Eintracht

Ray betrat die Tankstelle rund zehn Minuten später. Scott und Phil saßen in der Nähe von Chris und frühstückten. Phil nickte Ray freundlich zu, als dieser sich zu ihnen setzte.

   „Guten Morgen, Captain. Ausgeschlafen?“

   Rays Schädel fühlte sich an, als würde er gleich in tausend Stücke zerplatzen.  „Morgen Phil. Danke, mir geht’s bestens. Wo sind die Kinder?“

   „Sie spielen mit Watson hinten im Laden. Möchtest du etwas essen? Wir haben noch reichlich Sandwiches.“

   Ray widerstand dem Drang auf den Boden zu kotzen. Er wunderte sich über Phils freundliches Verhalten. Entweder hatte Scott ihm nichts von seinem nächtlichen Aussetzer erzählt, oder er ließ es sich nicht anmerken. „Ein Kaffee wäre toll.“

   „Kommt sofort“, sagte Phil und betätigte den Kaffeeautomaten.

   Ray nahm den Becher entgegen und trank vorsichtig einen Schluck. Schwerfällig ordnete er seine Gedanken. Besorgt blickte er auf Chris.

   „Wie weit ist es noch bis Fort Benning?“

   „In rund zwei Stunden müssten wir da sein“, sagte Scott. „Wir tanken gleich den Van und nehmen noch Proviant mit.“

   „Und Watson“, ergänzte Phil.

   „Meint ihr wirklich, dass es eine gute Idee ist, uns einen Hund ans Bein zu binden?“, fragte Ray.

   „Ich kann ihn nicht einfach so zurücklassen“, sagte Scott. „Außerdem habe ich das Gefühl, dass er einen guten Wachhund abgeben könnte“, fügte er mit einem durchdringenden Blick an Ray hinzu.

   Ray verstand den Wink mit dem Zaunpfahl. Also hatte Scott dichtgehalten und die Episode von vergangener Nacht für sich behalten. „Okay. Solange du dich um ihn kümmerst“, sagte Ray.

   In diesem Moment stürmten Fiona und Robbie mit dem Hund durch den Laden in die Tankstelle herein. „Daddy, er kann sogar Stöckchen holen!“, rief Fiona und warf wie zum Beweis einen kleinen Holzstock von sich. Watson sprintete zielstrebig hinterher, holte den Stock und legte ihn ihr vor die Füße. Stolz kraulte sie Watson hinter dem Ohr.

   „Ich glaube, Watson wird immer jemanden haben, der sich um ihn kümmert“, grinste Scott.

 

Der VW war aufgetankt, beladen mit Vorräten im Kofferraum und Chris auf der Rückbank. Die Kinder saßen bereits hinten im Wagen bei ihm. Phil und Ray lehnten an der Seite des Vans, während sie auf Scott warteten. Nach einigen Minuten kam er mit Watson an der Leine aus dem Laden. Dann geschah es.

   Wie aus dem Nichts schlug Chris die Augen auf und gab ein lautes Stöhnen von sich. Die Kinder erschraken.
   „Daddy!“, rief Fiona.

   Phil und Ray eilten zu Chris. Als sich sein Blick klärte, versuchte er sich zu erheben, hielt aber sofort inne und ließ sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Rückbank zurückgleiten. „Wo bin ich?“

   „In Sicherheit. Wie fühlst du dich?“, fragte Ray mit besorgter Miene.

   Chris Atem ging pfeifend. Dennoch lächelte er Ray an.

