Kapitel 20

Irgendwann nach Mitternacht ging Lincoln hinauf in die Redaktion. Sie war fast völlig verwaist. Ein paar Redakteure aus der Nachtschicht waren in die aktuelle Zeitung vertieft. Am Tisch des Lokalredakteurs lauschte jemand den knackenden Polizeifunk ab und arbeitete am Kreuzworträtsel für den nächsten Tag.

Lincoln schlenderte zur anderen Seite des Raumes weiter, wo er die Leute aus dem Feuilleton vermutete. Da hinten waren die Arbeitsplätze, und die Trennwände dazwischen übersät mit Filmpostern, Konzertflyern, Werbefotos und Spielzeug.

Er blieb neben einem Drucker stehen und öffnete ihn, nur damit es so aussah, als ob er dort etwas zu tun hätte. Welcher Schreibtisch war wohl der, nach dem er Ausschau hielt? Vielleicht der mit den R.E.M.-Aufklebern. Vermutlich nicht der mit der Bart-Simpson-Puppe und dem halben Dutzend Alien-Actionfiguren zum Hinstellen … Oder vielleicht doch? Ob Beth wohl einen Abreißkalender mit Kätzchen darauf hatte? Eine Topfpflanze? Ein Sandman-Poster? Einen Presseausweis für Marilyn Manson?

Ein Sandman-Poster?

Er warf einen Blick zurück zu den Redakteuren. Er konnte sie von hier aus kaum erkennen, was gleichzeitig hieß, dass auch sie ihn kaum erkennen konnten. Er ging hinüber zu Beths Arbeitsplatz. Oder vielmehr zu dem Tisch, von dem er annahm, dass Beth dort arbeitete.

Ein Sandman-Poster. Ein Rushmore-Poster. Ein drei Jahre alter Flyer für Sacajawea in der Sokol-Hall. Ein Wörterbuch. Ein Französischwörterbuch. Drei Bücher von Leonard Maltin. Eine Journalismus-Auszeichnung aus der Highschool. Leere Kaffeetassen. Eine Papiertüte von Starbucks. Fotos.

Er setzte sich an ihren Schreibtisch und begann ohne große Überzeugung, ihre Maus auseinanderzunehmen.

Die Fotos. Eines war von einem Konzert, ein Typ, der Gitarre spielte. Offensichtlich ihr Freund, Chris. Auf einer anderen Aufnahme saß derselbe Typ am Strand. Auf wieder einer anderen trug er einen Anzug. Selbst ohne die Gitarre sah er aus wie ein Rockstar. Mager und vornübergebeugt. Er lächelte nie richtig. Sah immer an der Kamera vorbei in die Ferne. Zerzaust. Der typische böse Bube. Attraktiv.

Dann fand er auch noch Familienfotos, mit engelsgleichen dunkelhaaarigen Babys und nett aussehenden, adrett zurechtgemachten Erwachsenen – aber Beth schien nicht darunter zu sein. Die Frauen passten vom Alter her nicht oder standen ganz offensichtlich neben Mann und Kindern.

Lincoln sah sich noch einmal Beths Freund an. Sein halbes Lächeln und die markanten Wangenknochen. Er sah aus, als hätte er eine Sie-kommen-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte in der Gesäßtasche stecken. Wenn man so aussieht, dann verzeihen die Frauen einem alles. Sie wissen nämlich von Anfang an, dass sie dir von Zeit zu Zeit vergeben müssen.

Lincoln ließ die Maus sinken und machte sich wieder auf den Weg zur Informatikabteilung. Stampfte zurück. Er konnte sein unscharfes Spiegelbild in den dunklen Flurfenstern erkennen. Er fühlte sich schwerfällig und unattraktiv. Pummelig. Dick. Unscheinbar.

Das hätte er nicht machen sollen. Was er da gerade getan hatte. Sich ihren Schreibtisch ansehen.

Es fühlte sich falsch an, als hätte er eine Grenze überschritten.

Beth war witzig. Sie war klug. Sie war interessant. Und sie hatte einen von diesen Jobs, den die Leute interessant finden. Wie die Hauptfigur in einem Film, in einer romantischen Komödie mit John Cusack.

Er wollte so gerne wissen, wie sie aussah. Und er hatte sehen wollen, wo sie saß, wenn sie die Sachen schrieb, die er dann später las.

