Was stattdessen?
Traumata und Katastrophen sind nicht zu vermeiden. Es gibt keinen unfehlbaren Katastrophenschutz und keine sichere Traumaprophylaxe. Es kann also lediglich darum gehen, was man aus dieser Tatsache macht. Die Katastrophe von Tschernobyl wurde leider nicht genutzt, den Glauben an die Beherrschung der Atomenergie durch Technik und Wissenschaft in Frage zu stellen. Die neuerliche Traumatisierung durch Fukushima stellt eine neue Chance zum posttraumatischen Wachstum dar; ob sie genutzt wird, bleibt abzuwarten. Die Chance bestünde darin, zunächst einmal zu konstatieren, dass die alten Vorstellungen nicht mehr funktionieren. Erst auf dieser Basis können sich neue Einsichten und Verhaltensweisen entwickeln.
Je konsequenter aber am Glaubenssystem der Wissensgesellschaft festgehalten wird, umso größer wird die Enttäuschungssensibilität. Das verschlechtert die Stimmung. Risikominimierungsanstrengungen vergrößern die Unsicherheit. Die Stimmung trübt sich weiter ein.
Die Tugend, die in einem neuen Glaubenssystem Platz finden müsste, wäre die Tugend der resignativen Reife. Die Einsicht, dass Handlungen und Entscheidungen nicht auf der Grundlage wissenschaftlicher Gewissheit vollzogen werden, sondern auf der Grundlage ihrer Abwesenheit. Und zum posttraumatischen Wachstum könnte nicht zuletzt der Gedanke beitragen, dass wir mit unlösbaren Problemen leben müssen. Diese Einsicht, hätten wir sie erst einmal akzeptiert, könnte unserer Stimmung guttun und uns Entspannung verschaffen.