Der VW rauschte weiter in die Nacht hinein. Die paar Untoten, die das Pech hatten auf der Straße zu stehen, rammte Phil einfach mit dem Auto. Nach kurzer Zeit hatte die Gruppe die Siedlung erreicht, die Scott auf der Karte entdeckt hatte. Sie entdeckten tatsächlich eine Tankstelle am Straßenrand und rollten auf den Hof. Auf dem Gelände standen zwei Zapfsäulen für Benzin und Diesel. Daneben gab es einen kleinen Laden, in dem man einkaufen konnte. Scott setzte Robbie von seinem Schoß herunter, dessen Hintern mittlerweile eine Mulde in seiner Jeans hinterlassen hatte.
„Phil, bleib am Wagen und pass auf. Ich sehe mir das Gelände mal näher an.“
Scott und Phil stiegen aus und gingen zum Kofferraum. Scott nahm seine Axt heraus und Phil die Forke, die er von Chris‘ Haus mitgenommen hatte. Ray machte nicht einmal Anstalten sich zu bewegen, geschweige denn den beiden zu helfen. Scott ging auf den Laden zu und versuchte durch die Glasscheibe zu spähen. Drinnen war es stockfinster. Er sah nichts und er konnte auch nichts hören. Glück gehabt.
Auf einmal schoss eine menschliche Hand vom Fußboden nach oben und schlug aus dem Inneren fest an die Scheibe. Scott stolperte mehrere Schritte rückwärts, so sehr erschrak er. Er landete unsanft auf dem Gesäß und ließ die Axt zu Boden fallen. Die Hand rutschte derweil an der Scheibe wieder nach unten und hinterließ dabei eine bräunliche Verfärbung.
„Verdammte Scheiße“, fauchte Scott. „Das Scheißviech hat mich zu Tode erschreckt.“ Er stand auf, nahm seine Axt und klopfte sich den Staub aus der Hose. Dann drehte er sich zu Phil um.
„Achte darauf, dass keiner von denen den Ladenbereich verlässt. Ich gehe einmal um das Gebäude und dann hinein.“
„Geht klar“, bestätigte Phil.
Scott ging an der rechten Tankstellenseite vorbei. Nach einigen Metern erreichte er die Ecke des Gebäudes. Er trat an die Ecke heran und warf einen schnellen Blick zur hinteren Gebäudeseite. Das Haus hatte einen Hinterhof. Auf diesem stand ein alter Traktor und es lagerten dort bergeweise Schrott und Metallreste. Hinter einem der Metallhaufen hörte Scott ein jämmerliches Winseln und noch ein anderes Geräusch, das sich wie das Klappern eines aufziehbaren Gebisses anhörte. Er packte die Axt fester und trat auf den Metallhaufen zu. Unsicher was ihn dahinter erwarten würde, sprang Scott an dem Haufen vorbei.
Dort stand ein großer Gitterzwinger, in dem ein junger Rottweiler lag. Er sah Scott aus seinen großen schwarzen Augen an und knurrte in dessen Richtung, war aber offensichtlich zu schwach, um sich richtig zu bewegen. Sein Körper war bereits ziemlich ausgemergelt und Scott konnte nur erahnen, wann der arme Hund das letzte Mal Wasser oder Futter bekommen haben musste. Vor dem Zwinger stand ein Untoter. Er trug die Reste eines blauen Overalls und schien zu Lebzeiten zu dieser Tankstelle zu gehören. Der linke Arm des Untoten war übel verdreht. Das rechte und das linke Bein hatten eine Schrotgarbe abbekommen. Der Unterkiefer des Zombies hing nur noch an einem schmalen Fleischfetzen. Beißen konnte dieser hier jedenfalls nicht mehr. Scott blickte mitleidiger auf das Tier als auf den Zombie. Er wusste, dass für den sowieso jedwede Hilfe zu spät kam.
Du musst ja eine Heidenangst haben, mein Kleiner.
