Francisco spricht
Ich bin achtzig Jahre alt, und von Jahr zu Jahr verbindet mich weniger mit meinem Leben, denn ich erinnere mich immer weniger daran; ich denke, wenn ich sterbe, wird mir nur noch ein dünnes Fädchen bleiben, das mit der geringsten Bewegung durchzutrennen ist. Es gibt so vieles, woran ich mich nicht mehr erinnern kann! Die Gesichter meiner Eltern. Die Gesichter meiner Kinder – ehrlich gesagt, sogar an Javiers Gesicht kann ich mich kaum erinnern, und wenn ich es mir ins Gedächtnis rufen möchte, sehe ich mir die Zeichnung an, die ich kurz vor der Abreise aus Madrid gekritzelt habe. Aber das ist ein erwachsenes Gesicht, eine aufgedunsene Fresse. Und nicht der süße Fratz, der sich in den Falten von Pepas Rock versteckte.
Und – peinlich zuzugeben – auch an einige Frauen kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich die Alba besessen habe – was würde das im Übrigen bedeuten – sie besitzen? Wie andere Frauen? Das ist ja lächerlich. Das wäre, als wollte man eine Welle besitzen, eine Wolke mit einem Netz fangen oder eine Flamme ergreifen.
Mit ihr hat mich wesentlich mehr verbunden als das Herumwälzen in verschwitzten Laken, als Stöhnen und Keuchen, als die Klebrigkeit stinkender Körperritzen: die gemeinsame Überzeugung, dass niemand glücklicher wäre als wir, wenn der Mensch nur Mensch wäre und nicht Besitzer von Gütern, eine Kollektion von Titeln und eine Anhäufung von Pflichten gegenüber Gott und dem Königreich. Ich würde jeden Morgen und jeden Abend sagen »solo Alba«, und sie »solo Goya«, ein kleiner Gutshof würde uns die ganze Welt ersetzen, dort würden wir leben, ich in Jacke und Hose eines Majos, sie wie eine Maja gekleidet, ein Paar glücklicher Bauern, umgeben von Sonderlingen, die ich unaufhörlich malen und die sie unaufhörlich küssen und am Ohr zupfen würde.
Aber wir wussten beide, dass das Unsinn war. Als ich sie in Trauer malte, sagte ich: »Das ist nicht die Trauer um deinen Mann, sondern um mich.« Sie sah mich an, als würde sie gleich weinen oder wütend werden, biss sich auf die Unterlippe und schrieb: »Das Leben ist zu kurz. Male mich weiß.«