KAPITEL
16
Yosef atmete tief die jasmingeschwängerte Luft ein und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, wobei er so tat, als würde er die leise geführte Unterhaltung der Männer in der Ecke, die über sein Schicksal entschieden, ignorieren. Über seinem Kopf erhob sich ein Deckengewölbe aus korallenrotem Marmor. Aus dunklem Holz gefertigte und mit Schnitzwerk verzierte Möbel standen längs der Wände, und der Boden wurde von einem mit Rosen bestreuten Teppich bedeckt. Karmesinrot gesäumte Vorhänge hingen in schimmernder Eleganz vor den Fenstern, die auf die leere Wildnis des Felsplateaus hinausführten. Seine Augen verweilten für einen Moment auf der Bergkette. Von seinem Blickwinkel aus wirkte sie wie das Rückgrat eines längst ausgestorbenen Sandmonsters.
Ari stieß ihn in die Rippen und flüsterte heiser: »Ganz schön überladen, nicht?«
»Du hast noch nie Geschmack gehabt.«
»Religion zu verkaufen scheint sich auszuzahlen, hä?«
Yosef betrachtete seinen Freund forschend. Ari zog eine finstere Miene, während er jede Einzelheit des üppig ausgestatteten Zimmers in sich aufnahm. Yosef konnte seine Gefühle verstehen. Als sie landeten, hatten sie beide die hungrigen Gesichter der Kinder gesehen und die Lumpen, in die das einfache Volk gekleidet war. Und der Mashiah lebte so? Das beleidigte Yosefs Sinn für Gerechtigkeit zutiefst.
»Religion ist immer ein gutes Geschäft.«
»Ich wette, wenn er diesen antiken Plunder verkaufen würde, könnte er damit die halbe Stadt ernähren.«
»Schon möglich.«
Ari stieß angewidert die Luft aus und rüttelte an der mit ornamentalem Schnitzwerk bedeckten Lehne seines Stuhls, als wollte er die Haltbarkeit des Möbels prüfen. Nachdem der Stuhl sich als offenkundig solide gebaut erwiesen hatte, lehnte Ari sich zurück, streckte die langen Beine aus und fing an, Fusseln von seiner blauen Hose zu zupfen. »Was glaubst du, werden sie mit uns machen?«
»Ich weiß nicht.«
»Wahrscheinlich töten sie uns.«
»Wenn man bedenkt, was du in dem Lagerhaus angerichtet hast, könnte man ihnen das nicht einmal verdenken.«
»Hoffen wir, daß der Mashiah uns umbringt. Wenn sie uns diesem häßlichen Captain ausliefern, geraten wir wirklich in Schwierigkeiten.«
Sie schauten zur gegenüberliegenden Ecke des Zimmers hinüber. Dort sprachen der Captain des magistratischen Schiffes, der Hoyer, und der Ratsherr miteinander. Der große, schlanke Captain schritt besorgt vor dem Fenster auf und ab. Beide Männer waren noch jung, vielleicht Mitte Dreißig, doch ihr Verhalten war höchst unterschiedlich. Cole Tahn, der Captain, hielt sich kerzengerade aufrecht. Seine gut aussehenden Züge drückten Verärgerung aus. Das dunkelbraune Haar war kurzgeschnitten. Er besaß blauviolette Augen und dünne Lippen. Er bewegte sich schnell und entschlossen wie ein Mann, der daran gewöhnt war, daß seine Anordnungen sofort befolgt wurden und der jede Verzögerung als höchst störend empfand. Ornias hingegen hatte das Gehabe einer Katze, die sich in der Sonne räkelte: faul, zufrieden und stets wachsam. Die Bräune seines Gesichts und der Arme hoben sich stark von der schimmerndweißen Robe ab.