Der Zombie riss mit seinem unverletzten Arm am Zwinger, um zu dem Hund zu gelangen. Als er Scott bemerkte, machte er kehrt und schlurfte mit erhoben Armen auf ihn zu. Scott drehte seine Axt und rammte dem Zombie den Stiel vor die Stirn. Der Untote ging hart zu Boden und landete auf dem Rücken. Dann erhob Scott die Axt und trieb sie dem Zombie tief in den Schädel. Dieser ließ ein letztes Ächzen hören und verstummte dann für immer. Scott sah sich nun wieder den liegenden Hund an.
„Was mache ich denn nun mit dir, mein Junge?“ Er beugte sich zu dem Tier herunter, doch der Hund fletschte sofort drohend die Zähne und knurrte Scott mit letzter Kraft an. Scott dachte nach. Er hatte nicht die geringste Lust von dem Rottweiler gebissen zu werden. Andererseits wollte er ihn nicht qualvoll verenden lassen, denn er liebte Tiere sehr. In einiger Entfernung hing ein Wasserschlauch an der Wand. Scott entschied sich, dem Tier erst mal etwas zu trinken zu geben. Er drehte den Hahn auf und das Wasser sprudelte heraus. Als es klarer wurde, ging er mit dem Schlauch auf den Hund zu. Dieser jaulte und legte die Ohren an. Scott beugte sich zu ihm herunter.
„Das wird dir gut tun“, flüsterte er. Dann hielt er denn Wasserstrahl auf den Zwingerboden, bis sich eine große Wasserlache gebildet hatte. Das Tier machte sich sofort über das Wasser her und begann zu trinken. Scotts Gesicht nahm einen mitleidigen Ausdruck an. Nach einiger Zeit glaubte er genug Wasser im Käfig verteilt zu haben.
Der Hund legte nur seinen Kopf auf die Pfoten. Es wirkte so, als hätte er verstanden, dass von Scott keine Gefahr für ihn ausging. Scott nahm seine Axt auf und umrundete den Rest des Hauses. Andere Zombies waren hier nicht zu sehen - nützliche Dinge allerdings auch nicht. Als er wieder am Wagen angekommen war, berichtete er Phil und den anderen von seinem Fund.
„Der arme Hund“, sagte Phil. „Wir sollten ihn versorgen.“
„Wir müssen dem Hund helfen, Dad.“ Fionas Augen füllten sich mit Tränen.
Der kleine Robbie verstand nicht was los war. Er blickte sich nur neugierig um.
Plötzlich meldete sich Ray zu Wort. „Ich glaube, wir können es uns in unserer jetzigen Situation nicht leisten, uns auch noch um eine dreckige Töle zu kümmern. Was ist, wenn er gebissen wurde oder andere Krankheiten hat? Lasst das Vieh in seinem scheiß Zwinger.“
Scott ärgerte sich über Rays Ausbruch, ließ sich allerdings nichts anmerken.
„Wir können ihm ja später wenigstens etwas zu fressen hinstellen. Morgen früh lasse ich ihn aus dem Zwinger und wir fahren weiter.“
Ray murrte noch etwas vor sich hin, aber Scott verstand es nicht richtig. Er war sich aber fast sicher die Worte „verdammter Weltverbesserer“ und „macht doch, was ihr wollt“ gehört zu haben.
Scott war trotzdem guter Dinge. Er wusste, dass Ray momentan in keiner guten Verfassung war. Er wollte seinen Freund trauern lassen und war sich sicher, dass Ray dieses Trauma überwinden könnte, wenn er ihm nur genug Zeit ließ.
„Bleibt hier draußen und passt auf die Kinder auf.“ Nur Phil quittierte den Vorschlag mit einem Nicken.
