Eine Heldengeschichte: Yes, I can!

Das Heldenimage des Hoffnungsträgers, des kühnen Motivators ist aber nicht nur Bestandteil antiker Heldenepen, sondern hochaktuell. Barack Obama wurde es von vielen Menschen zugeschrieben: das Image eines Helden, der dem Guten zum Sieg verhilft, den Weltfrieden herstellt und für Gerechtigkeit und Glück sorgt. Yes, he can! Er sollte das Ölleck im Golf von Mexiko abdichten, BP bestrafen, Härte zeigen oder – wie es der Regisseur Spike Lee sehnsüchtig wünschte – wenigstens einmal explodieren. Das Ergebnis dieser hoffnungsvoll vorgetragenen Imageerwartungen an den Heldenpräsidenten: Ein gereizter und gleichzeitig verunsicherter Präsident, der sich zunächst der erwarteten Heldenrhetorik bedient: »Ich rede mit Experten, um zu hören, wem ich in den Arsch treten muss.«^[9]   Das heroische Kunststück, das hier zur Aufführung kam, war der Versuch, den Volkszorn und den Volksglauben zu bedienen und gleichzeitig lautstark alle unheroischen Störgeräusche der Ohnmacht zu übertönen.

Die Wirklichkeit hätte jeden Herkules überfordert. Zwei nicht gewonnene, wahrscheinlich auch nicht zu gewinnende Kriege,^[10]   die Finanzkrise, die Überschuldung des Staates, Katastrophen über Katastrophen, der Niedergang der Supermacht USA. Die Krise hat Amerika im Griff. Nicht nur die Ölpest nahm die USA in Geiselhaft. Die Zahlungsunfähigkeit schleicht ums Weiße Haus. Befreiung wird aber weder die Messias-Sehnsucht noch das große Wort sein, das die politischen Gegner im Munde führen. Die Befreiung könnte aber darin bestehen, die fortwährenden Demütigungen zu nutzen, um Glaubens- und Weltbilder in Frage zu stellen und neu nach- und vorzudenken, nicht zuletzt auch über das Ideal des Helden. No, I can’t! Inzwischen ist aus dem Helden Obama ein handlungs- und entscheidungsgeschwächter Mensch geworden. Er ist ergraut, und es ist ungewiss, ob er 2012 erneut Präsident werden wird. Nicht nur der anfangs zum Helden gekürte Präsident erscheint niedergedrückt oder gar depressiv. Die US-amerikanische Wirtschaft ist es auch und wird es, trotz einzelner Aufschwünge, wohl auf längere Sicht auch bleiben.

Warum aber finden trotz allem noch immer so viele Menschen Gefallen an der Heldenrolle?