»Ratsherr«, erklärte Tahn scharf, »ich sage Ihnen, die beiden sind keineswegs unschuldig. Sie sind in Begleitung von Jeremiel Baruch hergekommen. Sie müssen unter einer Decke mit ihm stecken.«
Ornias strich sich den Bart und registrierte mißbilligend den Schmutz an den Aufschlägen von Tahns purpurner Hose. »Wenn Baruch bei ihnen war, wo befindet er sich dann jetzt?«
»Offensichtlich ist er mit einem Jetpack abgesprungen und befindet sich noch immer auf dem Planeten.«
»Davon bin ich nicht überzeugt, Captain. Vielleicht haben Ihre Männer sich ja geirrt, und er ist an Bord eines anderen Schiffes gegangen. In der Hitze des Gefechts kann es schon mal zu einiger Verwirrung kommen. Ein Schiff gleicht dem anderen, und ein Mann in Schwarz…«
Der Captain preßte die Kiefer zusammen. »Wir wissen definitiv, daß es jenes Schiff ist, das er auf Kayan gestohlen hat.«
»Haben Sie gesehen, wie er über Horeb ausgestiegen ist?«
»Nein, aber…«
»Dann haben Sie auch keinen Beweis, daß er sich hier aufhält.«
»Mit Ihrer Erlaubnis, Ratsherr, würde ich gern die beiden Verdächtigen befragen. Ich bin sicher, sie können Ihre Fragen besser beantworten als ich.«
Ornias seufzte schwer und wies mit der Hand zu Ari und Yosef hinüber. Die beiden setzten sich aufrecht hin und warfen sich warnende Blicke zu.
»Erzähl ihm nichts!« zischte Ari hinter vorgehaltener Hand.
Yosef verzog unwillig den Mund. Hielt Ari ihn für beschränkt? Er würde Tahn nichts erzählen, was nicht bereits offensichtlich war. Wo immer sich Jeremiel auch verbergen mochte, er konnte gewiß darauf verzichten, daß irgend jemand auch nur vage Andeutungen darüber verbreitete.
Der Captain baute sich mit gespreizten Beinen vor ihnen auf und machte ein drohendes Gesicht. »Wer sind Sie?«
»Ari Funk. Das hier ist Yosef Calas. Wir stammen von Tikkun. Wir sind hergekommen, um dem Mashiah zu dienen.«
»Calas?« Der Captain verzog angewidert das Gesicht, und Yosef bemerkte, daß Ornias sich rasch umdrehte und mit zusammengekniffenen Augen herschaute. »Irgendeine Verbindung zu Zadok Calas?«
»Mein Bruder.«
»Ihnen ist bekannt, daß er tot ist?«
»Ja, ich weiß.« Yosef senkte den Blick auf eine der Rosen, die den Teppich schmückten. Aris knochige Hand klopfte ihm verstohlen auf den Arm. Obwohl der Kummer seine Brust eng machte, bemerkte er doch die Besorgnis, mit der seine beiden potentiellen Henker auf Zadoks Namen reagierten. Warum? Was hatte sein Bruder getan, um solches Interesse zu erregen?
»Eine Tragödie. Wann ist das passiert?« erkundigte sich Ornias mit seidenweicher Stimme. Im Licht, das durch die Fenster hereinströmte, glänzte sein Haar wie cassopianischer Satin. Der selbstgefällige Ausdruck auf seinem Gesicht verriet Yosef fast mehr als ihm lieb war. Und langsam keimten in ihm Zweifel, ob er Horeb je wieder würde verlassen können.
»Vor etwa einer Woche«, erwiderte Tahn.
Triumph blitzte in den Augen des Ratsherrn auf, und Yosefs Befürchtungen wichen einem plötzlich aufwallenden Haß.
»Was wollten Sie auf Kayan?«
Yosef rückte die Brille zurecht und antwortete in traurigem Tonfall: »Wir sind dort hingeflogen, um an der Beerdigung meiner Nichte teilzunehmen. Doch Ihre Leute haben den Notstand ausgerufen, und Mr. Funk und ich durften das Schiff gar nicht erst verlassen.«
»Wo ist Jeremiel Baruch?«
»Wer?« fragte Ari.