Er war froh, dass er kein Bild von ihr gefunden hatte. Es hatte schon gereicht, die Fotos der Menschen zu sehen, die sie liebte. Das hatte gereicht, um zu begreifen, dass er dort nicht hineinpasste.

»Irgendwie hab ich gedacht, wenn ich wieder zu Hause einziehe, dann kommt auch mein Sozialleben wieder in Schwung«, erklärte Lincoln Eve, als sie am nächsten Tag anrief.

»Wie behindert ist das denn?«

»Ich dachte, du würdest ›behindert‹ und ›schwul‹ nicht mehr als Schimpfwörter benutzen, damit deine Kinder das nicht aufschnappen.«

»Ich komme einfach nicht dagegen an. So behindert klang das gerade. Wie kommst du denn bloß auf so was? Und was heißt hier ›wieder‹ zu Hause einziehen, du bist doch nie ausgezogen.«

»O doch. Ich bin vor zehn Jahren aufs College gegangen.«

»Und bist jedes Jahr im Sommer wieder zurückgekommen.«

»Nicht jedes Jahr. Manchmal hab ich auch Sommerkurse belegt.«

»Egal«, entgegnete sie. »Warum hast du denn gedacht, dass es deinem Sozialleben auf die Sprünge hilft, wieder bei deiner Mutter einzuziehen?«

»Weil das bedeutet, dass ich endlich definitiv mit der Uni fertig bin. Und das war der Moment, an dem es für all meine Freunde so richtig losging. Als sie Arbeit gefunden und geheiratet haben.«

»Okay …«

»Ich glaube, ich hab den Rahmen verpasst«, überlegte er.

»Was für einen Rahmen?«

»Den Zeitrahmen für ein eigenes Leben. Ich glaube, das hätte ich alles zwischen zweiundzwanzig und sechsundzwanzig Jahren auf die Reihe kriegen müssen, und jetzt ist es zu spät.«

»Es ist nicht zu spät«, widersprach sie. »Du kriegst dein Leben schon noch. Du hast Arbeit und sparst, um auszuziehen. Du triffst dich mit Leuten. Letztens warst du sogar in einer Kneipe …«

»Und das ist gründlich schiefgegangen. Eigentlich ist so ziemlich alles schiefgegangen, seit ich mit der Uni aufgehört habe.«

»Du hast nicht mit der Uni aufgehört«, sagte sie, und er konnte förmlich hören, wie sie mit den Augen rollte. »Du hast einen Master gemacht. Mal wieder.«

»Alles ist schiefgegangen, seit ich beschlossen habe, dass mein Leben nicht gut genug ist, so wie es ist.«

»Es war ja auch nicht gut genug«, bekräftigte sie.

»Es war gut genug für mich.«

»Und warum wolltest du dann unbedingt etwas daran ändern?«

An diesem Samstag spielte Lincoln zum ersten Mal seit einem Monat wieder Dungeons & Dragons.

Christine grinste, als sie ihn vor der Tür stehen sah.

»Lincoln, hey!« Christine war klein und rundlich, mit zerzaustem blondem Haar. Sie trug so ein Tuch vor der Brust, in dem ein Baby lag, das zwischen ihnen zerquetscht wurde, als sie ihn umarmte.

»Wir dachten schon, wir hätten dich an die große Stadt verloren«, bemerkte Dave, der gerade um die Ecke kam.

»Habt ihr ja auch«, antwortete Lincoln. »Ich hab da eine Gruppe jüngerer Mitspieler gefunden, die auch viel besser aussehen.«

»Wir wussten ja alle, dass es irgendwann so weit kommen würde.« Dave grinste, klopfte Lincoln auf die Schulter und führte ihn ins Haus. »Ohne dich ist das Spiel in übles Chaos ausgeartet. Letzte Woche wollten wir deine Figur eigentlich auslöschen, weil du uns verlassen hast, aber Christine hat uns nicht gelassen, also haben wir dich stattdessen in ein dunkles Loch gesteckt. Wahrscheinlich auch noch voll mit Schlangen, aber das musst du nachher mit Larry klären, der ist diese Woche Dungeon-Master.«

»Wir haben gerade angefangen«, erklärte Christine. »Du hättest anrufen sollen, dann hätten wir auf dich gewartet.«

»Du hättest anrufen sollen«, rief Troy vom Esstisch herüber, »dann hätte ich nicht die zwölf Kilometer hierher radeln müssen.«

»Troy, ich hab doch gesagt, ich kann dich abholen«, warf Larry ein. Larry war ein wenig älter als der Rest, Anfang dreißig, ein Hauptmann der Air Force mit Familie und einer schrecklich geheimen Arbeit, die irgendetwas mit künstlicher Intelligenz zu tun hatte.