Beherzt griff Scott erneut nach seiner Axt. Er musste sich noch um die Zombies in der Tankstelle kümmern, wenn sie heute hier übernachten wollten. Sein Magen grummelte laut vernehmlich. Sie alle hatten ihre letzte Mahlzeit vor Stunden zu sich genommen. Scott trat auf die Eingangstür der Tankstelle zu. Durch die versiffte Glasscheibe konnte er drinnen kaum etwas erkennen. Er griff nach dem Türknauf und drehte ihn. Die Tür war unverschlossen. Das simple Klingeln der kleinen Eingangsglocke ließ Scott zusammenfahren, da es ihm in dieser unwirklichen Stille wie ein Donnerschlag vorkam. Als das Geräusch durch den Innenraum hallte, erwachte die Stille plötzlich zum Leben. Er hörte ein Poltern und mehrere zischende und gurgelnde Laute. Ich bin hier nicht allein.
Scott betätigte den Lichtschalter. Nichts geschah. Der Raum war unbeleuchtet, bis auf das spärliche Licht, das durch die Frontscheibe hinein fiel. Scott konnte im Halbdunkeln nicht sonderlich viel erkennen. Er seufzte und trat in den Raum hinein. Dann erblickte er den Handabdruck an der Fensterscheibe samt der nach unten führenden bräunlichen Spur. Unterhalb des Fensters bot sich ihm ein skurriler Anblick: In einem Rollstuhl saß ein Zombie, der in seinem menschlichen Leben anscheinend querschnittsgelähmt gewesen war. Augenscheinlich war er während einer Einkaufstour in diesem Laden gebissen worden und war seit seiner Verwandlung im Rollstuhl gefangen. Der Untote hatte Scott mittlerweile bemerkt und geriet in eine ekstatische Aufregung, indem er den Kopf wie wild auf den Schultern rollte und vergeblich versuchte, sich nach hinten umzudrehen. Der Zombie stellte keine unmittelbare Bedrohung dar, aber Scott wollte kein Risiko eingehen.
„Ruhe“, brummte Scott. Er trat an den Untoten heran und führte die Axt wie einen Golfschläger. Mit einem satten Schwung zog er sie über die Fliesen hinweg und hieb sie dem Zombie direkt ins Gesicht. Dessen Körper erschlaffte sofort, als das Axtblatt mit einem schmatzenden Geräusch in den Schädel einschlug. Durch die Türglocke und den Kampfeslärm angelockt, näherten sich Scott zwei etwas agilere Exemplare aus dem Kassenbereich. Die beiden Kreaturen stolperten auf ihn zu. Im Geiste ging er bereits durch, wie er angreifen wollte. Scott trat einen Schritt zurück und holte aus. Plötzlich konnte er nichts mehr sehen und spürte einen Druck vor den Augen. Ein weiterer Zombie hatte sich ihm aus dem Halbdunkel der Regale genähert und Scott hatte es nicht bemerkt. Der Gestank von verwestem Fleisch hüllte ihn ein, als die untote Hand in sein Gesicht griff.
„SCHEISSE, HELFT MIR!“, brüllte Scott aufgeregt.
Er drückte den Oberkörper des Zombies mit der Axt nach hinten, um nicht gebissen zu werden. Gleichzeitig riss er mit der Linken am Arm des Zombies, damit er wieder etwas sehen konnte. Der Handgriff vor seinen Augen fühlte sich an wie ein Schraubstock. Das gurgelnde Geräusch, das der Untote machte, blies heiße Luft an Scotts Wange und trieb ihm mehr von dem ekelhaften Verwesungsgeruch in die Nase.
Scott schaffte es, die Hand des Monsters von seinem Gesicht zu lösen. Er konnte sehen, dass die beiden anderen Zombies ihn beinahe erreicht hatten. Er riss den Arm des Zombies hektisch weiter nach oben.
„HILFE!“, brüllte Scott erneut so laut er konnte.
Scott musste handeln. Er hörte auf, seinen Angreifer mit der Axt wegzudrücken und schlug sie stattdessen tief in das rechte Knie des Zombies hinein. Glücklicherweise zertrümmerte dieser Schlag das Knie vollständig. Unglücklicherweise fiel Scott jetzt aber, umklammert von dem Untoten, in eines der Regale hinein.
