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Mademoiselle de Fargas
Der Zufall wollte, dass Mademoiselle de Fargas und
Coster Saint-Victor sich kurz vor dem Dorf La Guerche begegneten,
anders gesagt, drei Wegstunden von Cadoudals Lager entfernt.
Coster Saint-Victor, einer der elegantesten Männer
jener Zeit, der mit dem Ersten Konsul Bonaparte um die Gunst mehr
als einer der hübschesten Schauspielerinnen wetteiferte, hatte kaum
gesehen, dass eine schöne Frau in offener Kalesche vorbeifuhr, als
er die erste Gelegenheit ergriff, sich ihr zu nähern, sobald die
Kalesche langsamer wurde, was ihm umso leichter fiel, als er dem
Postwagen zu Pferde folgte.
Diana wollte dem Fremden zuerst in kalter Würde
begegnen, doch er begrüßte sie so höflich, und seine Worte und
Komplimente waren so wohlgewählt, dass sie sich nur so lange
unnahbar zeigte, wie es die guten Sitten unter Reisenden
erforderten.
Zudem befand sie sich in einem ihr fremden Land, in
dem an jeder Wegbiegung Gefahren lauern konnten. Der Reisende, der
so offenkundig ihre Bekanntschaft gesucht hatte, schien mit dem
Land bestens vertraut zu sein; er konnte ihr nützlich sein, ihr
beispielsweise verraten, wo Cadoudal sich aufhielt.
Beide hatten einander Falschheiten
anvertraut.
Coster Saint-Victor hatte gesagt, er heiße
d’Argentan und sei Steuereinnehmer der Regierung in Dinan.
Diana hatte ihm erwidert, sie heiße Mademoiselle de
Rotrou und sei Postverwalterin in Vitré.
Und von falscher Auskunft zu falscher Auskunft
hatten sie einander eine wahre Auskunft offenbart: dass nämlich
beide auf der Suche nach Cadoudal waren.
›Kennen Sie ihn?‹, hatte d’Argentan gefragt.
›Ich habe ihn nie gesehen‹, hatte Diana
erwidert.
›Dann, Mademoiselle, wäre es mir eine Ehre, Ihnen
meine Dienste anzubieten‹, hatte der falsche d’Argentan gesagt.
›Cadoudal ist mein Freund, und wir sind dem Ort, an dem wir ihm
begegnen sollten, so nahe, dass ich Ihnen wohl ohne Gefahr
offenbaren darf, dass ich nicht der Regierung, sondern ihm als
Steuereinnehmer diene. Sollten Sie eine Empfehlung benötigen,
Mademoiselle, wäre ich doppelt glücklich, dass der Zufall – oder
soll ich sagen: die Vorsehung? – unsere Wege einander kreuzen
ließ.‹
›Ich will Ihre Offenheit erwidern‹, sagte Diana,
›und Ihnen gestehen, dass ich so wenig Postverwalterin in Vitré
bin, wie Sie Steuereinnehmer in Dinan sind. Ich bin die letzte
Überlebende einer vornehmen royalistischen Familie, die auf Rache
sinnt und bei ihm dienen will.‹
›Und in welcher Eigenschaft?‹, fragte
d’Argentan.
›In der Eigenschaft einer Freiwilligen‹, erwiderte
Diana.
Coster sah sie verblüfft an und sagte dann: ›Alles
in allem, warum nicht? Dumouriez hatte zwei Demoiselles de Fernig
als Aides de Camp. Wir leben in einer so verrückten Zeit, dass man
sich auf alles einstellen muss, selbst auf Dinge, die man nicht
glauben wollte.‹
Und damit war diese Frage erledigt.
In La Guerche waren sie einer Abteilung
republikanischer Soldaten auf dem Weg nach Vitré begegnet.
Beim Verlassen des Dorfes stießen sie auf gefällte
Bäume, die den Weg versperrten.
›Oh, zum Henker!‹, rief Coster. ›Es nähme mich
nicht wunder, wenn Cadoudal hinter diesem Hindernis steckte!‹
Er hielt an, bedeutete Dianas Kutsche, ebenfalls zu
halten, und ließ einmal den Ruf des Käuzchens und einmal den der
Schleiereule ertönen.
Rabengeschrei antwortete ihm.
