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Die Feder im Schloss knirschte. Mia hielt die Augen geschlossen. Sie hielt sie seit Stunden geschlossen und hatte doch die ganze Nacht nicht geschlafen.
Sie beobachteten sie. Es musste eine versteckte Kamera geben. Eine Luke, durch die sie ihr etwas Essbares hätten hereinschieben können, war nicht installiert. Sie mussten es durch die Tür hineingeben.
Mia hob die Lider ein klein wenig an, linste durch die Wimpern hindurch. Aber die Tür bewegte sich nicht.
Sie spürte, wie sich ihre Blase entleerte, blieb reglos liegen.
Sie können mich auch verhungern lassen.
Im gleichen Moment öffnete sich ein Spalt in der Tür. Dahinter war nichts zu erkennen. Mias Kopfhaut juckte, am liebsten hätte sie aufgeschrien. Aber sie zwang sich dazu, das tiefe Ausatmen fortzusetzen, als wäre sie eine Schlafende.
Eine Schüssel tauchte hinter dem Spalt auf. Sie war nicht besonders groß, aber noch passte sie nicht hindurch. Der Spalt vergrößerte sich, eine Hand erschien, schob die Schüssel durch den Spalt nach vorne.
Mias Körper zog sich zusammen wie eine Sprungfeder. Ihr Arm schnellte hervor, die Hand am Kopf vorbei – ihre Finger ließen es los. Das Buch, das sie seit Stunden unter dem Kopfkissen festgehalten hatte, krachte gegen die Tür. Ein erstickter Aufschrei, die Hand wollte zurück wie ein erschrecktes Tier, zuckte Richtung Spalt, der kleiner geworden war, weil das Buch die Tür ein wenig zugeschoben hatte.
Die Schüssel schepperte zu Boden, doch da war Mia bereits an der Tür. Mit dem Fuß zuerst flog sie dagegen, rammte sie gegen die Hand, die noch in den Spalt ragte.
Es krachte. Die fünf Finger streckten sich, als wollten sie abspringen, ein Schrei, ein rauhes Röcheln, dann hatte Mia die Tür aufgerissen und starrte in Veras Gesicht, die mit schreckgeweiteten Augen am Boden kauerte, die Haare offen, ihre zerschmetterte Hand umklammernd.