Kapitel 50
Von: Jennifer Scribner-Snyder
An: Beth Fremont
Gesendet: Mo., 13. 12. 1999, 9:54 Uhr
Betreff: Wie war die Party?
Dieses Wochenende war doch deine Teegesellschaft für Kiley, oder?
Von Beth an Jennifer: Uff. Ja. Frag lieber nicht.
Von Jennifer an Beth: Du musst mir alles erzählen. Es geht hier schließlich darum, ob du auch das Zeug dazu hast, meine Babyparty zu schmeißen.
Von Beth an Jennifer: Ich glaube, ich möchte jetzt lieber nicht über Partys nachdenken. Vielleicht weigere ich mich sogar, je wieder eine Party zu organisieren.
Von Jennifer an Beth: Was ist denn los? Hast du jemandem aus Versehen Tee auf den Schoß gekippt?
Von Beth an Jennifer: Hm. Nein. Damit das passiert, hätte mir überhaupt jemand die Gelegenheit geben müssen, Tee auszuschenken. Offensichtlich trinken Tri-Delts keinen Tee. Sie trinken Diät-Cola – im Notfall auch Diät-Pepsi –, aber heißen Tee? Wohl kaum.
Ich hatte fünf Teesorten da, das Teeservice von meiner Oma, Würfelzucker und richtige Sahne. Aber es war mir nicht in den Sinn gekommen, Diät-Cola zu kaufen, als ich meine Teegesellschaft vorbereitet habe.
Ich musste Chris zum Kwik-Shop losschicken.
Von Jennifer an Beth: Chris ist zu der Party gekommen?
Von Beth an Jennifer: Er ist nicht gekommen. Er ist nur einfach nicht gegangen. Was fantastisch war, weil ich nicht bedacht hatte, dass diese Tee-Sandwiches ungefähr achtmal komplizierter sind als normale Sandwiches. Also hat er englische Gurken geschnitten und Spargel blanchiert und ungefähr eine Stunde damit verbracht, Krusten abzuschneiden.
Wie schon gesagt, nicht, dass das jemand gewürdigt hätte. Denn weißt du, was Tri-Delts auch noch gar nicht mögen, abgesehen von heißem Tee? Brot. Eine von Kileys Brautjungfern hat doch tatsächlich verkündet: »Am Wochenende esse ich nie Brot. Ich spare mir meine Kohlenhydrate fürs Partymachen auf.«
Von Jennifer an Beth: Wo macht die denn Party – bei einer Tortenschlacht?
Von Beth an Jennifer: Ich glaube, sie meinte eher Bier.
Von Jennifer an Beth: Oh, richtig. Also, was hast du dann gemacht?
Von Beth an Jennifer: Was sollte ich denn machen? Chris ist los, um Diät-Cola zu kaufen. Übrigens fanden sie ihn alle ganz toll. Sie hatten überhaupt kein Problem damit, meinen Tee abzulehnen, meine Sandwiches zu verachten und mit meinem Freund zu flirten.
Von Jennifer an Beth: Hat er zurückgeflirtet?
Von Beth an Jennifer: Das nicht direkt. Aber er war ach so hilfsbereit. Er hat Eiswürfel, Gläser, eine Flasche Rum und das ganze restliche Gemüse aus der Küche geholt. Und während er ihre Gläser aufgefüllt hat, ist er sich von Zeit zu Zeit mit der Hand durch die Haare gefahren, was die Truppe natürlich in Verzückung versetzt hat. Wenn er nicht verschwunden wäre, als Kiley angefangen hat, ihre Geschenke auszupacken, wären die wohl nie gegangen.
Von Jennifer an Beth: Das war doch wirklich nett von ihm, dass er dir geholfen hat. Tut mir leid, dass die Party ein Reinfall war.
Von Beth an Jennifer: Es war nett von ihm. Er war den ganzen Tag lang nett. Er kam wieder nach Hause, eine Stunde, nachdem sie abgezogen waren, und ich saß immer noch auf der Couch und hab mir selbst leidgetan, weil ich darüber nachgedacht habe, dass jede dieser beschränkten Gestalten vor mir verheiratet sein wird und dass Diät-Cola mit Rum das idiotischste Getränk aller Zeiten ist. Sie sollten es »Idiot« nennen, dann müsste jeder, der es bestellt, sich damit an der Theke selbst zu erkennen geben.
Chris kam herein und hat sich neben mich gesetzt und meinte: »Mach dir mal keine Gedanken« und »Perlen vor die Säue« und »Du hast es doch gar nicht nötig, solche jungen Dinger zu beeindrucken«. Ich hab entgegnet, dass sie von ihm ja durchaus ziemlich beeindruckt waren.
