Javier spricht

Hat er den alten gehörnten König gemalt, seine liederliche Frau mit dem Habichtsgesicht und Godoy, den verfressenen Wurstmacher, auf Steinen ausgestreckt? Ja, das hat er. Und den neuen König Ferdinand, der die ganze Gesellschaft vertrieben und sich auf den Thron gesetzt hat – hat er den gemalt? Nicht nur einmal! Ist er nach Saragossa gefahren, hat Leinwände für Scharpien abgegeben und den heldenhaften Verteidiger Palafox porträtiert? Ja, das hat er. Aber den Orden vom französischen König hat er auch angenommen. Und am 3. Mai trippelte er nachts auf den Hügel, um die noch warmen Leichen der Erschossenen zu skizzieren, weil ihm das von Nutzen sein könnte. Und es war von Nutzen. Als später vier Bilder über den Aufstand bei ihm bestellt wurden, kamen die Zeichnungen wie gerufen. Auch Wellington hat er gemalt, wie Palafox zu Pferd, übrigens auf dem noch feuchten Bild Bonapartes – und eines hatten die Porträts der alten Königin, des englischen Generals und des Herzogs von Saragossa gemeinsam: Das Pferd sah jedes Mal furchtbar aus. Goldene Tressen, Schärpen, Gesichter, die Brust unter dem Musselin, den Hals eines gerupften Perlhuhns – all das malte er tadellos. Aber die Pferde sehen aus wie zu große Hunde.

Ein anderes Porträt von König Flasche bestellte ein Abgeordneter aus Peru, der Ratsherr von Madrid geworden war; Vater rümpfte ein wenig die Nase, aber als er erfuhr, dass Joseph Bonaparte mit dem ganzen Hof nach Andalusien fahren und bei ihm im Atelier nicht persönlich erscheinen würde, ließ er sich einen Kupferstich mit dessen Porträt bringen, takelte es in Windeseile in einem Medaillon auf, und unter sowie über das Medaillon malte er, was das Herz begehrt: Engel, Ruhm, der in die Trompete bläst, Sieg mit goldenem Kranz, ein Mädchen mit Krone als Allegorie von Madrid mit dem Wappen auf dem glänzenden Schild, kurz: den ganzen schönen Schein und Prunk, den alle kleinen, an der Zitze der Macht klebenden Menschen so lieben.

Doch kaum hatte Wellington Madrid eingenommen, kleisterte der alte Dachs Bonaparte zu und schrieb ins Medaillon Constitución. Es ging alles schnell, denn bald kam Bonaparte zurück, und er musste ihn wieder malen; er hatte Glück, dass er, in einem Stapel von Papieren verbuddelt, die zum Anfeuern des Kamins bestimmt waren, noch den Kupferstich mit dem Porträt fand. Doch es vergingen kaum ein paar Monate, da schlug Wellington bei Vitoria den französischen Säufer, und der Alte befahl so einem Pimpf aus dem Atelier, Dionisio, Joseph zu übermalen und wieder Constitución anzubringen. Kaum war Ferdinand zurückgekehrt und hatte die Verfassung abgeschafft, mussten sie die Inschrift wieder verdecken. Zuletzt war dort Ferdinand, diese Kröte, aber angeblich soll wieder etwas geändert werden.

Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman
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