7 Ford, Minnesota

Immer noch Donnerstag, 13. September

»Dylan Arntz«, sagt Dr. McQuillen in der offenen Tür. »Was hast du denn angestellt?«

Er ist ein großgewachsener alter Mann mit schmalen Schultern und ausgezeichneter Haltung und legt den Kopf zurück, als würde er durch eine Bifokalbrille blicken. Vielleicht trägt er manchmal eine. »Egal. Ich rieche es schon. Komm rein, und sei vorsichtig. Ist nicht nötig, dass du auch noch die Wände mit Blut beschmierst.«

Während er beobachtet, ob Dylans Gang irgendwelche Anzeichen für neurologische Schäden aufweist, nimmt er einen Laborkittel vom Haken und zieht ihn über seine Strickjacke. Seine Hände sind riesig. »Wie ist das passiert?«, fragt er Violet und mich, ohne sich zu uns umzudrehen.

»Er wurde von ein paar anderen Jungen hinter einem Restaurant verprügelt«, erklärt Violet.

»Debbie’s«, sagt McQuillen.

»Sie kennen das Lokal.«

»Es ist das einzige Restaurant in Ford, das noch geöffnet hat. Obwohl man in der Bar vermutlich auch was zu essen bekommt.« Zu Dylan gewandt, sagt er: »Geh ins Behandlungszimmer. Unterm Tisch liegen Kittel.«

»Er hat gesagt, Sie haben einen Computertomograph«, melde ich mich zu Wort.

McQuillen sieht uns zum ersten Mal an. »Wer sind Sie?«

»Lionel Azimuth. Ich bin Arzt. Das ist meine Mitarbeiterin Violet Hurst.«

»Auch Ärztin?«

»Nein«, sagt Violet.

»Krankenschwester?«

»Nein«, sagt sie.

»Zu schade. Wir könnten hier nämlich eine gebrauchen. Sie sind hoffentlich keine Pharmavertreterin.«

»Nein, ich bin Paläontologin.«

»Na ja, das ist immerhin nützlicher als eine Pharmavertreterin.«

»Das muss ich unbedingt meinen Eltern erzählen.«

»Das gefällt mir.« Und zu mir sagt er: »Ich habe einen Computertomograph, einen Einzelschicht-CT, gebraucht gekauft mit einem staatlichen Zuschuss, den ich inzwischen zurückgezahlt habe. Danke, dass Sie Dylan hergebracht haben. Gute Nacht.«

Ich halte ihm Dylans Zahn als Friedensangebot hin. »Haben Sie was dagegen, wenn wir bleiben?«

McQuillen nimmt den Zahn und zuckt mit den Schultern. »Ganz im Gegenteil. Aber Ihre reizende ›Mitarbeiterin‹ muss leider im Wartezimmer Platz nehmen.«

 

»Folge mit dem Blick bitte meinem Finger, Dylan.« Dr. McQuillen steckt seine Stiftlampe in die Tasche seines weißen Kittels und zieht eine Stimmgabel hervor, mit der er auf den Tisch klopft. »Hörst du das?«

»Ja.«

»Ist das lauter?« Er drückt den Griff an Dylans Stirn und lässt die Gabel dann zu seinem Ohr gleiten. »Oder das?«

»Das«, antwortet Dylan. Dylan in seiner Unterwäsche und einem Kittel, der am Rücken offen ist. Während er die Füße vom Tisch baumeln lässt, sieht er aus wie ein Kind, das irgendwie in einen Boxkampf geraten ist, mit McQuillen und mir als Betreuer. Mit feuchtem Mull und einer Schere versuche ich, das blutverklebte Haar an seinem Hinterkopf auseinanderzuzupfen.

»Siehst du den Punkt da drüben? Konzentrier dich darauf«, sagt McQuillen. »Wie viel ist vierzehn mal vierzehn?«

»Äh …«

McQuillen zieht Dylans gebrochene Nase von seinem Gesicht weg, biegt daran herum und lässt sie wieder einschnappen.

»Au, Scheiße!«, schreit Dylan. Währenddessen drückt ihm McQuillen den Zahn wieder in den Kiefer und hält ihm dann den Mund zu.[26]

Dylan brummt vor Schmerz.