»Und was sagt das über mich?«, fragte er. »Dass mich Frauen attraktiv finden, die Rum mit Diät-Cola trinken?«
»Ist das nicht der bescheuertste Drink aller Zeiten?«, meinte ich. »Die haben richtig gestrahlt, als du ihnen das angeboten hast.«
»Skinny-Pirate-Trinker erkenne ich auf eine Meile Entfernung.«
Und ich so: »Hm, also gibt es für die Mischung schon einen Namen.«
Dann hat er mich daran erinnert, dass in der Küche noch Dutzende Sandwiches standen, überwiegend mit Frischkäse. Also haben wir Tee getrunken und die Sandwiches vertilgt.
Von Jennifer an Beth: Manchmal hab ich ihn wirklich gern.
Von Beth an Jennifer: Ich auch. Wenn er immer dieser Mensch wäre, der da am Sonntag zum Vorschein gekommen ist, dann wäre mein Leben ein Traum.
Von Jennifer an Beth: Wer ist er denn sonst?
Von Beth an Jennifer: Es ist ja nicht so, als ob er sonst jemand anders wäre. Es ist eher so, als wäre er normalerweise einfach niemand.
Das klingt schrecklich. So was sollte ich nicht sagen.
Von Jennifer an Beth: Hast du das Gefühl, dass er dich ignoriert?
Von Beth an Jennifer: Nein. Ich hab eher das Gefühl, dass er mich gar nicht sieht. Oder überhaupt irgendwas. Ich würde ja sagen, dass ich mit einem Geist zusammenwohne, aber Geister suchen die Bewohner ihrer Schlösser doch heim, oder nicht? Chris tut normalerweise überhaupt nichts, was mit irgendwelchen Verpflichtungen zu tun hat.
Von Jennifer an Beth: Meinst du, er ist zu allen Leuten so?
Von Beth an Jennifer: Nein. Ich glaube, bei Fremden strengt er sich mehr an. Wenn er auf der Bühne steht, dann tut er zumindest so, als gäbe es eine Verbindung zwischen ihm und dem Publikum … und ich glaube, das laugt ihn ganz schön aus. Ich denke, er ist froh, nach Hause zu kommen, zu einer Frau, die nicht von ihm erwartet, dass er sich verstellt. Die gar nichts von ihm erwartet.
Egal. Wie geht es dir denn? Wie war dein Wochenende?
Von Jennifer an Beth: Es gibt Neuigkeiten: Ich hab Mitch die Wahrheit über Cody gesagt.
Von Beth an Jennifer: Ich dachte, du würdest das einfach ignorieren und hoffen, dass es von allein weggeht.
Von Jennifer an Beth: Wollte ich ja auch, aber dann hat er angefangen, meinen Bauch »den kleinen Cody« zu nennen. Das konnte ich nicht ertragen, ich musste ihm einfach sagen, er soll damit aufhören. Ich hab ihm gesagt, dass kein Teil meines Körpers – oder irgendetwas, das aus meinem Körper stammt – je Cody heißen würde.
»Wie sieht’s mit Dakota aus?«, wollte er dann wissen.
»Niemals. Tut mir leid.«
»Na ja, es muss ja nicht unbedingt Cody sein …«, meinte er dann. »Welche Namen findest du denn gut?«
Ich hab ihm erklärt, dass ich das nicht so recht weiß, aber dass ich klassische, elegante Namen mag, wie zum Beispiel Elizabeth für ein Mädchen. Oder Sarah mit h. Oder Anna. Und für einen Jungen John oder Andrew oder womöglich sogar Mitchell. Ich hab ihm gesagt, wie sehr ich den Namen Mitchell liebe.
Und da hab ich gemerkt, dass er gar nicht so enttäuscht war. Er meinte, diese Namen würde er alle gut finden. Das war eine Erleichterung. Jetzt, wo ich weiß, dass es nicht Cody heißen wird, ist mir dieses Baby schon viel sympathischer.
Mitch ist sehr glücklich über das alles, und ich glaube, er lässt mich den Namen aussuchen. Er war so lieb, dass ich ihm beinahe gesagt hätte, wir könnten Dakota ja vielleicht als Zweitnamen nehmen …
Und dann hab ich beschlossen, dass ich anfangen muss, wie eine Mutter zu denken, die ihr Kind schützen will.
Von Beth an Jennifer: Ich wusste doch, dass sich dein Mutterinstinkt früher oder später melden würde.