»Dein Auto riecht aber nach Safttüte«, maulte Troy.

»Und wonach riechst du?«, wollte Larry wissen.

»Das ist Sandelholz«, erklärte Troy.

»Du riechst wie ein Pier-One-Geschäft plus Schweißgeruch«, meinte Lincoln und setzte sich auf seinen Platz in der Ecke. Den hatten sie für ihn frei gehalten. Dave reichte ihm ein Stück Pizza.

»Das ist ein sehr männlicher Duft«, verteidigte sich Troy.

»Ich hab ja auch nicht gesagt, dass er mir nicht gefällt«, beteuerte Lincoln. Rick musste lachen. Rick war blass und dünn und immer schwarz angezogen. Er trug sogar schwarze Lederbänder und Stofffetzen um die Handgelenke. Wenn Rick nicht wäre, dann wäre Lincoln die Rolle des Schüchternen in der Gruppe zugefallen.

Lincoln sah sich am Tisch um und fragte sich, welche Rolle er wohl spielte.

Dave war Der Leidenschaftliche und Christine Das Mädchen … Und Larry war Der Ernste (und Der Einschüchternde und Der, der vermutlich Geheimagent war) … Wenn Rick Der Schüchterne war und Troy Der Merkwürdige und Teddy, ein angehender Chirurg, der aussah wie der Vater bei Zurück in die Zukunft, vermutlich als Der freakige Streber durchgehen konnte …

Was war dann Lincoln?

Alle Beschreibungen, die ihm in den Sinn kamen (verloren, verkümmert, wohnt noch bei seiner Mutter), deprimierten ihn.

Heute Abend war es völlig ausreichend, einfach nur einer von ihnen zu sein. Hier zu sein, wo man ihm immer einen Platz am Tisch frei halten würde, wo jeder wusste, was er nicht auf seiner Pizza mochte, und wo sie sich immer zu freuen schienen, ihn zu sehen.

Als es Lincoln klar wurde, dass er gerade den Titelsong von Cheers paraphrasierte, beschloss er, mit der Grübelei aufzuhören und einfach nur zu spielen.

Das Spiel dauerte sieben Stunden. Alle erklärten es zur obersten Priorität, Lincolns Figur – einen braven und gesetzestreuen Zwerg namens Smov Neuntöter – zu retten. Sie bezwangen eine ruchlose Windhexe. Sie bestellten noch mehr Pizza. Daves und Christines Dreijähriger schlief auf dem Fußboden vor Toy Story ein.

Als das Spiel zu Ende war und alle nach Hause gingen, blieb Lincoln noch. Dave machte das Fenster auf, und die drei saßen auf der Couch, sogen die kühle, reine Luft in sich auf und lauschten Christines Windspielen.

»Wisst ihr, was wir jetzt machen sollten?«, sagte Dave und rieb sich die nächtlichen Bartstoppeln.

»Was denn?«, fragte Lincoln.

»Axis & Allies.«

Christine warf ein Kissen nach ihm. »Gott, nein.«

Dave fing es auf. »Lincoln will Axis & Allies spielen, ich sehe es ihm doch an …«

»Ich glaube, Lincoln will uns vielleicht eher erzählen, was er in letzter Zeit so getrieben hat.« Christine lächelte Lincoln liebevoll an. Alles an ihr war liebevoll und weich und einladend.

Sie hatten sich mal geküsst, im College, in seinem Zimmer im Wohnheim, bevor Christine mit Dave ging. Lincoln hatte angeboten, ihr bei der Vorbereitung auf eine Abschlussprüfung in Physik zu helfen. Christine musste den Physikkurs eigentlich gar nicht machen, sie wollte Englischlehrerin werden. Aber sie hatte Lincoln erklärt, dass sie nicht in einer Welt leben wollte, die sie nicht verstand, dass sie sich bei Dingen wie Fliehkraft oder Schwerkraft nicht darauf beschränken wollte, einfach nur daran zu glauben. Und während sie ihm das erklärt hatte, hatte sie die Sandalen vom Fuß gestreift und sich im Schneidersitz auf seinem Bett niedergelassen. Sie hatte langes, gewelltes, weizenblondes Haar, das immer ungekämmt wirkte.

