VIII.

Fridolin hatte Lores wertvollere Schmuckstücke in die Bank gebracht und im Tresor deponiert. Noch wusste er nicht, ob er sie tatsächlich beleihen würde, doch wenn es hart auf hart kam, war dieser Schmuck eine Reserve, auf die er jederzeit zugreifen konnte. Den Rest der Woche widmete er sich ganz der Arbeit, denn es musste noch viel erledigt werden, ehe er in die Ferien aufbrechen konnte.

Als er am Sonnabend vor seiner Abreise seine Aktenmappe zuklappte, tat er es mit einem guten Gefühl. Kaum hatte er sein Büro aufgeräumt, traten seine beiden Geschäftspartner ein.

»Es ist bedauerlich, dass Sie heute Abend nicht bei uns zu Gast sein können. Meine Frau und meine Tochter hätten sich sehr gefreut«, begann Grünfelder und streckte Fridolin die Hand entgegen. »Ab morgen sind Sie nicht nur Bankier, sondern auch Rittergutsbesitzer, wie es einem Herrn Ihres Standes gut ansteht.«

Um Fridolins Lippen spielte ein Lächeln, und er fragte sich, was Grünfelder sagen würde, wenn er erfuhr, dass nicht das Gut, sondern die halbfertige Fabrik für ihn den Ausschlag gegeben hatte, Klingenfeld zu übernehmen. Zwar würde er mit Thomas Simmern und Graf Nehlen als Partner zusammenarbeiten müssen, aber innerhalb des Trios würde er jene Stelle einnehmen, die Grünfelder in der Bank für sich beanspruchte.

»Es ist auf jeden Fall ein seltsames Gefühl, daran zu denken, meine Herren«, antwortete er nach einer kurzen Pause. »Im Grunde wäre ich zufrieden gewesen, nur Bankier zu bleiben. Aber um der Bilanz unseres Hauses willen bin ich bereit, mich zu opfern.«

»Als wenn das so ein großes Opfer wäre!«, spöttelte Dohnke augenzwinkernd. »Sie werden sehen, in zwei, drei Jahren steht Gut Klingenfeld wieder bombenfest da. Außerdem erhöht es das Renommee unseres Hauses, wenn wir unseren Kunden sagen können, unser Teilhaber wäre Graf Trettin auf Klingenfeld.«

In zwei, drei Jahren, dachte Fridolin, würde die Fabrik längst produzieren und er in der Lage sein, die Kredite, die er hatte aufnehmen müssen, wieder zurückzuzahlen. Er reichte jedem der Herren die Hand und wies auf eine Mappe, die auf dem Schreibtisch lag. »Hier sind die Papiere, die während meiner Abwesenheit zu bearbeiten sind. Ich hätte sie Ihnen noch gebracht, Dohnke.«

»Der Gute kann die Mappe gleich mitnehmen. Aber wissen Sie was? Wir gehen jetzt in mein Büro und trinken zum Abschied noch einen Cognac. Sie haben hier ja gewiss keinen vorrätig, wie ich Sie kenne.« Grünfelder fasste Fridolins Arm und zog diesen mit sich, während sein Schwiegersohn sich die Mappe unter den Arm klemmte und ihnen folgte.

Ebenso wie Grünfelder war auch Dohnke mit der Entwicklung sehr zufrieden. Sie hatten Fridolin auf Dauer an das Bankhaus Grünfelder gebunden, ihn aber durch die Kredite für das Gut endgültig zum Juniorpartner degradiert. Damit stieg seine Aussicht, seinem Schwiegervater als leitender Direktor nachzufolgen.

Fridolin las Dohnke diese Gedanken von der Stirn ab, nahm ihm diese Einstellung aber nicht übel. Immerhin hatte Dohnke die Erbtochter des alten Bankiers geheiratet und würde auch Grünfelders Anteile übernehmen. Bis dorthin aber wollte Fridolin auf eigenen Beinen stehen.

Er nahm das Glas, das Grünfelder ihm reichte, und stieß mit den beiden Herren an. »Auf unseren weiteren Aufstieg!«

»Darauf trinke ich gerne«, antwortete Dohnke gut gelaunt.

»Ich trinke darauf, dass dieser Schurke Anno von Klingenfeld erwischt und das ergaunerte Geld samt dem echten Schmuck bei ihm gefunden wird!« Grünfelder blickte Fridolin mit einem befreienden Seufzer an. »Ohne Sie und Ihre Bereitschaft, Gut Klingenfeld zu übernehmen, wäre mein Verlust noch weitaus höher. Lassen Sie mich Ihnen von Herzen danken!«

Die Rührung des alten Herrn war echt, das spürte Fridolin, und das nicht nur wegen des Geldes, das er ihm gerettet hatte. Der Bankier mochte ihn vielleicht sogar einen Hauch lieber als den eigenen Schwiegersohn, den er mehr als ein Mal als Schlitzohr bezeichnet hatte, auf das es ein Auge zu haben gelte. Doch alles in allem war Dohnke in Ordnung. Auch wenn jeder von ihnen seinen eigenen Vorteil zu nutzen wusste, waren sie doch bereit, einander zu unterstützen, wenn es nötig war, und vertrauten sich.

Juliregen
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