»Mal ein paar Minuten geschlossen halten. Der Zahn muss sich wieder festsetzen.« McQuillen steckt sich die Hörmuscheln seines Stethoskops in die Ohren. »Scht. Ich muss etwas hören können.« Er drückt das Stethoskop auf Dylans Rücken und hört ihm dann Brust und Bauch ab. Benutzt den Schalltrichter des Stethoskops als Reflexhammer an Dylans Armen und Beinen.

Es macht Spaß, ihm zuzuschauen. Dabei fragt man sich, ob man je etwas so gut beherrschen wird.

McQuillen bohrt den Finger in Dylans Nieren und seine Wirbelsäule. »Du musst an zwei, drei Stellen genäht werden und zur Beobachtung hierbleiben. Ansonsten hast du echt Glück gehabt.« Er kneift Dylan so fest in den Arm, dass der Junge aufschreit.

»Was ist mit der Computertomographie?«, frage ich.

»Was soll damit sein?«, sagt McQuillen.

»Wollen Sie eine durchführen?«

»Dafür sehe ich keinen Grund. Sein Kiefer und beide Jochbögen sind unversehrt – zumindest so weit, dass kein chirurgischer Eingriff in Betracht kommt. Es gibt keine Anzeichen für eine LeFort-Fraktur oder eine Fraktur des Suborbitalknochens. Wir haben ihn auf Kallmann-Syndrom untersucht. Offenbar läuft keine Rückenmarksflüssigkeit aus, das heißt, es dürfte keine Gehirnoperation erforderlich sein. Und was die Hämatome betrifft, so hat dieser Bursche einen ziemlich harten Schädel.« Zu Dylan gewandt, fragt er: »Was tut dir im Moment am meisten weh?«

»Meine Nase«, presst Dylan zwischen den Zähnen hervor.

»Sehen Sie? Wir müssen ihn auf eine Nierenverletzung untersuchen, aber ich habe ein ausgezeichnetes Mikroskop. Man kann jede Menge über einen Patienten sagen, ohne ihn irgendwelchen Strahlen auszusetzen. Im neunzehnten Jahrhundert haben Gynäkologen noch blind operiert.«

»Der Behandlungsstandard dürfte sich seither verändert haben.«

McQuillen lächelt. »Klugscheißer sind einfach unbeliebt, Doktor.«

»Das stimmt, Lionel«, presst Dylan zwischen den Zähnen hervor.

»Und was dich betrifft«, sagt McQuillen, »wenn du weiter Meth rauchst, wirst du nicht mehr lange ein Klugscheißer sein, sondern erst dumm und dann tot.«

»Ich rauche das Zeug nicht.«

»Wirst du aber. Dann wirst du’s dir injizieren. Bevor du gehst, gebe ich dir ein paar saubere Spritzen. Damit du dir nicht auch noch Hep C holst, während du dich mit Methamphetamin umbringst. Ich bin achtundsiebzig und würde es begrüßen, wenn du mich überlebst.«

Dylan verdreht die Augen.

»Und wie steht’s mit einer Halswirbelverletzung?«, frage ich.

»Da mache ich mir keine Sorgen«, sagt McQuillen in der Kurzfassung einer viel längeren Diskussion, die wir danach führen.

»Aber Sie machen doch zumindest eine Röntgenübersicht.«

»Das würde ich doch bloß Ihretwegen tun. Hatten Sie in Ihrer Jugend keine Balgereien?«

»Nicht wirklich.«

»Das überrascht mich nicht. Die Menschen verhalten sich heutzutage nicht mehr wie körperliche Wesen. Wissen Sie, wie hoch bei schweren Kopfverletzungen die Wahrscheinlichkeit einer Subarachnoidalblutung ist?«

»Nein.«

»Fünf bis zehn Prozent. Bei schweren Kopfverletzungen. Und eine schnell entstehende Subduralblutung macht sich in den nächsten zwei Stunden bemerkbar. Eine langsam entstehende ist auf CT sowieso noch nicht zu sehen.«

»Und was ist, wenn die Symptome auftreten, während er hier ist? Was wollen Sie dann tun, ihm ein Loch in den Kopf bohren?«

