Francisco spricht
Für vieles im Leben kann ich Gott danken, doch am meisten nicht etwa dafür, dass er mich mit Genius und Geld gesegnet hat, denn für Genius und Geld habe ich selbst hart geschuftet, sondern dafür, dass er mir ein liebendes Herz geschenkt hat, offen für viele Arten von Liebe. Ich habe meine teure Frau geliebt, ich liebte jedes meiner Kinder, einschließlich Javier, ich liebte meinen Marianito und auf meine Art sogar meine Schwiegertochter; als La Pepa gestorben war, öffnete sich mein Herz für Leocadia, eine verirrte Seele, die mit ihrem spröden, geizigen Mann unglücklich war – kann man denn mit einem Juwelier glücklich sein, einem Menschen, der alles in Karat umrechnet? –, und dann für mein Marienkäferchen, die kleine Rosario. Ja, mein Herz war offen für alle Spielarten der Liebe, selbst für solche, an die ich mich nicht erinnern, die ich lieber vergessen möchte; war es doch durch Gottes Gnade unablässig in Aktion, wie ein Schweißhund, der ein verletztes Reh verfolgt. Solange es schlägt, wird es auch jagen.
Den einen gibt Gott eine edle Herkunft, anderen Schönheit, wieder anderen eine Latte wie bei einem Maulesel, mir hat er diesen nicht zu lindernden Hunger gegeben, der mich durchs ganze Leben geführt hat. Wie unterschiedlich wir doch sind, wenn wir unseren überzwerchen Teilen nachgeben! Wenn es Ärzte gibt, die stundenlang Blödsinn darüber reden können, was sie in einem Fläschchen Pisse sehen, so könnte ich, wenn meine Begabung auf dem Schreiben, nicht auf dem Malen läge, ein gelehrtes Traktat von mehreren hundert Seiten darüber verfassen, was man über eine Frau sagen kann, wenn man sich nur ihr Löchlein ansieht und das Verhalten dieses Löchleins. Na, sagen wir, einiger Löchlein. Beim bloßen Gedanken daran wird mein Untersuchungsorgan seltsam munter, trotz der acht Jahrzehnte, die wir beide, mein Organ und ich, seit kurzem auf dem Buckel haben.
In meinem ganzen Leben habe ich nur einen einzigen Menschen getroffen, der begriffen hat, welchen Reichtum an Wissen wir aus der Tätigkeit gewinnen, die man allgemein als Vögeln bezeichnet. La Alba! Das war keine Frau, das war ein Mann mit schmaler Taille, mit langem schwarzem Haar und ordentlichen Titten, das war die mächtigste Person im Königreich. Manche Leute sagten über sie, sie könne ganz Spanien durchqueren, ohne ihren Grund und Boden zu verlassen; das ist richtig. Aber sie meinten nur den Besitz – während die Alba wirklich in einem Paar Ballschühchen von einem Ende Spaniens zum anderen hätte wandern können, durch die schlimmsten Einöden und Urwälder voller Banditen!
Sogar Kinder unterbrachen ihr Spiel, um sie anzuschauen.
Mit welchem Fleiß schrieb sie lange Geschichten in mein Heft – als wollte sie mir ihr ganzes Leben erzählen; und wie bedauerte ich, dass ich ihre Stimme nicht hören konnte! Manchmal stellte ich sie mir vor: tief und melodiös, heiser, wenn sie zornig wurde, und sanft in zärtlichen Stunden. Und Zärtlichkeit hatte sie, trotz ihrer Kraft, so viel in sich, dass sie sie einem Dutzend Männern und einem Dutzend Frauen hätte schenken können, denn es war eine doppelte Zärtlichkeit – sowohl weiblich als auch männlich.