»Tun Sie nicht so unschuldig. Wir haben seine Fingerabdrücke überall an Bord der Seros entdeckt. Wir wissen, daß er bei Ihnen war, als Sie Kayan verlassen haben.«
»Mag sein, aber andererseits seid ihr Jungs in Purpur ja nicht gerade für eure Intelligenz bekannt«, bemerkte Ari. »Vielleicht war er ja auch im Schiff, bevor wir an Bord gegangen sind. Wie sieht er denn aus? Vielleicht sind wir ihm begegnet…«
»Alter Mann«, sagte Tahn, stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich vor, um Ari direkt in die Augen zu sehen, »ist Ihnen klar, daß ich Sie am höchsten Baum aufknüpfen lassen könnte?«
»Nun aber mal langsam, Captain«, meinte Ornias mißbilligend. »Für die Magistraten mag er ja unter Verdacht stehen, aber er ist ein Gamant auf einem gamantischen Planeten. Sie besitzen keinerlei Autorität, hier eine Untersuchung durchzuführen, es sei denn, wir gestatten es Ihnen.«
»Wenn meine Untersuchung beendet ist, könnte ich in Erwägung ziehen, den ganzen Planeten unter ein Interdikt zu stellen, Ratsherr.«
»Ach, wirklich? Nun, hoffen wir, daß es nicht so weit kommt.«
Dunkelblaue Funken blitzten in Tahns violetten Augen, als sich sein Blick in den Ornias’ bohrte. Er richtete sich langsam auf und fragte: »Sie kennen die Strafen, die darauf stehen, einem von der Regierung gesuchten Kriminellen Unterschlupf zu gewähren?«
»Wir gewähren niemandem Unterschlupf, Captain. Bitte beeilen Sie sich, und beenden Sie das Verhör dieser Gläubigen. Ich bin sicher, sie sehnen sich schon ungeduldig nach dem Taufwasser in der Halle der Proselyten.«
Der Captain wandte sich wieder Ari zu, der noch immer geduldig Fusseln von seiner Hose zupfte, sie zusammenrollte und auf den Teppich fallen ließ. Inzwischen umgab ihn schon ein blauer Halbmond.
»Funk, nach Ihrer Landung zu urteilen ist es vollkommen ausgeschlossen, daß Sie den Lichtsprung der Seros von Kayan hierher selbst durchgeführt haben.« Tahn hielt inne, um Ari scharf ins Auge zu fassen, doch als der alte Mann nur milde zwinkerte, fuhr er fort: »Seien Sie ehrlich. Warum wollte Baruch nach Horeb kommen?«
Yosef hielt den Atem an und warf seinem Freund einen Seitenblick zu. Ari wollte doch nicht gar einen Streit vom Zaun brechen? Etwa, indem er behauptete, er hätte das Schiff doch geflogen? Das sähe ihm zwar ähnlich, würde sie aber nur noch mehr in Verlegenheit bringen. Andererseits fragte er sich, ob Ari überhaupt etwas sagen konnte, was Tahns Argwohn nicht noch weiter nährte. Lieber Himmel, es sah ganz so aus, als würden sie trotz der Einwände des Ratsherrn letztlich bei den Magistraten landen.
»Warum wollte Baruch nach Horeb kommen?«
Ari legte den Kopf schief und betrachtete mehrere Sekunden lang nachdenklich die gegenüberliegende Wand, bevor er antwortete. »Das ist eine gute Frage. Doch ich fürchte, Sie stellen sie dem falschen Mann. Yosef versteht sich viel besser auf Ratespiele als ich. Yosef …?«
Gereizt rief der Captain: »Ist Baruch gekommen, um gamantische Rekruten für seine Streitkräfte anzuwerben?«
Ari klopfte Yosef auf die Schulter. »Nun, Calas, was glaubst du? Antworte dem Captain!«
»Hören Sie auf, alter Mann!« Tahn beugte sich vor, um genau in Aris graue Augen zu schauen. »Ganz gleich, was der Ratsherr sagt, wenn ich herausfinde, daß Sie mit Baruch und seiner Mörderbande unter einer Decke stecken, sperre ich Sie für tausend Jahre ein.«
Ari lachte herablassend. »Haben Sie neue medizinische Techniken entwickelt, von denen wir noch nichts wissen? Vielleicht wären die es ja wert, daß wir uns ergeben.«
Yosef schloß die Augen, als er sah, wie sich die Nasenflügel des Captains weiteten. Ihnen blieben vielleicht noch zwanzig Jahre. Und wenn man sie mit der Bewußtseinssonde behandelte, würden sie diese paar Jahre wohl kaum noch genießen können.
Tahns Stimme klang heiser. »Warum ist Jeremiel Baruch nach Horeb gekommen?«
»Vielleicht, um dem Mashiah zu huldigen? Na, ist Ihnen das schon mal in den Sinn gekommen?« fauchte Ari feindselig.