Christine hatte zu ihm gesagt, dass er alles so viel besser erklärte als ihr Physiklehrer, ein strenger Mann mit slawischem Akzent, der jedes Mal beleidigt tat, wenn sie eine dumme Frage stellte. Lincoln hatte entgegnet, dass es keine dummen Fragen gab, und dafür hatte sie ihn in den Arm genommen. Und dann hatte er sie geküsst. Es war ihm vorgekommen, als würde man ein warmes Bad küssen.

»Das war schön«, hatte Christine gesagt, als er sich von ihr löste. Er hatte nicht sagen können, ob sie ihn wohl noch einmal küssen wollte. Sie hatte gelächelt. Sie hatte glücklich ausgesehen, aber das musste nichts heißen. Sie sah immer glücklich aus …

»Meinst du, du bist jetzt für den Test gewappnet?«, hatte er gefragt.

»Könnten wir das mit dem Drehmoment noch mal durchgehen?«

»Klar«, hatte er versichert, »ja.« Christine hatte wieder gelächelt. Dann hatten sie weitergelernt, und Christine hatte schließlich eine Zwei in ihrer Physikprüfung bekommen.

Manchmal wünschte sich Lincoln, er hätte sie in dieser Nacht noch einmal geküsst. Es wäre so leicht, Christine zu lieben, verliebt in sie zu sein. Bei ihr würde man nie laut werden müssen. Sie würde niemals gemein sein.

Aber er war nicht eifersüchtig gewesen, als sie ein paar Monate später anfing, sich mit Dave zu treffen. Wenn sie mit Dave zusammen war, strahlte Christine nichts als Glück aus. Und Dave, der wirklich, absolut viel zu leidenschaftlich sein konnte – der typische Gesprächspartner, der sich viel zu weit vorbeugt, wenn er sein Argument vorbringt, jemand, der zwei Wochen später immer noch eingeschnappt ist, weil deine D-&-D-Figur seine Figur beim Schwertkampf besiegt hat –, war in Christines Beisein gelassen und versöhnlich gestimmt. Lincoln mochte ihr anheimelnd-chaotisches Haus, ihre unordentlichen Kinder, ihr Wohnzimmer, das mit zu vielen Lampen und Kissen vollgestopft war, und die Art und Weise, wie ihre Stimmen sanfter wurden, wenn sie miteinander sprachen.

»Ich denke«, murmelte Lincoln, »wenn wir jetzt mit Axis & Allies anfangen, dann bin ich eingeschlafen, bevor Russland auch nur einen einzigen Panzer kaufen konnte.«

»Ist das ein Ja?«, fragte Dave.

»Das ist ein Nein«, widersprach Christine. »Und du solltest hier übernachten, Lincoln. Du siehst viel zu müde aus, so kannst du doch nicht fahren.«

»Ja, bleib doch hier«, meinte auch Dave. »Wir machen auch Blaubeerpfannkuchen zum Frühstück.«

Also blieb Lincoln. Er schlief auf der Couch, und als er aufwachte, half er Christine bei den Pfannkuchen und diskutierte mit Dave über einen Fantasy-Roman, den sie beide gelesen hatten. Nach dem Frühstück musste er ihnen versprechen, bei der nächsten Partie wieder mit dabei zu sein.

»Jetzt haben wir immer noch nicht über dich geredet«, meinte Christine.

»Ja«, stimmte Dave zu, »du hast uns noch nichts von deinem Job erzählt.«

Es war so ein tolles Wochenende gewesen, dass Lincoln immer noch gut gelaunt war und sich nicht so einsam fühlte, als er am Montagabend zur Arbeit kam. Er fühlte sich geradezu euphorisch, als seine Schwester anrief.

»Und, hast du weiter in dem Buch mit den Fallschirmen gelesen?«, wollte Eve wissen.

