Zur gleichen Zeit. Castel Gandolfo
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Matthias hatte das Telefon wieder in seine Hosentasche gesteckt und ging langsam zurück zu Varotto, der gerade dem Kommandanten der Schweizergarde zunickte, woraufhin dieser mit schnellen Schritten zu seinem Fahrzeug eilte. Sekunden später heulten die Motoren auf, und die Wagen der Schweizergarde rasten auf den Eingang des Papstpalastes zu.
In Matthias’ Kopf arbeitete es. Diese eigenartige Leere, die sich seiner bemächtigt hatte, ließ ihn sachlich kühl die Situation durchdenken. Fakt war, dass er sich sofort auf den Weg zurück nach Rom machen musste, weil der Papst den Vatikan offensichtlich gar nicht verlassen hatte. In diesem Punkt hatte er sich getäuscht. Oder er war bewusst getäuscht worden. Ein weiterer Punkt, in dem er sich geirrt zu haben schien, war die Rolle, die Kardinal Voigt spielte. Wenn ihm in den letzten Tagen das Verhalten des Kardinalpräfekten auch nicht immer logisch erschienen war, so hatte er doch nie in Erwägung gezogen, dass Voigt ewas mit den schrecklichen Verbrechen zu tun haben könnte. Darüber musste er sich während der Fahrt Gedanken machen.
Aber erst musste er Daniele loswerden. Er traute diesen Kerlen durchaus zu, dass sie jeden ihrer Schritte beobachteten und mitbekamen, wenn er nicht alleine zurückfuhr. Und die Konsequenzen daraus wären furchtbar. Daniele würde ihn allerdings nicht ohne Weiteres alleine zurückfahren lassen. Eine Diskussion mit ihm würde jedoch zu viel Zeit kosten, Zeit, die er nicht mehr würde aufholen können. Matthias hasste es, zu lügen, aber in diesem Fall blieb ihm nichts anderes übrig. Er konnte Daniele nicht die Wahrheit sagen, wenn er das Leben des Heiligen Vaters noch retten wollte.
Varotto sah ihm fragend entgegen.
»Wie spät ist es?«
Varotto sah auf die Uhr. »Drei Minuten vor zwölf.«
»Ich brauche kurz deinen Wagen.«
Varotto sah ihn verdutzt an. »Meinen Wagen? Wozu?«
»Das kann ich dir erst sagen, wenn ich zurück bin. Bitte vertrau mir.«
»Ich komme mit.«
Matthias schüttelte den Kopf. »Nein. Ich muss nur etwas überprüfen. Bitte, Daniele, es kann sehr wichtig sein. Vielleicht sogar lebenswichtig. Ich bin gleich wieder zurück. Bitte.«
Varotto zeigte mit einer übertriebenen Geste auf sein Auto. »Also gut«, schnaubte er. »Der Schlüssel steckt.«
Ohne ein weiteres Wort stieg Matthias ein. Doch als er den Wagen auf der Straße gewendet hatte, hielt er noch mal kurz neben Varotto an und ließ die Scheibe herunter.
»Danke, Daniele. Ich werde dir später alles erklären. Drück mir die Daumen, dass meine Vermutung nicht zutrifft.«