In diesem Augenblick stürmte Phil brüllend mit seiner Mistforke in die Tankstelle. Wie ein Lanzenträger rannte er auf den ersten der beiden stehenden Zombies zu, die sich bereits zu Scott herunterbeugten. Phil brachte sein gesamtes Körpergewicht hinter die Forke und trieb sie dem Zombie in den Hals. Den anderen Zombie brachte er mit einem Schulterstoß immerhin aus dem Gleichgewicht und verschaffte Scott etwas Zeit. Phil blieb nicht stehen und beförderte den aufgespießten Zombie so durch den halben Raum. Dann bohrte er die Forke samt des Halses in den Holztresen des Kassenbereichs hinein. Der Untote wollte Phil noch immer attackieren, war aber bewegungsunfähig. Phil blickte sich um und sah auf der Arbeitsplatte eine Registrierkasse. Er nahm diese in beide Hände vor seine Brust und zerschmetterte mit ihr den Schädel des aufgespießten Zombies.
Scott landete mit dem Rücken auf dem Körper seines Gegners. Die Wucht des Sturzes hatte den Griff gelöst und Scott konnte sich wieder bewegen. Der stehende Untote war immer noch unmittelbar vor ihm. Doch Scott schaffte es nicht schnell genug aufzustehen und der Körper hinter ihm bewegte sich auch bereits wieder in seine Richtung. In diesem verzweifelten Augenblick hatte Scott einen Geistesblitz. Er zog seine Beine an und trat mit beiden Füßen mit aller Kraft gegen die Schienbeine des stehenden Zombies. Dieser verlor den Bodenkontakt und stand für eine kurze Zeit waagerecht in der Luft. Dann schlug er mit einem klatschenden Geräusch auf den Fliesenboden auf. Eine bräunliche übelriechende Flüssigkeit troff aus seiner zerquetschten Nase. Scott nutzte den Moment und kam auf die Beine. Er griff sich seine Axt und schlug sie dem auf dem Bauch liegenden Zombie in den Hinterkopf. Der einbeinige Angreifer schaffte es noch Scott auf dem Rücken liegend anzufauchen, bevor die Axt auch in seinem Gesicht landete.
„Alles okay bei dir?“ Phil war zu Scott herübergeeilt.
„Ich bin
in Ordnung. Danke für die Hilfe.“
Phil nickte. „Ich sehe nach den
Kindern.“
„Mach das. Ich schau mich weiter um. Ich gebe euch Bescheid, sobald ihr reinkommen könnt.“
Phil
nickte und ging zum Van. Scott bewegte sich langsam in Richtung des
Tresens, vorbei an dem aufgespießten Untoten. Er wollte zuerst
sicherstellen, dass es hier keine weiteren ungebetenen Gäste gab.
Als er die Kasse erreichte, fand er den Stromkasten. Er sah, dass
zwei Sicherungen herausgesprungen waren. Nachdem er sie wieder
reingedrückt hatte, wurde er vom gleißenden Licht der Lampen
beinahe geblendet, so dass er seine Augen schützen musste. Auch
draußen leuchtete auf einmal die Tankstellen- und Außenbeleuchtung
wie auf einer Kirmes. Schnell untersuchte er den Rest des Ladens,
fand aber nichts Verdächtiges. Dann ging er durch einen Durchgang
in die angrenzende Tankstelle. Der Raum war wesentlich kleiner als
der Einkaufsladen, es gab lediglich einen Kaffeeautomaten, eine
kleine Sitzgruppe und die Kasse. Hier schien die Stromversorgung
nun ebenfalls wieder zu funktionieren.
Scott verließ das Gebäude durch
die Eingangstür und ging zum VW. Phil war bereits bei seinen
Kindern am Wagen, in dem Ray immer noch auf der Rückbank saß und
den bewusstlosen Chris beobachtete.
