30
Die verborgene Wahrheit
Esther lehnte sich in dem bequemen Sessel zurück. Zu ihrem Erstaunen gelang es ihr sogar, Haydens Lächeln zu erwidern. Es war das Lächeln, das sie fortan jeden Tag sehen würde: morgens, wenn sie erwachte, am Esstisch oder beim Jäten ihrer künftigen Blumenbeete, von denen sie möglichst viele anzulegen gedachte. Kein Stück ihres Gartens sollte vernünftigen Dingen wie Gemüse geopfert werden, nahm sie sich fest vor. Kletterrosen, Türkischer Mohn und bunte Waldreben. Sie malte sich ein ganzes Füllhorn von Blumen aus, einfach, weil es so viel leichter war, über Blumen nachzudenken, als über das, was sie soeben getan hatte.
Hayden legte seine Fingerspitzen gegeneinander und sperrte sein Lächeln dahinter ein, fast so, als traue er seinem Glück nicht wirklich über den Weg.
Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Mann, der bekommen hatte, was er wollte. Ein Mann, der mit sich zufrieden sein konnte. Sein ganzes Büro strahlte diese Selbstsicherheit aus - vom maskulin-strengen Mobiliar, den modernen Gemälden bis hin zu der hervorragenden Aussicht auf die City, über die sich gerade der Abend senkte. Hayden hatte alles bekommen, was er wollte … einschließlich Esther, die an diesem schönen Januartag, der bereits nach Frühling roch, zu ihm zurückgekehrt war.
Sie kannte Hayden jedoch gut genug, um den resignierten Zug um seine Augen zu bemerken. Auch entsprang seine Zurückhaltung in Anbetracht seines Sieges nicht etwa Grandezza, sondern er war sich durchaus darüber im Klaren, dass nur widrige Umstände die Frau, die er liebte, zu ihm zurückgebracht hatten.
Genau dieses sensible Verhalten ermöglichte es Esther überhaupt, sein Lächeln zu erwidern. Da saßen sie voreinander wie zwei müde Krieger, die schon zu viel im Leben gesehen hatten und sich nur noch aufeinander stützen wollten. Ich sollte mich wirklich glücklich schätzen, dass es so gekommen ist, sagte sie sich deshalb auch unentwegt selbst. In Haydens Armen mag ich zwar nicht überschäumen vor Liebe und Lust, aber ich werde mich geborgen fühlen … irgendwann wieder.
»Ich möchte noch einmal sagen, wie froh ich bin, dass wir diese Angelegenheit aus derWelt schaffen konnten, mein Freund.« Anders stand rauchend vor dem Bücherregal und spielte mit dem Benzinfeuerzeug in seiner Hosentasche. »Auch wenn es nicht untypisch ist, dass wir unsere Dienerschaft anderen unserer Art zur Verfügung stellen, wenn wir es für notwendig erachten, so hätte ich in diesem Fall mehr Vorsicht walten lassen sollen. Adam ist bekannt dafür, ausgesprochen eigensinnige Wege zu beschreiten. Dass er allerdings so weit gehen würde, Esther einfach in Beschlag zu nehmen, anstatt sie nach Erledigung ihrer Aufgabe wieder an mich zurückzugeben, ist nicht zu erwarten gewesen. Sehr unglücklich, aber jetzt ist ja alles wieder gut.«
Diese dicke Lüge verbrauchte sämtlichen Sauerstoff in dem großzügigen Büro, so dass Esther sich an die Kehle griff. Haydens erstarrter Ausdruck bewies, dass es ihm ähnlich erging. Anders mochte es noch so hartnäckig darstellen, als sei sie Adam lediglich in ihrer Funktion als Dienerin gefolgt. Doch Hayden, das war ihr klar, wusste es besser. Ihm war keineswegs entgangen, mit welcher Intensität Adam auf sie reagiert hatte, als er vor ihrem Apartment auf sie gewartet hatte.Wie ein Mann eben auf eine Frau reagiert, die er begehrt. Nicht einmal jemand wie Adam, dem es ansonsten hervorragend gelang, sein Gesicht in eine Maske zu verwandeln, hatte so starke Gefühle verbergen können.
