Dokument 16
Mak!
1. Glumow, Toivo Alexandrowitsch, wurde heute
unter Kontrolle genommen. (Registriert 8.05 Uhr).
2. Ebenfalls seit heute sind unter Kontrolle:
Kaskazi, Artek, 18, Schüler. Teheran. 7.05.
Mauki, Charles, 63, Seetechniker. Odessa.
8.25.
11. Mai’99
Laborant

Es mag seltsam sein, aber ich habe fast keine
Erinnerung mehr daran, was diese völlig unerwartete Mitteilung des
Laboranten bei mir auslöste. Ich entsinne mich nur noch einer
Empfindung: Als hätte man mir einen heimtückischen Schlag ins
Gesicht versetzt, ohne Grund und ohne Zweck, ohne Vorwarnung,
zu einem Zeitpunkt, wo ich etwas ganz anderes erwartet hatte. Ich
erinnere mich nur noch, dass ich zutiefst gekränkt war, gekränkt
wie ein weinendes Kind. Und nur das ist geblieben von dieser
Stunde, in der ich fassungslos dasaß und vor mich hinstarrte.
Sicher gingen mir wirre Gedanken durch den Kopf von
Untreue und Verrat. Und ich empfand gewiss auch Wut und furchtbare
Enttäuschung: Mein Aktionsplan, in dem jeder seinen festen Platz
hatte, war fertig ausgearbeitet; jetzt aber klaffte darin eine
Lücke, die sich nicht schließen ließ. Und ich empfand natürlich
auch Kummer - tiefen Kummer über den Verlust eines Freundes, eines
Gleichgesinnten, eines Sohnes.
Aber es war wohl eher eine vorübergehende
Geistestrübung, ein Chaos - weniger von Gefühlen, als vielmehr von
Gefühlssplittern.
Dann kam ich langsam wieder zu mir und begann, die
Situation zu analysieren, kühl und methodisch, so wie es für meine
Position angemessen war.
Der Wind der Götter bringt den Sturm, doch er füllt
uns auch die Segel.
So fand ich an diesem bewölkten Morgen für Toivo
Glumow doch noch einen Platz in meinem Plan. Und dieser neue Platz
für den neuen Toivo Glumow erschien mir nicht weniger, sondern
sogar noch viel wichtiger als der Platz zuvor. Mein Plan gewann an
Perspektive; jetzt hieß es nicht mehr, sich verteidigen, jetzt hieß
es angreifen.
Am selben Tag setzte ich mich mit Komow in
Verbindung, und er bestellte mich für den Tag darauf, den 12. Mai,
zu sich.
Er empfing mich frühmorgens im Arbeitszimmer des
Präsidenten. Ich legte ihm alle Materialien vor, die ich bis dahin
zusammengetragen hatte; unsere Unterredung dauerte fünf Stunden.
Mein Plan wurde mit geringfügigen Korrekturen genehmigt. (Ich will
nicht behaupten, dass es mir voll und
ganz gelungen war, Komows Skepsis zu zerstreuen, aber sein
Interesse hatte ich zweifellos geweckt.)
Als ich in mein Zimmer zurückgekehrt war, legte ich
die Spitzen meiner Zeigefinger an die Schläfen und blieb nach dem
Brauch der hontianischen Infiltratoren ein paar Minuten lang so
sitzen, gab mich erhabenen Gedanken hin. Dann rief ich Grischa
Serossowin zu mir und erteilte ihm einen Auftrag. Um 18:05 Uhr
teilte er mir mit, der Auftrag sei erfüllt. Jetzt brauchte ich nur
noch abzuwarten.
Am Morgen des 13. Mai rief Danja Logowenko
an.