Sie ließ mir Huren aus Cádiz bringen, süße Nachteulen, und schrieb mir, sie habe den Kutscher, dem sie diese heikle Angelegenheit anvertraute, angewiesen, solche auszusuchen, die ihr möglichst ähnlich seien; der Holzkopf wurde furchtbar rot. Aber er brachte sie, aus den Hafentavernen, hochgewachsen, braungebrannt, mit einem Meer von schwarzen Locken. Und ich zeichnete sie. Manchmal assistierte die Alba dabei – sie saß in einem bequemen, extra von der Terrasse geholten Sessel und spielte mit einem Affen oder mit María de la Luz, La Negrita, der Tochter ihrer schwarzen Sklavin, und ließ die Mädels immer neue Posen einnehmen. »Ich soll eine Heilige für einen Altar bei Saragossa malen«, sagte ich, »die hier kommt wie gerufen! Sollen die Frommen ruhig die Sündigen verehren!« Sie sah mir über die Schulter und lachte, ich spürte ihren Atem am Ohr, als meine Hand besonders schnell war und ratz-fatz auf dem Blatt ein Figürchen erschien, das sich das schwarze Haar zauste, den Nachttopf nahm, den Boden fegte. »Ich könnte das ganze Leben den Boden fegen«, schrieb sie mir, »das ist interessanter, als ich selbst zu sein.« Aber mit einem Besen hätte sie mir nie posiert. Oder mit dem Nachttopf. Manchmal drängte sie mich, mit einem der Mädchen zu schlafen. »Mach dir Luft, Goya«, schrieb sie. Ich wollte das nicht. Das fand sie wohl ein bisschen undankbar und schmollte. Schließlich schickte sie das Mädchen dem armen Bruder Basilio, der war nicht wählerisch, der nutzte die Gelegenheit immer. Ach, das war ein Schmarotzer! Scheinbar ein Tölpel, ein dämlicher Kerl, der stotterte und von dem Maulesel fiel, den die Herzogin ihm geschenkt hatte, damit er immer in ihrem Gefolge reiten konnte, aber um seine Angelegenheiten konnte er sich kümmern. Einmal fiel er von diesem Muli in den Graben, versaute sich fürchterlich mit Schlamm, der ganze Zug hält an, alle wiehern über den Bruder, der auf die Straße zu klettern versucht, runterrutscht, wieder raufklettert, und schon springt die Herzogin vom Pferd, schon fliegt sie herab, im weißen Kleid, schon reicht sie ihm die Hand, überhäuft ihn mit Küssen, macht sich schmutzig und trägt diese Dreckspritzer auf dem weißen Kleid und der roten Schärpe wie Orden und sagt zu allen: »Er allein versteht mich, ich wusste schon immer, nur er hat eine Seele wie meine.« Na, da schwoll ihm der Kamm, und er ließ es sich gutgehen, der hässliche Wicht, aber was soll’s, ich neide ihm nichts. Mir hat er nichts weggenommen, nicht für mein Geld hat er Leckereien gegessen. Und Lusito? Das war ein Hübscher, ein Junge wie ein Traum, ein Krauskopf, schön, mit Feuer in den Augen, sie nannte ihn ihr Lieblingssöhnchen, er trug ihr Parfüm und Scherbett nach. Oder La Beata, eine wahre Bestie, eine alte Dueña, die überall den Teufel sah, vertrocknet, mit weißem Gesicht, wie mit Reispuder bestreut, eine wandelnde arthritische Leiche, mit Trippelschritten unter dem Kleid, als wäre sie ein aufgezogenes Spielzeug. Ich zeichnete Karikaturen von ihr, die Alba liebte das. Zwei davon habe ich sogar als Bilder gemalt, auf einem ziehen das Mohrenmädchen und Lusito die Beata an der Schleppe ihres Kleides, und sie bleckt die Zähne wie ein wütender Kapuzineraffe, auf dem anderen will die Alba ihr Farbe auf die Lippen auftragen, und die Beata versucht, sie mit dem Kreuz zu vertreiben. »Komm, komm«, lachte die Alba, »wir malen dein Skelettchen ein bisschen an, damit es den anderen Leichen auch gefällt, wenn’s soweit ist!«
Und ich, was war mit mir? Ich war eine Zugabe, ein Höfling, ich war ihr geliebter tauber Auerhahn, so wie Lusito ihr Söhnchen war, die Beata der kleine Tod, Don Basilio der Stotterer, María de la Luz das Mohrenkind. Wir waren ihr Sammelsurium von Abfall, Abschaum, Krüppeln. Sie hatte eine Schildkröte, der ein Bein fehlte, und einen Affen ohne Schwanz. »Mein Großvater, der mich aufzog, der zwölfte Herzog von Alba«, schrieb sie mir einmal, »hatte einen hinkenden Zwerg, Benito, der ihm immer vorausging, mit allen Orden seines Herrn an seiner mickrigen, krummen Brust. Das lehrte mich ein für alle Mal, Reichtum und Ehrungen zu verachten.« Und was für einen Punkt sie setzte, was für einen energischen! So ein Punkt ist ein Werk für sich. Kein Wunder, dass sie uns ihr ganzes Vermögen überschrieben hat, ein Viertel von Spanien. Na, vielleicht nicht gerade ein Viertel. Und vielleicht nicht das ganze Vermögen, aber recht viel davon. Sie war die letzte Herzogin von Alba – ihr Mann nahm ihren Namen an, damit das Geschlecht nicht ausstirbt, aber er ist selbst gestorben, und ein Kind hat er ihr nicht gemacht. Nicht besonders fleißig, kann man sagen. Alles ging an irgendwelche Stuarts, niemand aus diesem Raritätenkabinett bekam auch nur einen Groschen, außer mir. Aber ich wollte es nicht für mich. Ich wollte es für Javier, der damals noch der schönste Anblick war, den es in Madrid gab.