»Er ist nicht religiös. Er glaubt nur an seine kriminellen Kumpane und an die Waffen, die er uns stiehlt.«
»Woher wollen Sie das wissen?« fragte Ari angriffslustig und strich sich das graue Haar aus dem schmalen Gesicht.
»Ich habe schon ein dutzend Mal gegen ihn gekämpft und kenne die Arbeitsweise seines Verstandes fast so gut wie meine eigene. Warum sagen Sie mir nicht einfach, warum er hier ist?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie geben also zu, daß er hier ist?«
»Habe ich das getan?« Ari machte ein Gesicht, als hätte er etwas vergessen.
Tahn hob die Augenbrauen und kratzte sich heftig den Nasenrücken. »Ich mag solche Spielchen nicht, Funk«, grollte er.
»Sagen Sie mal«, meinte Ari und blickte ihn fragend an, »warum glauben Sie eigentlich, er wäre nach Horeb gekommen? Das ist doch ein furchtbar öder Planet. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, muß ich zugeben, daß ich selbst neugierig bin, wo er sich aufhält. Vielleicht ist er…«
»Sie sind ein Lügner.«
Ari blinzelte und schaute drein wie eine debile Eule. »Ich bin kein Lügner. Ari ist einer. Aber das liegt nur daran, daß er senil ist. Er kann nichts dafür.«
Yosef lächelte Tahn an und hob entschuldigend die Schultern – und nahm sich stillschweigend vor, Ari später dafür umzubringen.
Wie um seine Aussage zu bekräftigen, zog Ari die Dose mit Roten Beten aus der Tasche und betrachtete sie angelegentlich. »Wußten Sie, daß Rote Bete früher als Geschenk der Götter galten? Sie helfen bei Erkältungen und Halsentzündungen, aber heutzutage sind sie recht selten geworden …«
»Ratsherr«, sagte Tahn mit zusammengebissenen Zähnen, »gestatten Sie, daß ich diese beiden Schauspieler mit auf mein Schiff nehme? Wenn sie tatsächlich unschuldig sind, schicke ich sie zurück.«
»Captain, Sie haben bestimmt erkannt, daß diese beiden alten Pilger weder für Sie noch für Horeb eine Bedrohung darstellen. Und sie wissen sogar noch weniger über Baruch als Sie.« Ornias näherte sich der Gruppe. »Viele Gläubige kommen von überall aus der Galaxis nach Horeb, und die Absichten dieser beiden ehrenwerten Herren sind zweifellos religiöser Natur. Warum bedrängen Sie sie so?«
Zorn blitzte in Tahns Augen auf. »Mein Auftrag besteht darin, Jeremiel Baruch aufzuspüren und festzunehmen. Er ist ein Dieb und Mörder und wird in jedem von Menschen besiedelten Raumsektor wegen seiner räuberischen Überfälle auf unschuldige Bürger der Galaxis gesucht. Ich bedränge niemanden, ich befolge Befehle!«
»Baruch ist nicht hier, Captain. Ich dachte, darauf hätten wir uns inzwischen geeinigt.«
»Ich glaube nicht, daß wir uns auf irgend etwas geeinigt haben.«
»Was für Beweise brauchen Sie denn noch?«
»Wenn Sie mir nicht erlauben wollen, Funk und Calas weiter zu verhören, brauche ich Ihre Genehmigung, um eine gründliche Suche auf Horeb einzuleiten.«
»Nein.«
»Warum nicht? Sie haben doch nichts zu verbergen?«
»Weil es«, sagte Ornias lächelnd, »gegen unsere planetaren Gesetze verstößt, die auf dem Vertrag von Lysomia basieren. Dieser Vertrag, der Ihnen sicher geläufig ist, besagt eindeutig, daß unabhängige gamantische Planeten das Recht haben, Gesetze entsprechend ihrer eigenen moralischen Grundsätze zu erlassen und anzuwenden, es sei denn, es käme zu anarchieähnlichen Zuständen, zur Gefährdung von Regierungseigentum oder zu Aktionen der Bevölkerung, die die Sicherheit der Galaxis gefährden. Ist das korrekt, Captain?«
»Baruch zu verstecken, wäre eine derartige Aktion, Ratsherr.«