›Unsere Freunde haben uns erkannt; bleiben Sie
hier, ich werde Sie abholen. ‹
Zwei Männer erschienen, schufen einen Weg durch die
Barrikade, und Diana sah, dass ihr Weggefährte sich einem der
Männer in die Arme warf, der Cadoudal sein musste.
Dieser Mann näherte sich ihrem Wagen und nahm
seinen Hut ab.
›Mademoiselle‹, sagte er, ›ob Sie weiterreisen oder
mir die Ehre erweisen wollen, meine Gastfreundschaft anzunehmen –
ich muss Ihnen raten, sich zu beeilen, denn in weniger als einer
Stunde werden die Republikaner hier sein, und Sie sehen, dass wir
bereit sind, sie zu empfangen.‹
Er wies auf die Barrikade.
›Ganz davon abgesehen‹, fuhr er fort, ›dass ich in
den Ginsterbüschen fünfzehnhundert Männer versteckt habe, die eine
Musik anstimmen werden, wie Sie sie noch nie gehört haben
dürften.‹
›Monsieur‹, sagte Diana, ›ich wollte Sie um Ihre
Gastfreundschaft bitten, doch ich danke dem Geschick, das mir
erlaubt, ein Schauspiel zu erleben, das ich mir schon immer ersehnt
habe, nämlich ein Gefecht.‹
Cadoudal verbeugte sich, machte seinen Männern ein
Zeichen, woraufhin eine Schneise für die Kutsche geschaffen wurde,
und Diana fand sich auf der anderen Seite der Barriere
wieder.
Sie sah sich um; neben den Männern in den
Ginsterbüschen, von denen Cadoudal gesprochen hatte, sah sie
Tausende, die auf dem Bauch lagen, den Karabiner neben sich.
An die fünfzig Reiter hielten ihre Pferde am Zügel,
im Unterholz verborgen.
›Madame‹, sagte Cadoudal zu Diana, ›verargen Sie es
mir bitte nicht, dass ich mich jetzt meinen Aufgaben als Anführer
widme; sobald ich sie erledigt habe, werde ich mich meinen anderen
Aufgaben zuwenden.‹
›Auf, Messieurs, auf‹, sagte Diana, ›und machen Sie
sich keine Sorgen meinetwegen. Wenn Sie nur ein Pferd hätten
-‹
›Ich habe zwei‹, sagte d’Argentan. ›Das kleinere
stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung. Es ist allerdings für den
Kampf und für einen Mann gesattelt. ‹
›Genau das, was ich benötige‹, sagte Diana, und als
sie sah, dass der junge Mann seine Satteltasche vom Pferd nahm,
rief sie lachend: ›Danke, Herr Steuereinnehmer aus Dinan!‹
Dann schloss sie das Verdeck ihres Wagens.
Zehn Minuten später ertönten in einer Viertelmeile
Entfernung von der Barrikade in den Bergen die ersten Gewehrsalven,
und das Gefecht begann.
Bei diesen ersten Schüssen wurde die Tür der
Kalesche geöffnet, und ein junger Mann entstieg ihr, elegant als
Chouan ausstaffiert. Seine Jacke war aus Samt, aus seinem weißen
Gürtel ragten die Griffe zweier doppelläufiger Pistolen, er trug
einen Filzhut mit wehender weißer Feder und hatte einen leichten
Säbel umgegürtet.
Mit einer Behändigkeit, die den geübten Reiter
verriet, sprang er auf das Pferd, das der Diener Coster
Saint-Victors hielt, und nahm seinen Platz unter den vierzig oder
fünfzig Kavalleristen ein, die der bretonische General
befehligte.
Das Gefecht werde ich überspringen«, sagte Hector.
»Ich begnüge mich damit zu sagen, dass die Blauen vernichtend
geschlagen wurden und sich nach mutiger Gegenwehr um ihren Oberst
Hulot im Dorf La Guerche sammelten.
Dieser Kampf hatte für Cadoudal und seine Leute
kein besonderes materielles Ergebnis, doch seine moralische Wirkung
war unschätzbar.
Cadoudal hatte nicht nur mit seinen zweitausend
Mann vier- oder fünftausend kampferprobten erfahrenen Soldaten die
Stirn geboten, sondern er hatte den Gegner in die Stadt
zurückgezwungen, die dieser verlassen wollte, was vier oder fünf
gegnerische Tote gefordert hatte.
