IV
Frau mit Messer
Die scharfen Krümmungen der hochgezogenen Brauen, unterfüttert mit blaugrünen Schatten, zeugen von Mitgefühl – wer weiß, vielleicht hat ja die Krankheit Mitleid mit dem Kranken, den sie vernichtet; doch nicht Gefühle haben sie hergeführt – sie hat eine Arbeit zu verrichten; das Haar hat sie nach hinten gerafft und mit einem Tuch zusammengebunden, die Ärmel hochgekrempelt wie eine ordentliche Dienstmagd, die das Zimmer aufräumen, überflüssiges Gerümpel beseitigen soll. Aber wozu hat sie die Brust enthüllt, die – unten notdürftig von den groben Falten des Hemdes bedeckt – den grauen Glanz eines kranken Körpers verströmt? Aus Mitleid, damit es etwas zu sehen gibt im Augenblick des größten Grauens, kurz nach dem Hieb, wenn das Messer niedergegangen ist und, ein für alle Mal, abgetrennt hat, was abzutrennen war?
Wie leicht ist das Wegnehmen. Überall schlägt jemand jemandem etwas ab, enterbt einer, beraubt einer den anderen. In einem Menschenauflauf ist es eine Uhr, entwendet mit geschickter Bewegung; bei Gericht – die Freiheit; im Bett, in zerknüllten Laken – die Unschuld; das ist der Lauf der Welt. Die Krankheit muss daher kein Mitgefühl zeigen, sie führt gewissenhaft ihre Arbeit aus, die Teil eines großen, notwendigen Ganzen ist; ihre Muskeln kräftig von den ständigen Hieben, das Messer so oft geschärft, dass es verkürzt scheint, abgebrochen vielleicht am Widerstand einer hartnäckigen Gliedmaße oder eines krampfhaft am Körper festhaltenden Sinnes.