   „Als hätte mich ein Pferd getreten. Ich fühl mich irgendwo zwischen beschissen und richtig beschissen“, antwortete er leise. „Du selbst bist aber auch ziemlich blass um die Nase.“

   Ray schmunzelte. „Das ist eine lange Geschichte. Sei tapfer, wir besorgen dir bald Hilfe. Wenn alles glatt geht, erreichen wir heute Fort Benning. Die haben bestimmt Ärzte dort.“

   „Das wäre gut. Ich bekomme kaum Luft und irgendwas stimmt mit meinen Rippen nicht. Das fühlt sich alles ziemlich komisch an, Ray.“

   „Das glaube ich dir, mein Freund. Als ich dich habe fallen sehen dachte ich erst, du brichst dir den Hals.“

   „Ich habe unglaublichen Durst.“

   „Warte.“ Ray holte eine Wasserflasche aus dem Kofferraum und reichte sie Chris. „Mach langsam, sonst kotzt du alles gleich wieder aus.“ Scott war mittlerweile mit Watson am Wagen angekommen und stellte sich zu den anderen.

   „Wie geht es ihm?“, fragte Scott besorgt.

   „Er ist ein zäher Bursche.“ Ray zwang sich zu dem Lächeln, das er Chris und Scott zeigte. Er wusste, dass Chris schnellstmöglich ärztliche Versorgung benötigte.

  Mit kleinen Schlücken trank Chris das Wasser. „Danke“, flüsterte er schließlich.

   „Versuch dich weiter auszuruhen“, sagte Ray. Wir brechen gleich auf. Wir müssen nur noch…“

   Der Rest des Satzes ging in einem markerschütternden Gebrüll unter. Die Kinder schrien. Watson jaulte und sprang in den offenen Wagen. Bevor die Gruppe realisiert hatte, was genau geschah, ertönte ein weiterer bestialischer Urschrei von der Straße her. Als sie sich umdrehten, trauten sie ihren Augen kaum: Während sie damit beschäftigt waren, sich um Chris zu kümmern, hatte sich ihnen, in ihrem Rücken, ein Zombie genähert. Er war ungefähr 1,90 Meter groß, hatte einen massiven Brustkorb und seine muskulösen Arme seitlich am Körper ausgestreckt, so als wollte er einen Angriff signalisieren. Er trug die Reste einer Hose. Das Fleisch seiner Muskeln war nicht welk wie bei den übrigen Untoten, sondern sah straff und fest aus. Seine Haut hatte eine graue bis bräunliche Färbung, die ein wenig an Rost erinnerte. Das Bemerkenswerteste waren allerdings seine Narben und Wunden, die kreuz und quer über seine Brust und den restlichen Körper verliefen. Er schien bereits mehrere Male attackiert und verletzt worden zu sein. Einige Narben sahen aus wie alte abgeheilte Peitschenhiebe, die wulstige Gewebestränge bildeten. Andere Wunden waren frischer. Schnitte und sogar Löcher, aus denen eine trübe Flüssigkeit triefte. 

   Scott, Phil und Ray blickten ihn wie erstarrt an.

   „Was in den sieben Höllen…?“ fragte Phil aufgeregt.   

    Ray wusste, dass sie schnell handeln mussten. „Los, ins Auto!“, zischte er. Phil kroch zu Chris und seinen Kindern, die vor Angst weinten. Ray kletterte über die Beifahrerseite hinters Steuer, Scott nahm neben ihm Platz. Ohne zu zögern startete Ray den Motor und fuhr eine Rechtskurve um die Tanksäule. „Was hast du vor?“, fragte Scott hektisch.

   Anstatt zu antworten drückte Ray das Gaspedal bis zum Anschlag durch. „FESTHALTEN!“

   Ihr Gegner hatte sich noch nicht gerührt. Er spannte seine Nackenmuskeln an und nahm den Kopf nach vorne. Dann rannte er los, geradewegs auf den Wagen zu. Er rannte. Und er war schnell.