Diana hatte in der ersten Reihe gekämpft, immer
wieder mit ihrem Karabiner geschossen und mehrmals im Nahkampf ihre
Pistolen benutzt.
Coster Saint-Victor kehrte aus dem Gefecht mit
einem Bajonettstich durch den Arm zurück, seine Chouanjacke über
die Schulter geworfen.
›Monsieur‹, sagte die junge Frau zu Cadoudal, der
das Gefecht in der ersten Reihe bestritten hatte, immer wieder vor
Pulverdampf unsichtbar, ›Sie wollten mich nach dem Gefecht
sprechen, um aus meinem eigenen Mund zu hören, warum ich mich Ihnen
anschließen will und was ich von Ihnen wünsche: Das Gefecht ist
beendet, ich wünsche, in Ihre Truppe einzutreten. ‹
›Und in welchem Rang, Madame?‹, fragte
Cadoudal.
›Im Rang eines einfachen Freiwilligen: Ich habe
bewiesen, dass Getöse und Rauch mir keine Angst machen.‹
Cadoudals Stirn verfinsterte sich, und seine Miene
nahm einen strengen Ausdruck an.
›Madame‹, sagte er, ›dieser Vorschlag ist weniger
harmlos, als es den Anschein haben mag. Ich werde Ihnen etwas
Sonderbares erzählen: Da ich zuerst für eine kirchliche Laufbahn
bestimmt war, habe ich alle Gelübde
mit ganzem Herzen abgelegt und sie immer befolgt. In Ihnen, das
bezweifle ich nicht, hätte ich einen bezaubernden Aide de Camp von
unstreitiger Kühnheit. Für mich sind Frauen so tapfer wie Männer.
Und von Epicharis, die sich mit den Zähnen die Zunge abbiss, um
unter der Folter, der Nero sie unterziehen ließ, ihre Komplizen
nicht zu verraten, bis zu Charlotte Corday, die ein Ungeheuer vom
Antlitz der Welt tilgte, vor dem die Menschen erzitterten, haben
sie uns in jedem Jahrhundert immer wieder Proben ihres Mutes
gegeben. Doch in unseren religiösen Landgegenden, vor allem in der
alten Bretagne, bestehen Vorurteile, vor deren Hartnäckigkeit der
militärische Ruhm eines Charette bedeutungslos wurde, und diese
Vorurteile können einen Kombattanten nötigen, auf Dienste wie die
von Ihnen angebotenen zu verzichten. Manche unserer Anführer hatten
Schwestern und Töchter gemeuchelter Royalisten in ihren Feldlagern,
doch diesen schuldeten sie Hilfe und Schutz.‹
›Und wer sagt Ihnen, Monsieur‹, rief Diana, ›dass
ich nicht Tochter oder Schwester eines gemeuchelten Royalisten bin
– oder sogar beides – und dass ich nicht dieses Recht hätte, das
Sie eben erwähnten?‹
›Und wie kommt es dann‹, mischte sich lächelnd
d’Argentan ein, ›dass Ihr Ausweis von Barras unterzeichnet ist und
Sie als Leiterin einer Poststelle in Vitré ausweist?‹
›Hätten Sie die Güte, mir Ihren Ausweis zu
zeigen?‹, fragte Diana den falschen d’Argentan.
›Ha! Meiner Treu, gut gegeben‹, rief Cadoudal, den
Dianas Kaltblütigkeit und Hartnäckigkeit beeindruckten.