»Ja, genau«, sagt er. »Keine Sorge, Dylan. Dazu wird es nicht kommen. Doktor, Sie sollten sich auch keine Sorgen machen. Wenn es einen Vorteil hat, in dieser Gegend zu praktizieren, dann den, dass man gewöhnlich nicht verklagt wird.«

Ich blicke Dylan ins Gesicht. »Dylan, Dr. McQuillen hält es für richtig, dass du hierbleibst, aber ich gebe dir den Rat, mit mir zur Notaufnahme in Ely zu kommen.«

Darauf sagt Dylan mit immer noch zusammengebissenen Zähnen: »Mann, ich glaube, das haben Sie unmissverständlich klargemacht.«

»Gut«, sagt McQuillen. »Mr Arntz, der schon ungefähr neun Monate vor seiner Geburt mein Patient war, hat sich entschieden, es vorläufig dabei zu belassen.« Zu Dylan gewandt, fügt er hinzu: »All das fußt natürlich auf deiner Bereitschaft, zur Beobachtung hierzubleiben. Meinst du, du hältst es zwei Stunden ohne Meth aus?«

»Ich hab mir nur ein einziges Mal Meth reingezogen«, erwidert Dylan.

»Was ist aus dem zweiten Mal geworden?«, frage ich.

»Vielen Dank, Lionel«, sagt Dylan. »Aber ich werde eine Zigarette brauchen.«

»Auch darauf musst du verzichten«, erklärt McQuillen. »Abgemacht?«

»Ja«, sagt Dylan.

»Wären Sie so nett, ihn zu nähen, während ich seinen Harn untersuche?«, fragt mich McQuillen. »Mikroskopie stand bei Ihrem Medizinstudium vermutlich nicht oft auf dem Lehrplan.«

Er hat richtig vermutet. »Klar.«

»Dylan, du weißt, wo die Toilette ist. Urinbecher stehen im Medizinschrank.«

»Wo ist der Bohrer?«, frage ich. »Für den Fall, dass wir während Ihrer Abwesenheit einen brauchen.«

»Zweite Schublade von unten. Ein Black und Decker. War nur Spaß, Dylan!« Im Vorbeigehen raunt McQuillen mir zu: »Auch wenn’s stimmt.«

 

»Mann, der hat’s Ihnen aber gezeigt«, sagt Dylan, immer noch, ohne den Mund aufzumachen. Ich nähe ihm gerade die Stirn und halte den Hautlappen mit einer Pinzette fest.

»Sag das noch mal, wenn wir durch deine Schädeldecke bohren.«

»Mann, Sie sind ein echt krasser Arzt.«

»Hm hmm.« So krass, dass ich drauf und dran bin, ihn über den White Lake auszuquetschen. Bevor ich darüber nachdenken kann, wie schäbig das ist, frage ich: »Wenn der See, an dem wir vorbeigekommen sind, nicht der White Lake war, wo ist er dann?«

»Nicht hier in der Nähe.«

»Ich dachte, Ford wäre der nächstgelegene Ort.«

»Das stimmt. Aber der White Lake liegt draußen in den Boundary Waters.«

»Wo in den Boundary Waters?«

»Weit draußen. Mindestens ein paar Tage entfernt. Hängt davon ab, wie schnell Sie paddeln können.«

»Und was hat es damit auf sich?«

»Wie meinen Sie das?«

»Violet und ich überlegen hinzufahren.«

»Tun Sie’s nicht.«

»Warum nicht?«

»Weil der See ätzend ist.«

»Inwiefern?«

Vermutlich habe ich mit etwas zu großem Interesse gefragt. Er verstummt.

»Dylan?«

»Keine Ahnung. Vergessen Sie, dass ich was gesagt habe.«

»Du hast nichts gesagt.«

Er zappelt herum, und ich muss aufhören zu nähen.

»Was ist?«, frage ich.