„Drinnen ist alles sauber. Wir sollten das Auto volltanken, die Körper rausschaffen und uns ein Nachtlager einrichten. Wir wollen doch nicht, dass die beiden Zwerge schlecht träumen, “ sagte Scott.
Ray blickte durch ihn hindurch und nahm seinen Rucksack. Dann ging er wortlos in Richtung des Ladens.
„Daddy, wo ist der Hund? Können wir zu ihm?“, fragte Fiona.
„Gleich, Liebes. Zuerst müssen wir Chris reinbringen. Scott?“
Scott
schaute mit finsterer Miene Ray hinterher. Er würde mit ihm reden
müssen.
Bei allem Verständnis für seine Trauer,
jeder hier hatte entweder geliebte Menschen verloren oder wusste
nicht, wie es ihnen ging. „Ich übernehme das, Phil“, sagte Scott
und hob Chris vorsichtig aus dem Wagen. „Bleib du mit den Kindern
noch etwas hier, ich will erst die Leichen rausschaffen. Gib mir
zehn Minuten.“
Dann trug er Chris scheinbar ohne größere Anstrengung in Richtung des Ladens. Phil und die Kinder warteten, bis Scott ihnen nach einigen Minuten signalisierte, dass sie kommen sollten.
Als sie den Laden betraten, war von den Überresten des Kampfes kaum noch etwas zu sehen. Im Gegenteil, die Kinder bekamen leuchtende Augen: So viele Süßigkeiten hatten sie schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen.
„Robbie schau mal, Dauerlutscher!“, rief Fiona.
Robbie stürmte zu seiner Schwester. Am liebsten hätte er sich gleich alle Geschmacksrichtungen auf einmal in den Mund gesteckt. In diesem Moment kam sein Vater mit Scott aus der Tankstelle, wo sie Chris auf das Sofa der Sitzgruppe gelegt hatten. Ray war bei ihm sitzen geblieben. Robbie hielt inne und schaute seinen Dad mit einem fragenden Blick an. Phil musste unwillkürlich lächeln und nickte seinem Sohn zu. „Aber nur einen, junger Mann.“
Robbie grinste über das ganze Gesicht und schob sich einen Colalutscher in den Mund. „Danke, Dad!“
Fiona hatte währenddessen eine große Flasche Zitronenlimonade geholt. Phil überlegte, ob er seine Kinder auf die Bauchschmerzen hinweisen sollte, die ihnen vermutlich blühen würden, wenn sie zu viel von dem süßen Zeug zu sich nahmen, aber er entschied sich dagegen. Die beiden hatten in den vergangenen Tagen genug für zehn Kinderleben mitgemacht, und er wollte diesen freudigen Moment nicht trüben. Stattdessen wandte er sich an Scott.
„Wir sollten nebenan bei Chris übernachten. Der Raum ist wesentlich besser zu bewachen als der Laden hier.“
Scott
nickte. Sein Magen meldete sich zum wiederholten
Male.
Phil war das laute Knurren
nicht entgangen. „Aber vorher kümmere ich mich um eine ordentliche
Mahlzeit für uns. Ich glaube nicht, dass für einen Kerl wie dich
Dauerlutscher und Limonade reichen“, scherzte er.
„Hört sich gut an. Ich schaue währenddessen nochmal nach dem Hund“, grinste Scott. Im Hinausgehen steckte er sich zwei Packungen Trockenfleisch ein und nahm ein Abschleppseil mit, das er in der Tankstelle gefunden hatte. Dann ging er in den Hinterhof.
Der Rottweiler schien ihn sofort wiederzuerkennen, jedenfalls wedelte er langsam mit dem Schwanz, als Scott sich dem Zwinger näherte. Trotzdem legte das Tier die Ohren an und bewegte sich nicht aus seiner Ecke heraus.
