Wir entwickeln eine sehr enge, intime Beziehung zu unserem toten Gaul!
Neben den Rechtfertigungsstrategien, die es Tätern ermöglicht, ihre moralischen Überzeugungen beizubehalten, sind sie am Vergessen interessiert: Vergessen wir’s! Ganz anders die Opfer, das heißt die Menschen, die sich selbst als Opfer bezeichnen, weil jemand gegen ihre eigenen Vorstellungen von Moral verstoßen hat. Opfer leiden selten an Vergesslichkeit. Sie erklären sich selbst und anderen, welche anhaltend negativen Folgen ihre Erfahrungen haben. Sie halten Gedanken an das ihnen zugefügte Unrecht lange aufrecht. Gefühle des Hasses werden kultiviert und stabilisiert. Zu hassen erscheint diesen Menschen wie eine Bestrafung des Täters. Rache ist der Versuch, Gerechtigkeit herzustellen. So leben nicht wenige Ehepaare nach der Scheidung den intimsten Teil ihrer Paarbeziehung. Verbunden durch Rachefeldzüge, wollen sie nicht voneinander lassen. Die Opfer, meist beide Partner, verharren dabei in der immer wieder gestellten quälenden Frage: Wie konnte mir so etwas Schlimmes geschehen, wo ich doch so ein anständiger Mensch bin? Auch dabei werden tote Gäule weitergeritten, auf eine sehr intime Weise, allerdings begleitet von miesester Stimmung.