›Und dann werden Sie mir sicherlich erklären, wie
Sie dazu kommen, sich als Freund, wenn nicht gar beinahe rechter
Arm General Cadoudals in Ihrer Funktion als Steuereinnehmer aus
Dinan auf republikanischem Territorium frei zu bewegen?‹
›Ja, sprich‹, sagte Cadoudal, ›erkläre
Mademoiselle, wie es kommt, dass du Steuereinnehmer in Dinan bist,
und sie wird dir erklären, wie es dazu kommt, dass sie
Postverwalterin in Vitré ist.‹
›Oh, das ist ein Geheimnis, das ich vor unserem
keuschen Freund Cadoudal nicht gerne enthülle. Aber wenn Sie mich
drängen, dann werde ich Ihnen auf die Gefahr hin, ihn erröten zu
machen, verraten, dass er in Paris in der Rue des Colonnes nahe dem
Theater Feydeau eine gewisse Demoiselle Aurélie de Saint-Amour
versteckt hält, welcher der Citoyen Barras nichts abschlagen kann
und die mir nichts abschlagen kann.‹
›Und‹, sagte Cadoudal, ›der Name d’Argentan in dem
Ausweis meines
Freundes verbirgt einen Namen, der ihm als Geleitwort bei allen
Banden von Chouans, Vendéens und Royalisten mit weißer Kokarde in
ganz Frankreich und im Ausland dient. Ihr Reisegefährte,
Mademoiselle, der nun, da er nichts mehr befürchten muss, auch
nichts mehr zu verbergen hat, ist kein Steuereinnehmer der
Regierung in Dinan, sondern Sendbote zwischen General Rundkopf und
den Compagnons de Jéhu.‹
Bei der Erwähnung dieses Namens zuckte Diana
unmerklich zusammen.
›Ich muss gestehen‹, sagte der falsche d’Argentan,
›dass ich einer furchterregenden Hinrichtung beigewohnt habe: Der
Vicomte de Fargas, der seine Bruderschaft verraten hat, wurde vor
meinen Augen erdolcht.‹
Diana spürte, wie das Blut ihren Wangen entwich.
Hätte sie ihren Namen genannt, würde sie ihn nennen, wäre ihr
ganzes Unterfangen vergeblich gewesen. Der Schwester des von den
Compagnons de Jéhu gerichteten Vicomte de Fargas würde man niemals
Namen oder Aufenthalt dieser Bruderschaft verraten.
Sie schwieg daher und tat so, als warte sie darauf,
dass Cadoudal wieder das Wort ergriff.
Cadoudal deutete ihr Schweigen wie erwartet und
fuhr fort: ›Er heißt nicht d’Argentan, sondern Coster Saint-Victor;
und hätte er bisher keinen anderen Beweis seiner Gesinnung gegeben
als die Verwundung, die er heute für unsere heilige Sache erhalten
hat -‹
›Wenn Sie weiter nichts als eine Verwundung zum
Beweis unserer Ernsthaftigkeit verlangen‹, sagte Diana ungerührt,
›das können Sie haben.‹
›Und wie?‹, fragte Cadoudal.
›Sehen Sie selbst!‹ Mit diesen Worten zog Diana aus
ihrem Gürtel den scharfen Dolch, der ihren Bruder getötet hatte,
und durchbohrte ihren Arm an der gleichen Stelle, an der Coster
verwundet worden war, mit einem so gewaltigen Stoß, dass die Klinge
auf der anderen Seite des Arms heraustrat.
Dann zeigte sie ihren durchbohrten Arm Cadoudal und
sagte: ›Sie wollen wissen, ob ich von edler Geburt bin? Sehen Sie
selbst! Mein Blut ist, wie ich hoffe, nicht minder blau als das
Monsieur Coster Saint-Victors. Sie wollen wissen, mit welchem Recht
ich Ihr Vertrauen verlange? Dieser Dolch beweist Ihnen, dass ich
mit den Compagnons de Jéhu in Verbindung stehe. Sie wollen wissen,
wie ich heiße? Ich bin die Nachfahrin jener Römerin, die sich ein
Messer in den Arm stach, um ihrem Ehemann zu beweisen, dass sie
nicht schwach war. Ich heiße Porcia!‹
Coster Saint-Victor schrak zurück. Cadoudal, der
die Heldin der Rache voller Bewunderung ansah, sagte: ›Ich kann
bestätigen, dass das Messer, mit dem die junge Frau sich verwundet
hat, in der Tat der Dolch der Compagnons de Jéhu ist, und zum
Beweis lege ich den gleichen Dolch vor, den mir der Anführer der
Bruderschaft drei Tage vor meiner Aufnahme überreicht hat.‹
Und er nahm einen Dolch aus seiner Brusttasche,
völlig gleich dem Dolch, der den Arm der Mademoiselle de Fargas
durchstoßen hatte.