Scott
deponierte das Abschleppseil neben den Zwinger. Es würde sich erst
noch rausstellen müssen, ob er den Hund anleinen konnte. Dann
hockte er sich vor den Zwinger und öffnete eine der
Trockenfleischpackungen. Der intensive Geruch schoss ihm direkt in
die Nase und auch der Rottweiler machte große Augen, als er den
Duft des Trockenfleisches witterte.
„Komm her mein Junge, das ist
für dich“, flüsterte Scott.
Langsam
kroch der Hund auf ihn zu. Scott schob zwei Streifen Trockenfleisch
durch den Käfig. Kurz bevor das Tier das Fleisch erreicht hatte,
hielt es inne und legte den Kopf schräg. Es betrachtete Scott
argwöhnisch, so als ob es glauben würde, dass die ganze Sache einen
Haken haben musste. Dem ausgehungerten Hund lief die Sabber die
Lefzen herunter, aber er traute sich nicht näher heran. Scott wich
zwei Schritte zurück. Langsam pirschte der Hund sich vorwärts, um
auf einmal mit einem gewaltigen Satz nach vorne zu springen und das
Fleisch zu greifen. Dann schoss er zurück in die Ecke des Zwingers.
Dort inhalierte er die Fleischstreifen gerade zu.
„Langsam Kleiner, es gibt noch
mehr“, grinste Scott und schob weiteres Trockenfleisch in den
Zwinger. Der Hund kam wieder vorsichtig auf Scott zu, hielt aber
dieses Mal nicht an, sondern nahm sich seine Portion direkt und
ging wieder in die Ecke. Als er das Fleisch gegessen hatte, kam er
wieder nach vorne und blickte Scott erwartungsvoll an. Der Schwanz
wedelte nun im Takt von links nach rechts und die Ohren waren
aufgestellt.
Scott
schob weiteres Fleisch durch die Gitter. Der Rottweiler nahm es vom
Boden auf und blieb zum Essen direkt vor Scott sitzen. Während der
Hund kaute, konnte Scott eine Hundemarke am Halsband des Tieres
erkennen, auf der „Watson“ stand.
„Watson, hm?“ murmelte Scott.
Das Tier hielt inne und blickte ihn an. Als Scott den verwunderten
und treudoofen Blick des Hundes sah, dem an der einen Seite des
Maules noch ein halber Streifen Trockenfleisch heraushing, musste
er lachen. Watson verstand zwar nicht, was gerade so lustig war,
aber er ließ den Rest Fleisch fallen und sprang bellend im Zwinger
umher. Das machte es für Scott nur noch schlimmer, er bekam einen
regelrechten Lachanfall. Fiona und Robbie kamen nach draußen
gestürmt um zu sehen, was los war. Beide hatten einen Dauerlutscher
im Mundwinkel und hatten Probleme, vernünftig zu
sprechen.
„Fiona, cchhhau maa!“,
brabbelte Robbie.
„Chüüüüchhh!“, schmatzte seine größere Schwester.
Scott hatte sich so langsam beruhigt. Ihm tat der Bauch weh vor Lachen. Im Hintergrund stand Phil in der Hintertür zum Laden und schaute nach draußen.
„Darf ich vorstellen: Das hier ist Watson“, erklärte Scott.
„Hallo Watchon“, schlürfte Robbie.
„Nehmt die Lutscher aus dem Mund“, rief Phil. Robbie und Fiona drehten sich um und nahmen die Lutscher heraus.
„Dürfen wir ihn behalten?“, fragte Fiona.
„Oh ja, bitte bitte bitte!“, stimmte ihr Robbie zu.
„Das entscheiden wir morgen. Erst einmal muss Watson sich jetzt ausruhen und schlafen. Und das gilt auch für kleine Kinder“, lächelte Scott und schob dem Hund noch den Rest des Trockenfleisches in den Zwinger. Watson schnappte sich das Fleisch und schaute den Vieren nach, als sie wieder in den Laden gingen.