Das Gleiche galt allerdings auch für sie selbst, wie Esther sich eingestehen musste. Auch ihr hatte Hayden gewiss angemerkt, wie es um ihre Gefühle für Adam bestellt war. Schließlich brauchte sie nur an Adam zu denken, dann baute sich ein innerer Sturm auf, den sie niemals würde bezähmen können.
Aber du kannst deine Empfindungen verstecken, so wie Hayden seine Enttäuschung und Eifersucht wegsperrt, ermahnte Esther sich. Das bist du ihm schuldig. Sie kannte Hayden gut genug, um sicher zu sein, dass er ihr gegenüber niemals auch nur ein Wort darüber verlieren würde. Und er würde ihr auch auf keine andere Weise wegen ihrer Affäre zusetzen. Sei froh, dass du ihn hast, forderte sie sich ein ums andere Mal auf. Er ist ein großartiger Mann, mehr, als du jemals hättest erwarten dürfen. Mehr, als du verdient hast.
»Ich bin genauso erleichtert wie du darüber, dass sich letztendlich alles zum Guten gewendet hat«, bestätigte Hayden Anders’ Worte. »Allerdings will ich noch einmal über deine Erwartung reden, dass Esther ihre Aufgaben bei dir abwickelt, bevor wir beide auf eine längere Hochzeitsreise gehen. Das kann ich nicht gutheißen, nicht nach dem, was passiert ist. Esther und ich sollten die Stadt für eine Zeit lang verlassen, und zwar möglichst schnell.«
Hayden war aufgestanden und hinter Anders getreten, dessen Aufmerksamkeit weiterhin scheinbar ganz den Regelwerken der Juristerei gewidmet war.
»Ach, Hayden, jetzt übertreibst du aber. Die Angelegenheit ist unangenehm, einverstanden. Aber deshalb kann ich doch nicht einfach von heute auf morgen auf Esthers Dienste verzichten. Schließlich war sie jahrelang nicht nur meine rechte Hand, sondern in vielen Dingen quasi mein Gehirn. Ein paar Tage Zeit solltest du mir da schon zugestehen.« Anders wirkte so locker wie immer, wenn auch ein wenig angesäuert, weil er dieses Thema ein weiteres Mal durchsprechen musste. Für gewöhnlich hätte er es Esther überlassen, die Nacharbeit bei einer Verhandlung zu übernehmen, aber heute musste er sich selbst damit herumquälen.
»Warum überhaupt diese Eile? Du hast Esther doch unversehrt zurückbekommen.«
»Ja, das habe ich. Und ich möchte verhindern, dass sich daran etwas ändert. Du magst zwar daran zweifeln, dass dieser Adam in die Stadt zurückkehren wird. Auf mich hat er, ehrlich gesagt, jedoch den Eindruck eines Mannes gemacht, der unter keinen Umständen etwas aufgibt, das er haben will. Und dass er Esther will, war bei unserem Treffen vor ihrem Apartment nicht zu übersehen.«
»Aber ich will ihn nicht«, fuhr Esther dazwischen.
Die beiden Männer sahen sie erstaunt an, nachdem sie sich während der gesamten Unterhaltung zurückgehalten hatte. Dann blickten sie zeitgleich auf etwas in ihrem Rücken.
»Ist das so?«, fragte eine schmerzlich vertraute Stimme.
Esther wagte es nicht, über ihre Schulter zu blicken. »Ja«, sagte sie tonlos, während der Stoff ihres Rockes unter dem Zerren ihrer Hände nachzugeben drohte.
Unterdessen hatte sich Anders von dem Schrecken erholt. »Sieh an, Adam. Diese Anschleichnummer hättest du lieber in dem Dschungel lassen sollen, aus dem Rischka dich rausgelockt hat. In der Zivilisation unterlässt man nämlich nicht nur das Lauschen an fremden Türen, sondern klopft auch an, bevor man ein Zimmer betritt.«
»Die Zivilisation gehört den Menschen, also solltest du dich besser nicht hinter ihren Regeln verstecken.« Dabei klang Adam so kühl, als hätte zwischen Anders und ihm nie eine Verbindung existiert.