»Mann, wenn Sie ein Cop sind, könnten wir dann mit dem Nähen warten, bis der richtige Arzt zurückkommt?«

»Ich bin kein Cop.«

»Mann, ich weiß nichts über diese Sache.«

»Welche Sache?«

»Die Leute, die umgekommen sind. Das wollen Sie doch hören, stimmt’s?«

»Die Leute, die umgekommen sind? Wovon redest du da?«

»Sie haben doch davon angefangen.«

»Nicht von Leuten, die umgekommen sind.«

Ich trete einen Schritt zurück, um ihm ins Gesicht zu schauen, doch er weicht meinem Blick aus.

»Ich hab sie nicht gekannt. Sie waren älter als ich«, sagt er.

»Was ist passiert?«

»Echt jetzt, Mann. Ich weiß es nicht.«

»Was könnte passiert sein?«

»Sie wurden gefressen. Okay?«

»Sie wurden gefressen

»So was machen Tiere mit ihren Zähnen.«

»Danke für die Erklärung. Wovon wurden sie gefressen?«

Bevor er es mir erzählen – oder sich herausreden – kann, steht McQuillen in der Tür und unterbricht unser Gespräch. »Doktor, kann ich Sie kurz unter vier Augen sprechen, wenn Sie mit dem Nähen fertig sind?«

 

McQuillens Ton lässt befürchten, er könnte irgendwas in Dylans Urin gefunden haben. Doch als wir uns in dem Behandlungszimmer auf der anderen Seite des Flurs befinden – es ist leer, nicht mal ein Untersuchungstisch – stellt sich heraus, dass er bloß wütend ist. »Doktor, wenn Sie sich schon wie ein Trottel aufführen wollen, würde ich es begrüßen, wenn Sie das nicht vor meinen Patienten tun.«

Ich bin erleichtert und gleichzeitig verlegen.

»Sie haben Dylan nach einem Ungeheuer im White Lake gefragt«, sagt er.

»Irgendwie schon, ja.«

»Warum?«

»Ich hab gehört, dass es da eins gibt. Und Dylan hat es bestätigt.«

»Von wem haben Sie das gehört?«

»Einem Mann namens Reggie Trager.«

»Unter welchen Umständen?«

Ich sehe keine Veranlassung, warum ich lügen soll. »Er hat dem Mann, für den ich rausfinden soll, ob das Ungeheuer echt ist, eine DVD darüber geschickt.«

McQuillen sackt gegen den Türrahmen. »Ach du lieber Himmel. Nicht schon wieder.«

»Wie meinen Sie das?«

»Und diesmal macht es Reggie Trager öffentlich?«

»Er veranstaltet eine Tour für reiche Leute, die das Ungeheuer sehen wollen. Was meinen Sie mit ›Nicht schon wieder‹? Ist das schon mal passiert?«

McQuillen blinzelt und verzieht frustriert das Gesicht. »Vor ein paar Jahren haben in Ford einige Leute versucht, einen Schwindel um ein Ungeheuer aufzuziehen. Keine Entdeckungstour, soweit ich weiß, nur das Gerücht, dass es ein Ungeheuer gäbe. Sie entschieden sich für den White Lake, weil er schwer zu erreichen und auf keiner Karte eingezeichnet ist. Das einzig Intelligente an ihrem Plan.«

»Und was sollte das Ganze?«

»Ford ist ein Bergwerksort. 2006 hat Norville Rogers Ford der Neunte, oder der wievielte auch immer, das Bergwerk verkauft, um in Nordflorida Grundstücke zu erwerben. Die Firma, die es ihm abgekauft hat, hat es sofort geschlossen – sie betrachtete es nur als Absicherung für den Fall, dass Eisen mit hohem Hämatitanteil je wieder einen hohen Preis erzielen würde. Doch das wird nicht passieren. Die Chinesen sieben das Erz inzwischen schon aus dem verdreckten Boden. Sie werden niemanden in Minnesota dafür bezahlen, dass er nach reinem Material gräbt.

