Das Schwert krachte laut dröhnend gegen den Dummy. Immer wieder schlug er zu, wütend, schweißüberströmt. Sie hatten ihn fast gehabt. Ihn, den Roten Ritter, ihn, den noch nie jemand schlagen konnte. Er wischte sich den Schweiß ab und lachte auf. Ja, er hatte es ihnen gezeigt, doch es war knapp gewesen.
Er ging nach oben ins Wohnzimmer und starrte in die Dämmerung. Rauchte und durchlebte zum hundertsten Mal den Abend. Alles hatte so gut angefangen. Diese dilettantische Überwachung und ihre lächerliche Kostümierung. Fünf Minuten hatte er gebraucht, um alle zu identifizieren. Sie wollten ihm eine Falle stellen, doch er hatte seine eigene zuschnappen lassen. Die Zeit hatte für ihn gearbeitet, hatte ihre Aufmerksamkeit eingelullt und ihm die Chance gebracht, auf die er wartete. Dieser Idiot, bevor er ihn erwischte, alberte er noch herum, obwohl er schon isoliert, schon so verwundbar war. Ihn wegzulocken war ein Kinderspiel und noch einfacher war es, ihn zu töten. Versuchte ihn, den Roten Ritter, zu stoppen, streng nach Vorschrift. Er solle sich ausweisen. Eine Drehung und der Dolch bohrte sich zwischen seine Rippen. Dieses Erstaunen in den Augen, als er merkte, dass es zu Ende ging. Welch eine Augenweide. Dann der zweite Stich. Die Augen veränderten sich, zeigten nur noch Panik, bevor sie brachen. Welch ein Triumph.
Die Erinnerung durchfloss ihn wie eine warme Welle, und er schloss die Augen, um das flüchtige Glücksgefühl festzuhalten, aber es zerstob wie ein Schneeball und hinterließ einen bitteren Geschmack. Denn anschließend war alles danebengegangen. Unten am Fluss wollte er eigentlich den Toten so arrangieren, dass der Anblick seine Verfolger verhöhnte, doch sie waren zu schnell dort gewesen, wodurch er den Körper nur noch liegen lassen konnte, einfach so mitten im Wasser.
Er hieb mit der Faust gegen die Wand. Seine Rufe sollten die Scharte auswetzen, Hohn und Spott über die ausschütten, die ihn hatten fangen wollen und nun vor der Leiche des Kollegen standen. Doch es war anders gekommen und noch immer hallte die Stimme dieses Weibs in seinen Ohren: Knall ihn ab, los knall das Schwein ab. Worauf wartest du denn? Er hatte die Kugeln pfeifen gehört und sich hingeworfen. Angst hatte er gehabt.
Nach den Schüssen war er gerannt, so schnell er konnte. Weg von der Straße. Unten auf der Wiese war das Fest ungehindert weitergelaufen, aber aus der Ferne hatte er schnell die Blaulichter kommen sehen. Die Rüstung wog schwer, doch er konnte sie auf keinen Fall zurücklassen. Zum Glück hatte er vorgesorgt. Wie immer. Sein Auto stand tief im Wald. Er war ohne Licht gefahren. Eine Stunde auf Feldwegen bis runter nach Wittlich. Dann hatte er sie abgeschüttelt. Jetzt war er in Sicherheit, denn denjenigen, der hinter dem Roten Ritter steckte, kannte niemand. Noch nie hatte er sein Gesicht gezeigt.
Wieder wurde ihm bewusst, wie knapp es gewesen war. Wieder kochte die Wut in ihm hoch, und er knallte die Faust auf den Tisch, doch plötzlich begriff er. So also sah die nächste Prüfung auf seinem Weg aus. Er trat hinaus in den frühen Morgen. Sie wollten kämpfen, so sollten sie ihren Kampf haben. Er schrie.
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