Allein an der Verdichtung der Atmosphäre in ihrem Rücken spürte Esther, dass Adam näher an sie herangetreten war. Dazu brauchte sie nicht in Anders aufeinandergepressten Lippen oder Haydens zu Fäusten geballten Händen zu lesen.
»Ich glaube dir dieses Ja nicht«, sagte er leise, kaum noch hörbar.
Esther spürte eine flüchtige Berührung ihres Haares, die sie beinahe ihre Beherrschung kostete.Alles, wonach sie sich sehnte, war zum Greifen nah. Aber eine Fessel, die ihr mit den von Adalbert überbrachten Sätzen angelegt worden war und die Anders, bevor sie beide gemeinsam Haydens Büro betreten hatten, mit einigen Andeutungen noch fester angezogen hatte, ließ sie innehalten.
»Das genügt jetzt!«
Außer sich vor Rage wollte Hayden vorstürzen. Im letzten Moment packte Anders ihn, und selbst als Hayden sich gewaltsam befreien wollte, gab er nicht nach.
Obwohl jeder Millimeter ihrer Drehung sie schmerzte, wandte Esther sich Adam zu. Er stand ein Stück hinter ihrem Stuhl, reglos, mit herabhängenden Armen. Als habe er bereits aufgegeben. Mehr noch setzte ihr jedoch der Ausdruck auf seinem Gesicht zu, denn zu ihrem Leidwesen gab er sich keineswegs die Mühe, seine Verletztheit zu verbergen. Er weigert sich tatsächlich, bei dem lächerlichen Schauspiel, das wir hier veranstalten, mitzumachen. Unser Kartenhaus wird über uns zusammenbrechen, und Anders wird mich dafür bestrafen, stellte sie mit einem Anflug von Panik fest. Sie musste Adam zum Gehen bewegen, koste es, was es wolle.
»Ich weiß nicht, warum du hierhergekommen bist. Falls es dir dabei um mich gehen sollte, muss ich dich bitten, gleich wieder zu gehen. Vielleicht war die Nachricht, die ich dir hinterlassen habe, nicht deutlich genug, aber spätestens jetzt solltest du doch eigentlich begriffen haben, dass es mit uns beiden vorbei ist.«
»Meinst du die Nachricht, in der stand, dass unser Zusammensein es dir wert gewesen ist? Das habe ich durchaus begriffen. Was ich nicht akzeptieren kann, ist der zweite Part, der sagt, dass es vorbei ist. Denn wenn ich mir dieses Schmierentheater hier so ansehe, möchte ich behaupten, dass es gerade erst richtig losgeht.«
Ohne sichtliche Anstrengung hielt Anders den aufgebrachten Hayden im Zaum, während er Adam gereizt anstierte. »Das ist doch alles vollkommen überflüssig. Du hättest dir diesen Auftritt wirklich sparen sollen, Adam. In deinem eigenen Interesse. Fällt es deinem Ego wirklich so schwer, ein deutliches Nein zu akzeptieren?«
»Das fragst ausgerechnet du?« Adam stieß ein trockenes Lachen aus. »Wenn ich mich recht erinnere, ist es dir das letzte Mal ausgesprochen schwergefallen, meine Absage hinzunehmen. Ich kann dir allerdings versichern, dass du bald mehr mit mir zu tun bekommst, als dir vermutlich lieb ist. Adalbert nach Esther auszuschicken, war keine gute Idee.«
»Willst du mir etwa drohen?«
»Kommt darauf an, warum und mit welchem Mittel du Esther erpresst. Denn dass es sich hierbei um Erpressung handelt, steht ja wohl außer Zweifel. Vielleicht kannst du den liebeskranken Hayden davon überzeugen, dass du Adalbert nur aus reiner Nächstenliebe losgeschickt hast, damit seine Verlobte in seine Arme zurückkehrt. Aber ich weiß nur zu gut, dass deine Sorte ausschließlich aus Eigennutz heraus handelt.«
»Unsere Sorte«, korrigierte Anders ihn.