   Die nächste Szene verging für alle wie in Zeitlupe. Als ihr Widersacher noch fünf Meter entfernt war, spannte er den Körper an, nahm die Arme vor den Brustkorb und sprang ab.
   Der VW rammte den Zombie frontal. Das Monster kollidierte bei einer Geschwindigkeit von etwa sechzig Meilen mit dem Kühlergrill und hinterließ eine tiefe Delle. Der Aufprall war hart. Die Treibladungen der Airbags lösten mit einer lauten Explosion aus. Ray und Scott wurden in die weichen Kissen geschleudert und federten von dort wieder in den Sitz. Der VW rollte noch einige Meter nach rechts aus.
   Die Bestie wurde ihrerseits einige Meter nach hinten geschleudert, schlug hart auf der asphaltierten Straße auf und rutschte noch ein Stück weiter, bis sie reglos im Straßengraben liegen blieb.

  Ray und Scott wollten sicher gehen, dass die Kollision ihre Wirkung getan hatte. Ray hielt an. „Sind alle in Ordnung?“, fragte Scott. Von der Rückbank sah er nur benommenes Nicken.

    „Geben wir ihm den Rest“, sagte Ray. Scott schüttelte sich und nickte. „Jawohl, Captain.“

   Nachdem sich die beiden an den Airbags vorbeigekämpft hatten, öffneten sie die Türen und stiegen aus. Sie näherten sich dem Biest mit ihren gezogenen Waffen. Als sie die Kreatur erreichten, bewegte sich diese wieder. Scott schaute Ray an. „Wie kann der Pisser das überlebt haben?“

   Ray schüttelte den Kopf. „Mir egal. Das hier wird er nicht überleben.“ Ray hatte seine Machete mit beiden Händen über den Kopf erhoben. Er ließ die Klinge niedersausen, um dem Mistvieh den Schädel zu spalten, doch plötzlich schoss dessen Hand nach oben. Der Schlag fand ein jähes Ende, denn der Zombie hielt Rays Hände fest umschlossen. Er zog Ray näher an sich heran und brüllte so laut, das Ray’s Haare vom Luftzug zerzausten und er die Augen schließen musste.

„SCOTT!“ schrie Ray.

   Scott hatte seinerseits die Axt schlagbereit und ließ sie in Richtung des Zombiekopfes heruntersausen. Ebenfalls ohne Erfolg. Ihr Gegner hatte Ray losgelassen und diesen gegen Scott gestoßen. Während die beiden mit ihrem Gleichgewicht kämpften, hatte er sich nach rechts abgerollt und war wieder auf die Beine gekommen. Nun stand er ihnen direkt gegenüber.

   Scott merkte, wie er innerlich brodelte. Er umschloss den Griff seiner Axt so stark, dass die Knöchel weiß hervor traten.

   „So nicht, du mieser Bastard“, presste er hervor. Scott holte mit seiner Axt zu einem seitlich geführten Schlag aus und trieb sie dem Untoten in die Rippengegend, wo sie sich verkeilte und stecken blieb. Scott hatte erwartet, dass dieser Hieb ihren Gegner fast halbieren würde, aber er irrte sich. Der Schlag drang lediglich ein kleines Stück in dessen Körper ein. Der Untote taumelte zwei Meter zurück und blickte unter Schmerzensschreien auf die in seiner Seite steckenden Axt. Er griff an den Stiel, zog die Axt mit einem Ruck aus seinem Körper und ließ sie auf den Boden fallen.
   „Er…, er scheint eine Art Panzerung zu haben. Irgendwas stimmt mit seinen Knochen nicht“ meinte Ray. „Wir sollten…“

   „RAY! SCOTT! HILFE!“ Phil schrie hysterisch aus dem VW heraus. Als Ray und Scott sich umdrehten, erkannten sie den Grund dafür: Aus der Richtung, aus der das Ungetüm gekommen war, näherte sich ihnen eine Gruppe von mindestens zwanzig weiteren Untoten. Anscheinend waren diese langsameren Exemplare dem außergewöhnlichen Zombie gefolgt, wie damals die Horde dem Springer an Chris‘ Haus. Während Scott immer noch auf die Horde starrte, passierte es. Scott war so gebannt von der neuen Gefahr, dass er ihren Gegner aus den Augen ließ.

