Kapitel 70
Hm.
Da waren sie also.
Wieder.
Anstatt nach Hause zu fahren, verbrachte Lincoln die Nacht in seiner neuen Wohnung.
Er war zu dem Schluss gekommen, dass seine Mutter sich keine Sorgen machen würde, weil sie an einem Montagabend bestimmt nicht wach bleiben würde, um auf ihn zu warten. Er konnte ihr morgen immer noch erzählen, dass er bei Justin übernachtet hatte.
Lincoln schob sich in den alten Schlafsack, den er im Kofferraum seines Wagens aufbewahrte (der roch nach Sportklamotten und Erschöpfung), und versuchte, auf dem Fußboden seines neuen Wohnzimmers einzuschlafen. Obwohl es schon spät war, hörte er, wie in der Wohnung über ihm Leute hin und her gingen. Irgendwo anders spielte ein Radio. Vielleicht in der Wohnung unter ihm oder gegenüber. Je mehr sich Lincoln auf die Musik konzentrierte, desto näher schien sie zu kommen, bis er schließlich jeden einzelnen Song erkannte – lauter tranige Oldies aus den 50ern und 60ern, Lieder für einen Abschlussball, zum Engtanzen.
Go with me.
Some Kind of Wonderful.
In the Still of the Night.
Lincoln versuchte, nicht hinzuhören, nicht nachzudenken.
Was hatte es zu bedeuten, dass Beth und Jennifer sich wieder E-Mails schrieben?
Vermutlich gar nichts, beschloss er irgendwann. Wahrscheinlich war die Funkstille der letzten Wochen reiner Zufall gewesen. Und nicht Gottes Art und Weise, Lincoln dabei zu helfen, in seinem Leben nach vorn zu schauen. Was war das bloß für eine blöde Idee gewesen. Blöd und überheblich.
Lincoln lauschte dem Phantomradio noch lange, nachdem die Leute oben ins Bett gegangen waren. Only you. Sincerely. Vielleicht würde er am nächsten Abend selbst mal sehen, ob er diesen Sender fand. Er fragte sich, wann er eigentlich den Text zu You send me auswendig gelernt hatte und ob das ein trauriger Song sein sollte. Und dann schlief er ein.