»Da bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher.Wenn ich so wäre wie alle anderen, könnte ich dann wirklich einfach hier stehen, anstatt mich deiner süchtig machenden Gabe zu unterwerfen? Das ist es doch, was dich wirklich herausfordert. Du wolltest, dass ich zurückkehre. Es ging dir ausschließlich darum, mich erneut in deine Reichweite zu bringen. Esther war nur ein Köder, richtig?«
Anstelle einer Antwort verzog Anders das Gesicht zu einer Grimasse. Plötzlich löste er den Griff um Haydens Oberarme, doch der Mann nutzte die Gelegenheit nicht, um sich - wie erwartet - auf Adam zu stürzen, sondern legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Stimmt das, was Adam da behauptet?«, fragte Hayden in einer Mischung aus Unglauben und langsam einsetzender Erkenntnis.
Doch Anders beachtete ihn nicht länger. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf Adam gerichtet, als würde er das Kräftemessen auf einer mentalen Ebene fortführen. Als wolle er ihn rein mit seinem Willen dazu zwingen, auf ihn zuzugehen. Adams Schultern begannen zu beben, als wäre er ein Stück Metall, das von einem Magneten angezogen wurde. Die Anstrengung, nicht nachzugeben, war ihm deutlich anzusehen. Trotzdem rührte er sich kein Stück von der Stelle.
Schließlich sagte Anders mit einem Achselzucken: »Gut, du vermagst dich also meinem Einfluss zu entziehen, damit kann ich leben.Trotzdem musst du L.A. verlassen, schließlich garantiert meine Gabe ein friedliches Zusammenleben. Es wäre falsch, dich wie ein Raubtier in meinem Revier umherschleichen zu lassen. Falls du also nicht freiwillig gehen solltest … dass unsere Gemeinschaft groß genug ist, dich zum Gehen zu bewegen, muss ich ja wohl nicht extra betonen.«
»Ich befürchte, eure Gemeinschaft hat mit einem viel größeren Raubtier als mit mir zu kämpfen. Darum solltest du dir besser Sorgen machen, ansonsten ist bald nicht mehr viel von deiner Gemeinschaft übrig.«
Eine Pause trat ein, während der Anders sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. Wie es aussah, ahnte er zumindest, worauf Adam anspielte. Auch Esther verspürte ein Schaudern bei der Erinnerung an Nias Leiche. Ein Raubtier, das Dämonen jagt …
Adam beobachtete Anders’ Reaktion mit der distanzierten Haltung eines Außenstehenden, als würde ihn diese Nachricht nicht betreffen, da er ohnehin nur auf der Durchreise war.
»Wie auch immer«, fuhr er fort, »unsere Abrechnung wird warten müssen, bis ich mit Esther gesprochen und sie vor allem in Sicherheit gebracht habe.«
Als würde er ihr ein einmaliges Angebot unterbreiten, hielt Adam Esther die Hand hin.
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich kann nicht.«
»Wegen Hayden oder wegen Anders? Wenn es tatsächlich allein wegen Hayden sein sollte, gehe ich, das verspreche ich dir.«
Esther versagte sich eine Entgegnung, aus Furcht, einen Verrat zu begehen, ganz gleich, was sie sagte. An ihren Gefühlen für Adam, ihrer Verbindung zu Hayden oder, was am schlimmsten wäre, an Anders. Ehe sie sich’s jedoch versah, huschte ihr Blick zu Anders. Nur für einen Sekundenbruchteil, doch für Adams scharfe Augen reichte es aus.
»Verstehe, es liegt also an Anders«, sagte Adam nur für ihre Ohren bestimmt, um daraufhin mit laut dröhnender Stimme mitzuteilen: »Wenn du nicht freiwillig mitkommen willst, dann eben mit Gewalt.Wir beide werden gehen, und zwar jetzt.«
»Du wirst nirgendwohin gehen!«, brüllte Anders. »Du gehörst mir,Adam, ob du willst oder nicht.« Er preschte mit einer erschütternden Willenskraft voran, um sogleich mitten in der Bewegung zusammenzubrechen.