   Ray sah das Unheil kommen, war allerdings zu langsam, um noch zu reagieren. Mit einem wuchtigen Faustschlag erwischte die Bestie Scott am Rücken, so dass er zur Seite geschleudert wurde und einige Meter entfernt krachend auf der Erde landete.

   Ray hieb erneut mit seiner Klinge nach dem Kopf des Zombies, abermals ohne Erfolg. Seine Klinge hinterließ eine Schnittwunde am Kopf, drang jedoch nicht weit genug ein, um wirklich Schaden anzurichten. Als würde der Untote seine Überlegenheit erkennen, stieß er einen schrillen Triumphschrei aus, der die Zombiegruppe auf der anderen Seite in wilde Aufregung versetzte. Er machte einen Schritt auf Ray zu und warf ihn mit einer fast beiläufig wirkenden Bewegung zur Seite, so dass sich dieser  ebenfalls auf dem Rücken liegend wieder fand. Seine Machete wurde hierbei aus seiner Hand geschleudert und schlidderte einige Meter weg.

   Ray rang um Luft und versuchte verzweifelt wieder auf die Beine zu kommen. Doch er wusste, dass es zu spät war. Scott lag benommen auf dem Bauch, er selbst hier auf dem Rücken. Beide hatten sie ihre Waffen verloren, aber anscheinend waren diese gegen diesen Alphazombie sowieso nutzlos. Von der Rückseite des VWs näherte sich unaufhaltsam die angelockte Armee von Untoten. Der Panzerhautzombie steuerte geradewegs auf seine Beute im Wagen zu. Niemand dort drinnen würde den Hauch einer Chance haben. Keiner hatte Hoffnung zu entkommen. Watson bellte aufgeregt im Inneren. Angesichts der verzweifelten Lage schickte Ray ein Stoßgebet in den Himmel. Gott, wenn es dich gibt, dann schick uns ein Zeichen. Ich schwöre, ich werde mich nie wieder wie ein Arschloch verhalten, wenn wir das hier überstehen. Es kam keine Antwort.

   Der Zombie hatte das Auto erreicht. Er riss mit einer solchen Gewalt an der Seitentür, dass die Scharniere brachen. Er warf die Tür mit einem lauten Scheppern zur Seite. Der Lärm, der die Luft erfüllte, war unerträglich. Eine Mischung aus Hundegebell, Kinderschreien und Zombiegekreische drang in Rays Ohren. Im Augenwinkel sah er, wie Scott langsam zu sich kam. Gerade rechtzeitig, um miterleben zu können, wie ihm die momentan wichtigsten Menschen auf der Welt genommen werden würden. Ray schloss die Augen.

   Wie ein Donnergrollen zerriss der Knall eines Schusses die Szenerie. Der Schuss traf die Bestie im Nacken. Der riesige Untote taumelte zur Seite und stieß einen bestialischen Schrei aus. Seine Haut schien Klingen weitestgehend abzuwehren, allerdings hatte er panzerbrechenden Kugeln wenig entgegen zu setzen. Weitere Schüsse folgten. Mit jedem Einschlag platzte die Haut auf und der Zombie zuckte zusammen, bis er schließlich nach einem Treffer am Kopf neben dem Wagen zu Boden ging. Irritiert blickte sich Ray um. Von Norden her näherte sich in rasantem Tempo ein Militärjeep mit einem fest auf dem Dach montierten Maschinengewehr, an dem ein uniformierter Soldat stand und Salven auf die Untoten feuerte. Als der Jeep an Ray vorbeifuhr, konnte er zwei weitere Soldaten im Fahrerhaus erkennen. War das die göttliche Hilfe, um die er gebeten hatte?

