VI
Schamlosigkeit
Der Junge, der vorübergeht, sieht sie nur einen Moment lang – er wendet sich um, und das Licht schält sein jugendliches, fast kindliches Profil aus dem dicken Schwarz. Er schaut verstohlen. Würde er bewusst hinsehen, so wüsste er, was er zu erwarten hat, und würde die Augen schneller abwenden, so aber verharrt er unwillkürlich etwas zu lange in der Drehung und sieht alles.
Die Jüngere hat noch alle Zähne, und ihr Lachen kann man wirklich ein Lachen nennen; diejenige, der von den Zähnen nicht einmal schwarze Stümpfe geblieben sind, von Krankheit weggefressen oder von einem betrunkenen Liebhaber mit dem Stuhlbein ausgeschlagen, die mit dem geschwollenen Gesicht und den verfilzten Haaren, kann nur noch krächzen. Der Unterarm, der unter dem wie zur Arbeit hochgekrempelten Ärmel hervorschaut und sich gleichmäßig bewegt, ist ganz dunkel: gebräunt von der Sonne und schmutzig. Ein Schmutz, der alles ringsum überzieht – die ungewaschenen Haare, den in Fetzen hängenden Rock aus grob gewebtem Leinen, das Hemd, das auf der Innenseite am Hals graubraune Streifen aufweist.