»Nein, das schüchtert mich nur ein.«

»Was?«

»Na, das Buch«, erklärte Lincoln. »Die Zukunft.«

»Ach, und deshalb hast du das Thema Zukunft jetzt abgehakt?«

»Ich konzentriere mich auf das Wesentliche.«

»Und was ist das?«

»Die nähere Zukunft«, erläuterte er. »Mit der näheren Zukunft kann ich umgehen. Heute Abend werde ich zum Beispiel lesen, nur zu meinem Privatvergnügen. Morgen werde ich mir beim Mittagessen ein Bierchen gönnen. Am Samstag habe ich vor, Dungeons & Dragons zu spielen. Und Sonntag gehe ich vielleicht ins Kino. Das ist mein Plan.«

»Das ist kein Plan«, widersprach sie.

»Doch. Das ist mein Plan. Und der macht mich wirklich glücklich.«

»Solche Sachen sind kein Plan. Man plant nicht, etwas zu lesen oder zum Mittagessen ein Bier zu trinken. Das sind Dinge, die man macht, wenn man zwischen geplanten Terminen ein wenig Zeit hat. Das sind reine Nebenprodukte.«

»Nicht für mich«, wiederholte er. »Das ist mein Plan.«

»Du wirst wieder rückfällig.«

»Oder vielleicht werde ich ja vorfällig.«

»Ich kann jetzt nicht weiterreden«, schnitt Eve ihm das Wort ab. »Ruf mich am Wochenende an.«

»Ich trag dich in meinen Terminkalender ein.«

Mit dem ganzen Millennium-Kram hatte Lincoln bei der Arbeit mehr zu tun als sonst – er half beim Codieren und versuchte, Gregs Eingreiftruppe ein wenig auf die Finger zu schauen –, aber er hatte immer noch jeden Abend mehrere Stunden zur freien Verfügung. Als er sich am Freitagabend selbst einredete, wie glücklich er sich schätzen konnte, dafür bezahlt zu werden, Isaac Asimovs Foundation-Zyklus noch einmal lesen zu können, hätte er es fast geglaubt.

Geld- und Zeitmangel, das waren die zwei Dinge, über die er die Menschen am häufigsten klagen hörte, und er hatte mehr als genug von beidem.

Es gab nichts, was Lincoln gerne gehabt hätte, sich aber nicht leisten konnte. Und außerdem, was gab es schon, was er sich gerne leisten wollte? Sich Bücher als gebundene Ausgabe zu kaufen, wenn sie gerade erst herausgekommen waren. Nicht darüber nachdenken zu müssen, was er im Restaurant bestellte. Vielleicht ein Paar neue Turnschuhe … Und es gab auch nichts, was er gerne tun wollte und wofür er nicht die Zeit gefunden hätte. Warum sollte er sich also beschweren? Was wollte er mehr?

Liebe, konnte er Eve sagen hören. Ein Ziel.

Liebe. Ein Ziel. Das waren Dinge, die man eben nicht planen konnte. Das sind Dinge, die sich einfach ergeben. Und was, wenn sie sich nicht ergeben? Soll man dann sein ganzes Leben damit verbringen, ihnen nachzuweinen? Und darauf warten, glücklich zu werden?

An diesem Abend schrieb Dave ihm in einer E-Mail, dass er das D-&-D-Spiel am nächsten Samstag absagen musste. Eines ihrer Kinder hatte den Rotavirus, von dem Lincoln noch nie etwas gehört hatte. Aber allein der Name klang schon grauenvoll. Er stellte sich einen Virus mit Rotorblättern und einem Motor vor. Dave erklärte, dass der Kleine ständig über der Kloschüssel hing, dass sie in die Notaufnahme fahren mussten und dass Christine Todesängste ausstand.

Wahrscheinlich können wir auch die nächsten Wochen erst mal nicht, hatte Dave geschrieben.

Kein Problem, mailte Lincoln zurück, ich hoffe, es geht ihm schon besser. Ruht euch aus.

Das arme Kind. Arme Christine.

Das ist jetzt eigentlich nicht so schlimm, redete Lincoln sich selbst zu, ich bin ja flexibel. Er konnte dieses Wochenende immer noch ins Kino gehen. Oder mal wieder seine Comics lesen. Oder Justin anrufen.

Im WebShark-Ordner warteten 23 Nachrichten auf ihn. Vielleicht war diesmal sogar etwas dabei, um das Lincoln sich wirklich kümmern sollte. Er sagte sich, dass er genauso gut auch mal was für sein Geld tun konnte, und öffnete den Ordner.

Er öffnete ihn hoffnungsvoll.

Liebe auf den zweiten Klick
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