Ford bleibt nur noch seine Lage am Rand der Boundary Waters. Man darf nicht mehr direkt am Wasser bauen – Reggies Haus ist von der Neuregelung nicht betroffen –, aber man könnte wahrscheinlich die Baugenehmigung für das Eisenwerk übertragen. Und selbst wenn nicht, es steht jede Menge Platz zur Verfügung. Tourismus ist für den Ort die einzige Hoffnung. Ein paar Leute dachten, dass es sich lohnte, dafür zu lügen.«

»Und Reggie war einer dieser Leute?«

»Davon habe ich nie gehört, obwohl fast die ganze Stadt auf die eine oder andere Art an der Sache beteiligt war. Jedenfalls hab ich noch nie gehört, dass Reggie eine Entdeckungstour zum White Lake durchführen will. Das hätte ich mir gemerkt. Ich habe diesen Jungen noch nie in einem Kanu gesehen.«

»Und was ist passiert? Warum wurde nichts aus dem Schwindel?«

»Eine Menge Idioten haben sich viel Mühe gegeben, um die Sache anzuleiern. Aber kurz bevor sie die Welt von dem Ungeheuer unterrichten wollten, kamen auf dem White Lake zwei Jugendliche bei einem Bootsunfall ums Leben. Ich weiß nicht, ob sie das als Strafe Gottes betrachteten oder es bloß äußerst geschmacklos fanden, in diesem Moment mit dem Schwindel um ein Ungeheuer loszulegen, aber es lief darauf hinaus, dass sie zur Vernunft kamen und das Projekt aufschoben.«

»Reggie hat einen unvollendeten Dokumentarfilm über das Ungeheuer. Das sogenannte Dr.-McQuillen-Band …«

McQuillen schüttelt den Kopf. »Natürlich gibt es das. Wenn Sie’s gesehen haben, dann ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass darauf ein Hecht einen Seetaucher frisst. Nicht mal ein besonders großer Hecht. Das Video habe ich aufgenommen. Aber ich hab diesen Idioten bestimmt nicht erlaubt, das Band zu benutzen, und schon gar nicht, meinen Namen da mit reinzuziehen.«

»Da kommt auch ein Mann vor …«

»… der behauptet, ein Ungeheuer hätte ihm das Bein abgebissen. Ja, das habe ich auch gesehen. Der Dokumentarfilm wurde für den Schwindel vor zwei Jahren gedreht. Wahrscheinlich hat Reggie gar nichts Neues hinzugefügt.«

»Und … was ist mit diesem Mann?«

»Mit dem Bein? Wenn Sie ihm seine Geschichte glauben, sollten Sie sie vielleicht fürs New England Journal of Medicine aufschreiben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es etwas ganz Neues wäre.«

»Kennen Sie den Mann?«

»Wenn das zuträfe und er mein Patient wäre, würde ich nicht über ihn tratschen. Aber ich will Ihnen etwas sagen: Ich habe noch niemanden wegen einer Bisswunde von einem Seeungeheuer behandelt. Vielleicht kann ich Ihnen jetzt eine Frage stellen. Warum zum Teufel will ein Mann, der sich als Wissenschaftler bezeichnet, an einer Entdeckungstour teilnehmen, um ein Fabelwesen zu sehen? Schon gut, ich sehe, Sie haben keine überzeugende Antwort. Warum zum Teufel bestärkt er Dylan Arntz in seinen Hirngespinsten darüber, was seinen Freunden da draußen vor zwei Jahren zugestoßen ist?«

Als hätte ich darauf eine überzeugende Antwort.

McQuillen sagt: »Es wäre sehr nett, wenn Sie das unterlassen könnten. Ich habe ein Telefon, das ich manchmal abhebe. Sollten Sie noch mehr lächerliche Fragen haben, rufen Sie mich bitte nicht an. Falls Sie dem Drang jedoch nicht widerstehen können, werde ich mein Bestes tun, sie zu beantworten. Aber jetzt bringe ich Sie erst mal raus. Mit Mr Arntz werde ich auch allein fertig.«

 

»Dylan, der Gastarzt geht jetzt«, sagt Dr. McQuillen, als er mich am Behandlungszimmer vorbeiführt.

»Tschüss, Mann«, stößt Dylan zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Mach’s gut, Dylan«, sage ich. Und zu McQuillen gewandt: »Was ist mit seinem Urin?«

»Kein Befund.«

Im Wartezimmer bleiben wir unvermittelt stehen.

Abgesehen von einer Lampe am Empfang brennt kein Licht mehr.

Violet ist verschwunden.