlich kaputten Auto. Die Stoßdämpfer waren jedenfalls im … na ja. Nicht immer so ordinär sein wie dieser Schreiber! dachte Jakob.
Über ihm krachte etwas. Da sind auch noch Koffer auf dem Dach, überlegte er. Und sah nach vorne. Vorne saßen zwei Herren in desolater Winterkleidung. Der eine hatte einen Schal um den Kopf gewickelt, der andere rauchte eine Zigarette. Gott, was für ein Gestank! Ach was, erstunken ist noch keiner, erfroren schon so mancher. Jakobs benebeltes Hirn begann besser und besser zu arbeiten.
Die zwei Herren da vorne reden miteinander. Türkisch! Werden also wohl Türken sein. Türken in Bayern? Ach so, Gastarbeiter! Die kommen offenbar gerade aus der Heimat zurück, wenn man sich die Koffer und Kartons anschaut, in denen wohl ihre Kleidung verpackt ist. Die Weihnachtszeit haben sie daheim verbracht und alles Geld, das sie in der Bundesrepublik erschuftet haben, ihren Familien gegeben, die guten Kerle, und dann vermutlich noch Urlaub drangehängt, und jetzt fahren sie zurück, wieder schuften.
Also bin ich gar nicht tot!
Jakob wurde es heiß.
Also lebe ich noch, hurra!
Sein Herz klopfte wild.
»He …«, krächzte er.
Der Türke, der rechts saß, drehte sich um und sah ihn an. Noch nie hat mich ein Mensch so liebevoll betrachtet, dachte Jakob, dem die Tränen kamen.
»Okay?« fragte der Türke.
»Okay, ja. Ganz okay! Sie haben mich aufgelesen da auf der Brücke, meine Herren?«
»Nix verstehn.«
»Brücke. Ich. Ihr Auto.« Jakob sprach automatisch wie ein Mann, der nur ein paar Worte Deutsch kann. Er war der Überzeugung, daß ihn die Türken so viel besser verstehen könnten.
»Ja, ja. Du gut. Wir …« Es folgte eine Flut türkischer Erklärungen.
Jakob verstand kein Wort. »Aha«, sagte er. Und noch einmal: »Aha.« Er klopfte den beiden Türken auf die Schultern. »Danke! Danke! Danke!«
»Was?«
»Danke! Thank you! Merci! Spassibo! Grazie …« Was heißt ›danke‹ auf türkisch? Der Mensch kann nicht alles wissen.
Der Wagen schleuderte und schlidderte auf der vereisten Autobahn, daß es eine Lust war. Der Türke am Steuer hielt eisern den Fuß auf dem Gashebel. Jakob sah auf das Armaturenbrett. Fünfundneunzig Stundenkilometer. Gelobt sei Jesus Christus! Und was ist das da? Eine Uhr ist das da. Und was zeigt die Uhr? Die Uhr zeigt die Zeit: 8 Uhr 58. Fast neun. Es ist schon hell draußen! Und es schneit wie verrückt. Fast neun. Nie im Leben komme ich mehr zu meiner Aufsichtsratssitzung zurecht! Die habe ich selber angesetzt. In meiner Münchner Fertighausfabrik, der ganz großen, da draußen in Solln. Wichtige Dinge sind mit den Direktoren meiner ausländischen und überseeischen Niederlassungen zu besprechen. Den Jaschke brauche ich nicht dazu. Darum habe ich ihn ja auch im IMPERIAL schlafen lassen. Eigentlich sollte er natürlich doch dabeisein. Aber ich hab’s nicht über mich gebracht, ihn zu wecken. Ich kann ihn sehr gut vertreten.
Sehr gut vertreten …
Wie?
So?
In diesem verdreckten Frack?
Was heißt verdreckten Frack?
So verdreckt, wie der ganze Jakob Formann, seiner Zeit immer um zwei Schritte verdreckt voraus, ist? Ich kann sehen, wie verdreckt ich bin, da vorne, im Rückspiegel, sehe ich mich. Großer Gott im Himmel, so was Dreckiges hat die Welt noch nicht gesehen! Ich muß aber zu der Vorstandssitzung. Natürlich nicht in diesem Zustand. Also muß ich mich schnell waschen im Werk. Aber der Scheißfrack! In dem kann ich doch unmöglich, also das ist doch absolut ausgeschlossen, daß ich in dem vor meine Direktoren trete und …
Was?
Was ist das?
Was sagt der Rechte da zu mir mit gewinnendem Lächeln?
»Wir Gastarbeiter«, sagte er mit gewinnendem Lächeln und zeigt auf sich und seinen Freund.
»Aha«, sage ich. Habe ich es mir doch gleich gedacht.
»Du schön Kleid …«
»Bitte?«
»Schön Kleid, du … wir arm … keine schön Kleid …« Und wieder ein türkischer Wortschwall.
Kein schön Kleid?
Den beiden gefällt mein Scheißfrack. Ist ja auch von einem erstklassigen Schneider! Und wenn man ihn reinigt … und ein bißchen zusammennäht …
»Wir tau … tau … tau … ja?«
Tauschen will der! Mensch, das ist die Rettung! Die haben doch ihre Klamotten in den Koffern! Die geben mir was, und ich gebe ihnen den Scheißfrack! Die Rettung! Die Rettung ist da! Was so ein Jakob Formann ist, der geht eben nicht unter.
»Du wollen …?«
»Klar will ich! Mit Vergnügen! Da vorne ist ein Parkplatz!« Jakob zeigte wie irre nach rechts. »Fahrt da rein! Das können wir gleich machen! Ihr müßt mich dann aber auch noch nach Solln hinausfahren, ich habe es wahnsinnig eilig, ich komme ohnehin schon viel zu spät!« sprudelte Jakob.
»Solln!«
Die Türken verstanden keines seiner Worte und verstanden dennoch, was er wollte. Der am Steuer fuhr schon in den hohen Schnee eines Parkplatzes im Hofoldinger Forst. Der Wagen hielt. Noch bevor der Türke rechts ausgestiegen war und einen Persilkarton geöffnet hatte, war Jakob schon aus Frackjackett, Frackweste und Frackhose geschlüpft …