   Die Soldaten drosselten das Tempo ein wenig und fuhren einen Bogen um den VW, genau in Richtung der Zombieherde. Jetzt ließ der Soldat am MG einen Kugelhagel auf die anderen Untoten niederregnen. Diese führten, von den Patronen zerfetzt, einen irrwitzigen Tanz auf und gingen dann nach und nach zu Boden. Der Soldat schoss bis kein Zombie mehr stand. Als er das Feuer einstellte, glühte das Rohr des Maschinengewehrs dunkelrot. Der Schütze öffnete den Verschluss und nahm das Rohr mit behandschuhten Händen heraus, damit es abkühlen konnte.

   Ray und Scott hatten sich mittlerweile aufgerafft und taumelten in Richtung des Wagens. Ray warf Scott einen kurzen Blick zu, den dieser eindeutig verstand. Vorsicht. Auch wenn sie uns geholfen haben, wissen wir nicht mit wem wir es zu tun haben.

   Phil und die Kinder stiegen mit Watson aus dem Wagen.

   „Geht es euch gut?“, fragte Ray.

   „Uns ist nichts passiert“, sagte Phil. „Das war Rettung in letzter Sekunde.“ Wie um ihm zuzustimmen, bellte Watson laut.

   Zwei der Soldaten waren mittlerweile ausgestiegen und kamen auf sie zu. Der Beifahrer des Wagens, ein ca. 1,85 Meter großer, blonder Mann, dessen Namensschild ihn als Corporal Brady auswies, streckte Ray die Hand hin. Der Fahrer des Wagens, ein Private Rickson, blieb kurz hinter ihm stehen. Der Schütze des Maschinengewehrs blieb im Fahrzeug und hantierte weiter an der heißen Waffe herum. „Das 50er ist heiß gelaufen, Sir. Wir müssen es abkühlen lassen.“

   Brady streckte seine Hand aus. „Corporal Thomas Brady, US Army.”

   „Captain Raymond Thompson, Pilot der Augusta Airline. Ich danke Ihnen und Ihren Leuten von Herzen, Corporal Brady. Wer auch immer Sie geschickt hat, er hatte ein verdammt gutes Timing. Sie hätten nicht eine Sekunde später kommen dürfen.“

   Brady lächelte und zeigte zwei Reihen makellos weiß glänzender Zähne. „Wir waren gerade auf unserer täglichen Runde unterwegs. Sie hatten Glück, Sir.“

   „Wenn man in der heutigen Zeit noch von Glück reden kann, haben Sie wohl Recht“, sagte Ray. „Wieso sprechen Sie von einer täglichen Runde?“ Ray konnte sich die Antwort denken, wollte es aber von dem Corporal selbst hören. Es gab keine andere logische Erklärung.

   „Wir sind eine Patrouille vom Militärstützpunkt Fort Benning. Wir fahren täglich in einem großen Umkreis um den Stützpunkt. Unter anderem um nach Überlebenden wie Ihnen und Ihren Leuten Ausschau zu halten. Als wir unsere Patrouille beendet hatten, haben wir uns auf den Weg nach Chestertown gemacht, um neue Vorräte und Medizin zu suchen. Dabei sind wir auf Ihre Gruppe gestoßen. Sind alle wohlauf?“

   Ray jubelte innerlich, versuchte aber, seine Euphorie in Grenzen zu halten. „Wir haben einen Verletzten, der einen ziemlich schlimmen Sturz hinter sich hat. Er liegt im Wagen.“ Ray deutete auf Chris, der mit nun wieder geschlossenen Augen auf der Rückbank lag.

   Brady nickte nur. „Fahren Sie die Straße noch rund achtzig Meilen weiter in diese Richtung, dann sind Sie in Fort Benning. Dort wird man sich um ihn kümmern. Wir haben noch einen Auftrag zu erledigen.“

   „Ich habe noch einige Fragen, Corporal…“

   „Das glaube ich Ihnen, Captain Thompson, aber damit werden Sie Geduld haben müssen. Wir haben unsere Vorschriften. Fahren Sie nach Fort Benning. Dort wird man Ihnen weiterhelfen.“

   Ray nickte knapp. Er wollte sein Glück an diesem Tag nicht überstrapazieren. Er ging zum VW, um nach Chris zu schauen und den Schaden zu begutachten.