Cadoudal reichte Diana die Hand. ›Mademoiselle, von
diesem Augenblick an‹, sagte er, ›bin ich Ihr Vater, wenn Sie
keinen Vater mehr haben, und wenn Sie keinen Bruder mehr haben,
sind Sie meine Schwester. Da wir in einer Zeit leben, in der ein
jeder gezwungen ist, seinen Namen unter einem anderen zu verbergen,
werden Sie sich als die Römerin, die Sie sind, Porcia nennen. Von
dieser Stunde an werden Sie zu uns zählen, Mademoiselle, und da Sie
vom ersten Augenblick an Ihrem Rang als Anführerin gerecht wurden,
werden Sie der Ratsversammlung beiwohnen, die ich abhalte, sobald
der Wundarzt Ihre Wunde versorgt haben wird.‹
›Danke, General‹, sagte Diana. ›Was den Wundarzt
betrifft, benötige ich ihn so wenig wie Monsieur Coster
Saint-Victor; meine Verwundung ist nicht bedeutender als die
seine.‹
Und sie zog den Dolch aus der Wunde, in der er
immer noch gesteckt hatte, und zerschnitt ihren Ärmel der Länge
nach, so dass ihr schöner Arm ganz zu sehen war.
Dann sagte sie zu Coster Saint-Victor: ›Kamerad,
hätten Sie die Güte, mir Ihre Krawatte zu borgen?‹
Diana de Fargas blieb zwei Jahre lang in der Armée
de Bretagne und in Cadoudals unmittelbarer Umgebung unter dem Namen
Porcia, und niemand erfuhr ihren wahren Namen.
Zwei Jahre lang nahm sie an allen Kämpfen teil, die
stattfanden, teilte alle Gefahren und alle Strapazen des Anführers,
dessen Sache sie sich verschrieben zu haben schien.
Zwei Jahre lang unterdrückte sie ihren Hass auf die
Compagnons de Jéhu, rühmte ihre Taten und pries die Namen eines
Morgan, d’Assas, d’Adler und Montbar.
Zwei Jahre lang belagerte sie der schöne Coster
Saint-Victor, dem noch nie eine Frau widerstanden hatte, vergeblich
mit seiner Liebe.
Und nach diesen zwei Jahren wurde ihr langes,
beharrliches Warten belohnt.
Unvermittelt brach der 18. Brumaire über Frankreich
herein.
Die erste Aufmerksamkeit des neuen Diktators
richtete sich auf die Vendée und die Bretagne. Cadoudal begriff,
dass es zu einem echten Krieg kommen würde und dass er für diesen
Krieg Geld benötigen würde – Geld, das ihm die Compagnons de Jéhu
verschaffen konnten.
Coster Saint-Victor war am Oberschenkel durch einen
Schuss verwundet; ihn konnte man als Geldeinnehmer nicht
schicken.
Cadoudals Blick fiel auf Diana, die er nach wie vor
nur als Porcia kannte: Sie hatte ihm so viele Beweise ihrer Hingabe
und ihres Mutes gegeben, dass er sich neben Coster Saint-Victor
niemanden sonst denken konnte, den er mit diesem Auftrag betrauen
wollte.
Als Frau konnte sie ungehindert in Frankreich
reisen. Und in ihrer Kutsche konnte sie beträchtliche Geldbeträge
transportieren.
Cadoudal besprach sich mit dem Verwundeten, der
völlig seiner Meinung war.
Diana wurde an das Bett des Verwundeten gerufen,
und Cadoudal eröffnete ihr seine Absichten – dass sie sich mittels
eines doppelten Schreibens Cadoudals und Coster Saint-Victors mit
den Compagnons de Jéhu in Verbindung setzen und Cadoudal das Geld
bringen sollte, das er dringender denn je benötigte, da die
Feindseligkeiten unerbittlich wie nie zuvor zu entbrennen
schienen.
Dianas Herz tat bei diesen Worten einen
Freudensprung, doch mit keiner Regung verriet sie, was sich in
ihrem Herzen abspielte.
›Mag die Aufgabe noch so schwierig sein‹, sagte
sie, ›wird es doch mein größter Wunsch sein, sie zu erfüllen; doch
außer den Briefen des Generals und Monsieur Coster Saint-Victors
werde ich alle topographischen Auskünfte benötigen, alle Parolen
und bindenden Befehle, die mir helfen können, in das Herz der
Bruderschaft vorzudringen.‹
Coster Saint-Victor gab sie ihr. Sie reiste ab, ein
Lächeln auf den Lippen und Rachedurst im Herzen.