Voller Unglauben starrte Esther auf einen gläsernen Griff, der aus seiner Augenhöhle herausragte. Der Länge nach lag Anders ausgestreckt auf dem Holzboden, vollkommen reglos. Dann begannen Anders’ Finger bereits wieder zu zucken, durchströmt von einer dunklen Kraft. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sich seine Hände um den Griff legen und die tief in Auge und Hirn eingedrungene Klinge befreien würden.
»Nein, er darf nicht wieder aufstehen … niemals mehr«, wollte Esther hervorbringen, doch ihre Stimme versagte. Anders würde sie dafür zahlen lassen, wenn Adam ihm entkam … O Gott, viel schlimmer noch: Er würde jemand anders dafür zahlen lassen, und sie würde nichts dagegen tun können.
»Schade um Rischkas Klinge«, erklärte Adam ungerührt, wobei er die erstarrte Esther am Arm nahm. »Aber jemand wie Anders lässt man im Kampf besser nicht zu dicht an sich herankommen.«
»Lassen Sie Esther los«, forderte Hayden ihn mit Nachdruck auf. Jeden einzelnen Schritt bewusst langsam setzend, um Adam auf keinen Fall zu einem Angriff herauszufordern, kam er auf ihn zu. »Wenn Ihnen wirklich etwas an Esther liegen sollte, lassen Sie sie mit mir fortgehen. Ich verspreche Ihnen, dass ich alles Erdenkliche tun werde, damit sie glücklich wird.«
Tatsächlich zögerte Adam. »Das glaube ich Ihnen, aber ich kann nicht … noch nicht.«
Nun doch von Wut übermannt, stürzte Hayden sich auf Adam, der den Aufprall des schweren Mannes ohne zu wanken hinnahm. Als Hayden zum Schlag ausholte, glitt Adam zur Seite, trat ihm ein Bein weg und rammte ihm, während er zusammensackte, den Ellbogen in den Nacken. Mit einem dumpfen Stöhnen ging Hayden zu Boden.
Endlich gelang es Esther, ihre Starre abzuschütteln, und sie fiel schreckensbleich neben dem Bewusstlosen auf die Knie. Doch kaum hatte sie einen Blick auf Hayden geworfen, zog Adam sie bereits in seine Arme.
»Wag es ja nicht, mich anzufassen, du Monster!«, schrie sie außer sich. »Wie konntest du Hayden nur etwas antun?«
»Beruhige dich. Außer einem geschwollenen Knie und Kopfschmerzen wird er keinen Schaden davontragen. Wäre es dir vielleicht lieber gewesen, er hätte uns brüllend und tobend bis zum Wagen verfolgt, um dann in einer Abgaswolke zurückzubleiben? Das wäre wohl kaum mit seinem Stolz vereinbar gewesen.«
»Willst du etwa behaupten, ihm mit diesem Schlag einen Gefallen getan zu haben?«
»Ja«, erwiderte Adam trocken, während er Esther zur Tür hinausschob.
Auf dem Flur hatte sich eine bunte Mischung aus Sekretärinnen und anzugtragenden Herren, bei denen man Haydens Anwaltskollegen nicht von ihrer Klientel unterscheiden konnte, versammelt und sah sie verwundert an.
»Die Polizei wird gleich hier sein«, verkündete ein älterer Herr, der eine alteingesessene Autorität ausstrahlte. Trotzdem wagte auch er es nicht, sich Adam in den Weg zu stellen.
»Und wem, zum Teufel, soll das helfen?«, erwiderte Adam, dem Esther gerade ihre Fingernägel ins Gesicht grub. Ein Fluchen ausstoßend, packte er sie bei den Hüften und legte sie sich über die Schulter.
Ganz gleich, was eben geschehen war - diese uralte Geste männlicher Überlegenheit nahm Esther ihm wirklich übel. Ausrichten konnte sie dagegen trotzdem nichts.
Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
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