   Auf dem Weg zum Fahrzeug ließ ein erneuter, urzeitlicher Schrei die beiden herumfahren. Der Alphazombie stand wieder aufrecht. In den Augen der Gruppe schien er fast unverwundbar, doch Ray erkannte eine sickernde Wunde seitlich am Kopf. Es war nur ein Streifschuss gewesen.

   „Corporal Brady!“, schrie er.

   Dieser hatte sich bereits umgedreht und sah den Zombie fassungslos an. So etwas hatte er noch nie gesehen. Ohne zu zögern, zog er seine Pistole aus dem Holster und eröffnete das Feuer. Seine Schüsse trafen die Bestie, richteten jedoch kaum Schaden an. Brady blickte zu seinem MG-Schützen.
   „Sanchez, knall das Scheißding ab“, bellte er.

   Sanchez hantierte hektisch an der Waffe. „Geht nicht, Sir. Das Rohr ist noch zu heiß, ich kann so nicht feuern!“ Noch während er dies sagte, nahm er sein Sturmgewehr und blickte zu Rickson, der seines ebenfalls bereits in den Händen hielt. Sanchez sprang vom Jeep und trat neben ihn. Die beiden bildeten eine Feuerlinie, indem sie abwechselnd fünf Schritte nach vorne gingen und Schüsse auf den Zombie abgaben. Vereinzelte Geschosse schlugen in die gepanzerte Haut des Zombies ein, verletzten ihn jedoch nur unwesentlich.

   Alle rechneten damit, dass die Kreatur sie erneut angreifen würde. Stattdessen drehte sich der Zombie um und lief los. Als der Untote sich von ihnen entfernte, brachte er den Wagen als Deckung zwischen sich und die Soldaten. Diese mussten ihr Feuer kurzfristig einstellen, um nicht Chris und die Kinder im Fahrzeug zu gefährden. Sie rannten mit erhobenen Waffen in Richtung des Wagens.

   Als sie hinter dem Fahrzeug angekommen waren, hatte der Zombie bereits eine bemerkenswerte Strecke zurückgelegt. Er rannte über eine nahe gelegene Weide auf das große Waldgebiet zu.

   Die Soldaten eröffneten erneut das Feuer. Ein Schuss traf das Biest im Schulterbereich und ließ es taumeln, doch es rannte ungehindert weiter. Als es von einer zweiten Kugel am rechten Arm getroffen wurde, rannte es plötzlich zickzack. Kurze Zeit später war es in den Bäumen verschwunden.

   „Ist das Ding gerade unseren Schüssen ausgewichen? Das gibt’s doch gar nicht!“ Brady kratzte sich am Kinn. Dann drehte er sich zu Ray.

   „Sie wissen, was Sie zu tun haben, Mister. Fahren Sie zum Stützpunkt. Wir nehmen die Verfolgung auf. Dieses Monster ist zu gefährlich, als dass wir es entkommen lassen dürfen.“

   „Ich verstehe, Corporal. Alles Gute. Danke für Ihre Hilfe und passen Sie auf sich auf. Wir sehen uns in Fort Benning wieder.“

   „Ihnen auch. Sie haben hier eine tapfere Gruppe. Kommen Sie gesund an“, rief Brady während er auf den Jeep zulief. Die Männer saßen auf und fuhren dem Alpha hinterher.

   Brady saß auf dem Beifahrersitz und starrte in den Wald hinein. Er hatte mit seinen Jungs schon einigen Kontakt zu den Untoten gehabt, aber so ein Exemplar sah er zum ersten Mal. Den werde ich mir genauer ansehen, wenn er erst einmal tot vor uns liegt, dachte er.