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»Was wollen Sie?« fragte unser Freund am 29. November 1971 gereizt.
»Einen Privatjet«, antwortete sein Plastic-Experte Dr. Addams Jones. Die Herren saßen einander im Living-room von Dr. Jones’ schöner Villa an der Elbchaussee zu Hamburg gegenüber.
Jakob lief rot an.
»Alle meine anderen Herren fliegen mit der LUFTHANSA! Sie als einziger nicht! Sie haben mir schon ein Privatflugzeug abgepreßt!«
»Ja, eben«, sagte Dr. Addams Jones.
»Eben was?«
»Eine Propellermaschine haben Sie mir zur Verfügung gestellt, Herr Formann. Abgepreßt? Ich muß doch sehr bitten! Zum Zeichen der Anerkennung für meine unermüdliche Arbeit haben Sie mir das Propellerprivatflugzeug gegeben!«
»Na also!«
»Propellerprivatflugzeug habe ich gesagt, Herr Formann. Inzwischen gibt es aber Düsenprivatmaschinen. Also kann ich selbstverständlich von Ihnen erwarten, daß Sie mir als Anerkennung meiner unermüdlichen Arbeit jetzt eine Düsenprivatmaschine geben. Das ist doch nur logisch, nicht wahr?«
»Das ist Ihre, Logik, Jones!« sagte Jakob leise.
»Wie darf ich das verstehen, Formann?«
»Ich werde Ihnen ein Beispiel für Ihre Art von Logik geben, Jones«, sprach Jakob, noch leiser. »Ihre Art von Logik funktioniert so: Kuh ist ein einsilbiges Wort. Die Kuh gibt Milch. Auch ein einsilbiges Wort. Aus Milch macht man Käse. Also ist Käse ein einsilbiges Wort!« Jakob erstickte fast an seinen Worten. »Das ist Ihre Ich-kann-den-Hals-nicht-voll-genug-kriegen-Logik, Jones!«
»Immer noch Mister Jones für Sie, Formann!«
»Mann«, sagte Jakob, jetzt fast flüsternd, was ein Zeichen dafür war, daß er sich in einem nahezu unkontrollierbar erregten Zustand befand, »sind Sie denn vollkommen wahnsinnig geworden? Drei Autos haben Sie von mir gekriegt! Einen zweiten Diener! Einen Tennisplatz drinnen, falls es regnet und Sie auf dem draußen nicht spielen können! Einen Swimmingpool drinnen, falls es regnet und Sie draußen nicht schwimmen können, zwei Gärtner, zwei Chauffeure, eine Empfangsdame, prozentuelle Beteiligungen am Umsatz meiner Plastikwerke nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in der ganzen Welt, ein Gästehaus im Watzmanngebiet mit eigenem Lift, ein zweites Gästehaus auf Sylt, vier Monate Urlaub im Jahr, bezahlten natürlich, das höchste Gehalt, das ein Manager Ihrer Art in der Welt kriegt, den höchsten Spesensatz, Jahresappartements in fünf Hotels! Was wollen Sie denn noch?«
»Einen Düsenprivatjet«, sagte Dr. Addams Jones milde. »Das wäre ein nettes kleines Weihnachtsgeschenk, zum Beispiel, Formann, wenn es Ihnen so leichter fällt.«
»Weihnachten steht doch schon vor der …«
»Ich habe mir auch schon etwas ausgesucht und reservieren lassen«, gab der Experte bekannt.
Am 22. Dezember 1971 hielt Jakob dann anläßlich eines Festschmauses in der Kantine des Hamburger Plastikwerkes eine Rede. Festlich geschmückt war der Raum. Auf einem Podium stand Jakob vor dem Mikrofon, rechts von ihm saß der Wenzel Prill, links von ihm der Karl Jaschke. Jakob sprach nur kurz und zu Herzen gehend. Er schloß mit den Worten: »… der Wind, meine lieben Freunde, ist rauher geworden, und er wird noch rauher wehen. Die Zeiten werden auch schwerer werden, das wissen wir alle. Gerade darum müssen wir, die ich wie eine große Familie sehe, nun zusammenhalten und zusammenstehen! Keine Feindschaft darf es geben, nicht die geringste. Wir müssen alles verstehen und alles verzeihen …« Hier beugte sich Jakob kurz zu Wenzel und sagte dem ins Ohr: »Diesen Scheißkerl, den Jones, den schmeißt du zum nächstmöglichen Zeitpunkt raus, verstanden?«, und als Wenzel nickte, fuhr Jakob, wieder in das Mikrofon hinein, mit verklärtem Gesichtsausdruck und im Schein der Kerzen eines riesigen Weihnachtsbaumes fort: »….und so lassen Sie mich denn alles, was noch zu sagen bleibt, in dem alten Spruch zusammenfassen: ›Gott gebe uns die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können, den Mut, die Dinge zu verändern, die zu verändern sind, und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.‹«