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Aus: »Potsdamer Kurier«, 14. Oktober 2012

 

»Nach den Ereignissen vom 6. Oktober ist es auf Schloss Urquardt in der gleichnamigen Gemeinde der Ostprignitz in der Nacht auf Mittwoch erneut zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Die örtlichen Behörden werden von der Kripo Berlin unterstützt, die Ermittlungen laufen noch. Fest steht, dass der 42-jährige Silvan Janker zu Tode gekommen ist. Ein Polizeisprecher wollte Fremdverschulden nicht ausschließen. Wie bereits am vergangenen Donnerstag berichtet, ist das Schloss Privateigentum von Frau Habich, deren Mann, der emeritierte Universitätsdozent Prof. Dr. Leonard Habich, es vor vier Jahren in stark sanierungsbedürftigem Zustand für knapp 600000 Euro erworben hat. Habich hatte bis 1983 an einer englischen Hochschule gelehrt und war erst 2008 wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Das kinderlose Ehepaar hatte den verstorbenen Silvan Janker als Haushälter eingestellt. Herr Janker lebte zusammen mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn im ehemaligen Haus des Gutsverwalters, das auf demselben Grundstück liegt. Sein Leichnam wurde am Morgen zur Obduktion nach Berlin-Moabit überführt, die Staatsanwaltschaft erwartet noch am Abend erste Ergebnisse. Ob es außer dem Haushälter weitere Opfer gab, wollte der Sprecher der Berliner Kripo nicht kommentieren. Die zuständige Stelle der Brandenburger Polizei stand für nähere Informationen nicht zur Verfügung.«

 

 

Aus: »Logik, Wahrheit, Rekursion – Aspekte der Philosophie Leonard Habichs«, Berlin 2014, Seite 4 f.

 

»Bereits Ende der sechziger Jahre war eine Frage zunehmend in das Zentrum von Habichs Aufmerksamkeit gerückt, die er später in einer Reihe von Notizen als die Frage nach ›dem nächsten Schritt‹ bezeichnen sollte.

Dabei war Habichs Grundidee folgende: Die Philosophie war nicht an ihrem Ende angekommen, auch wenn es einem manchmal so vorkommen mochte. Sie befand sich vielmehr inmitten eines tiefgreifenden Umbruchs. Wohin aber war sie dabei sich weiterzuentwickeln? Und wie würde es ihm gelingen, den Blick für diese Entwicklung freizubekommen? Es galt, ihn zu befreien von den unzähligen Differenzierungen, die in Vorträgen, Veranstaltungen und Texten bemüht wurden, und deren Detailfülle, ja, Detailversessenheit für die Frage, der Habich nachgehen wollte, nicht nur irrelevant war, sondern störend und irreführend.

Habichs Ansatz zur Bewältigung dieses Problems war denkbar einfach und zugleich – wie sich herausstellen sollte – äußerst effizient. Er beschloss, den bisherigen Verlauf der Philosophie als Grundlage zu verwenden, um daraus eine Prognose für ihre Entwicklung abzuleiten. Auf diese Weise, so hoffte er, würde es ihm möglich sein, eine Antwort auf seine Frage nach dem nächsten Schritt der Philosophie – oder, wie er auch manchmal meinte, der ›Ideengeschichte‹ – zu finden. Damit stand fest, was er zu tun hatte. Als Erstes musste er eine Vorstellung von der vergangenen Entwicklung der Philosophie bekommen. Daraus würde sich dann schließen lassen, wie sie in Zukunft weiter verlaufen würde, wenn sie sich, innerhalb eines bestimmten Spielraums natürlich, so weiterentwickeln würde wie bisher.

Um nun eine Vorstellung von der bereits zurückgelegten Entwicklung zu bekommen, griff Habich auf eine Einteilung zurück, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelegentlich diskutiert worden war. Dieser Einteilung war zwar mehrfach vorgeworfen worden, dass sie die Philosophiegeschichte unhaltbar vereinfachen würde, und doch war sie immer wieder in den unterschiedlichsten Diskursen aufgegriffen worden. Drei große Epochen lassen sich dieser Einteilung zufolge innerhalb der abendländischen Philosophiegeschichte unterscheiden: Seinsphilosophie, Bewusstseinsphilosophie und Sprachphilosophie.

Habichs Ansatz bestand nun darin, jede einzelne dieser drei Epochen als Paradigma zu begreifen und die Entwicklung von einem zum nächsten Paradigma als Bewegung. Genau das aber ist, was wir heutzutage als ›Habichschen Dreischritt‹ kennen und diskutieren: die Bewegung, die vom ersten über das zweite zum dritten Paradigma führt.

In den folgenden Kapiteln werden wir versuchen, zwei Dinge zu tun: Erstens eine Rekonstruktion von Habichs Analyse des Dreischritts, bei der deutlich wird, inwiefern der Dreischritt als eine Bewegung verstanden werden muss. Und zweitens eine Rekonstruktion seiner Folgerung eines vierten Schritts aus dieser Analyse.

Dabei werden wir darauf achten, dass folgende Schwerpunkte gesetzt werden:

(1) Die Identifikation der Begründer des jeweiligen Paradigmas. Platon und die Seinsphilosophie. Descartes und die Bewusstseinsphilosophie. Wittgenstein und die Sprachphilosophie.

(2) Die drei Argumente, die zum jeweiligen Paradigma geführt haben: Das Höhlengleichnis. Der Genius malignus. Die abweichende Interpretation.

(3) Die strukturelle Ähnlichkeit der drei grundlegenden Argumente.

(4) Die Konstruktion des vierten Argumentes: Habichs Hypothese.«