3. JUNI’78
Seine Exzellenz ist zufrieden
»Sehr interessant!«, sagte Seine Exzellenz, als
ich mit meinem Bericht fertig war. »Du hast doch recht daran getan,
Mak, auf dem Besuch in diesem Tiergarten zu bestehen.«
»Ich verstehe es nicht«, erwiderte ich und
entfernte ärgerlich stachlige Kletten vom Stoff meiner Hose. »Sehen
Sie darin einen Sinn?«
»Ja.«
Ich starrte ihn an. »Glauben Sie allen Ernstes,
dass Lew Abalkin um Asyl gebeten haben könnte?«
»Nein. Das glaube ich nicht.«
»Von was für einem Sinn ist dann die Rede? Oder ist
das wieder ein Stein, den er ins Gebüsch wirft?«
»Vielleicht. Aber darum geht es nicht. Es ist
unwichtig, was Lew Abalkin gemeint hat. Die Reaktion der Kopfler -
die ist wichtig. Übrigens, zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Du
hast mir eine wichtige Information geliefert. Danke. Ich bin
zufrieden. Sei du auch zufrieden.«
Ich widmete mich erneut den Kletten. Man mochte
sagen, was man wollte, aber er war zweifellos zufrieden. Seine
grünen Äuglein leuchteten geradezu; das war sogar im Halbdunkel des
Arbeitszimmers zu sehen. Genauso hatte er geschaut, als ich - jung,
fröhlich und voller Eifer - ihm gemeldet hatte, dass wir den
Stillen Prjoscht endlich auf frischer Tat ertappt hatten und er
unten mit einem Knebel im Mund im Wagen saß, bereit und fertig zum
Verhör. Ich hatte den Stillen Prjoscht gefasst - ohne jedoch zu
ahnen, was dem Wanderer völlig klar war: dass die Sabotage jetzt
ein Ende hätte und die Geleitzüge mit dem Getreide bereits am
nächsten Tag zur Hauptstadt rollen würden …
Und genauso war ihm offensichtlich auch jetzt etwas
klar, wovon ich noch nichts ahnte; daher verspürte ich nicht die
geringste Befriedigung. Niemanden hatte ich gefasst, niemand
wartete mit einem Knebel im Mund auf sein Verhör. Stattdessen
irrlichterte auf der riesigen freundlichen Erde ein rätselhafter
Mann mit einem kaputten Schicksal, ohne zu sich zu kommen, jagte
hin und her, als habe man ihn vergiftet … So wie auch er alle, mit
denen er sich traf, mit Verzweiflung und Kränkung vergiftete,
andere verriet und selbst verraten wurde …
»Ich mache dich noch einmal darauf aufmerksam,
Mak«, sagte Seine Exzellenz plötzlich leise. »Er ist gefährlich.
Und er ist es umso mehr, als er das selbst nicht weiß.«
»Ja, wer ist er denn, zum Teufel?«, fragte ich.
»Ein wahnsinniger Android?«
»Ein Android kann kein Persönlichkeitsgeheimnis
haben«, sagte Seine Exzellenz. »Lass dich nicht ablenken.«
Ich steckte die Kletten in die Anoraktasche und
setzte mich aufrecht hin.
»Du kannst jetzt nach Hause gehen«, sagte Seine
Exzellenz. »Bis Punkt neunzehn Uhr bist du frei. Danach bleibe in
der Nähe, in der Stadt, und warte auf meinen Ruf. Möglicherweise
wird er heute Nacht versuchen, ins Museum zu kommen. Dort werden
wir ihn fassen.«
»Gut«, sagte ich ohne eine Spur von
Enthusiasmus.
Er taxierte mich unverhohlen. »Ich hoffe, du bist
in Form«, fügte er noch hinzu. »Wir werden ihn zu zweit fassen, und
ich bin für derlei Übungen eigentlich schon zu alt.«