»Er ist nicht hier. Außerdem gibt es keinen Regierungsbesitz auf Horeb, und wir leben in Frieden. Infolgedessen besitzen unsere Gesetze Gültigkeit, und die verbieten nun einmal militärische Einsätze innerhalb unseres Hoheitsgebiets. Sie sehen also«, er lächelte freundlich und breitete die Arme aus, »daß mir die Hände gebunden sind. In gewisser Weise habe ich bereits das Recht ›gebeugt‹, indem ich Ihre Anwesenheit hier gestattet habe. Mit Sicherheit können wir nicht zulassen, daß Ihre Streitkräfte eine Suchaktion durchführen. Aber wie auch immer, ich garantiere Ihnen: Falls sich herausstellt, daß Baruch sich auf Horeb aufhält, werden wir alles in unserer Macht stehende tun, um seiner habhaft zu werden und ihn an Sie auszuliefern.«
Tahns blauviolette Augen verengten sich. »Aha. Nun, ich würde gern mit dem Mashiah über die Suche sprechen, wenn Sie nichts dagegen haben. Er ist doch auf Horeb die höchste Instanz, nicht wahr?«
»Ja, natürlich. Aber er wird Ihnen das gleiche …«
»Ich würde es begrüßen, ihn das selbst zu fragen.«
Ornias betrachtete den Captain für einen Moment; dann lächelte er höflich und ging zu einem Messinggong, der neben der Doppeltür hing. Er schlug ihn sanft an und wartete, bis eine schöne schwarzhäutige Dienerin in einem fliederfarbenen Faillegewand erschien. Er streichelte ihr zärtlich die Wange und säuselte: »Shassy, Liebes, schaust du bitte nach, ob der Mashiah einen Augenblick seiner Zeit für uns erübrigen kann? Captain Tahn vom magistratischen Schiff Hoyer würde gern mit ihm sprechen.«
Sie wich vor seiner Hand zurück, doch die Bewegung war so subtil, daß Yosef bezweifelte, irgend jemand außer ihm könnte sie bemerkt haben. Sie musterte den Captain mit hochgezogenen Brauen, als wäre er der Diener – und zwar einer, der eine außerordentlich langsame und schmerzhafte Hinrichtung verdiene. Yosef runzelte die Stirn. Ihr Verhalten war das einer Königin in Gefangenschaft. Mit Sicherheit betrachtete sie sich nicht als gewöhnliche Arbeitskraft im Haus des Mashiah. Wer war sie? Und warum erduldete sie ihre Rolle als Hure des Ratsherrn?
»Ich werde nachsehen, ob Adom Zeit hat«, erklärte sie, wandte sich um und verließ das Zimmer.
Ari beugte sich vor und meinte mit großen Augen. »Er ist unser neuer Erlöser, müssen Sie wissen. Er wird uns befreien und euch häßliche Magistratenschranzen allesamt töten.«
Ornias krümmte sich ein wenig zusammen und schielte zu Tahn hinüber. Der Captain hatte die Lippen fest zusammengepreßt und stieß ein ärgerliches Schnauben aus. »Ich bin mir Ihrer sonderbaren religiösen Vorstellungen durchaus bewußt, Mr. Funk.«
Ein paar Minuten später erklangen draußen auf dem Korridor leise Schritte. Dann stürmte ein junger Mann mit langem blondem Haar und großen blauen Augen in den Raum und blieb abrupt stehen, als er Tahns purpurne Uniform bemerkte. Atemlos starrte er den Captain an. Yosef runzelte die Stirn. Von seiner in königlichem Scharlach gehaltenen Robe einmal abgesehen, schien der berühmte Mashiah nichts anderes zu sein als ein schmächtiger, relativ gut aussehender Junge.
»Captain Cole Tahn«, stellte Ornias vor, »das ist Adom Kemar Tartarus.« Schützend trat er näher an den Mashiah heran.
Tahn streckte eine Hand aus, ließ sie dann aber unbehaglich wieder sinken, als Tartarus mit den Fingern das heilige gamantische Dreieck bildete.
»Möge der Segen Milcoms mit Ihnen sein, Captain«, grüßte der Mashiah mit einer überraschend angenehmen Stimme. Sie klang leise und unschuldig wie die eines Kindes.
Yosef schaute zu Ari hinüber und sah, wie der Freund die buschigen Augenbrauen neugierig zusammenzog. Das war der Mann, der Jeremiel so beunruhigte? Tartarus sah aus, als würde er zusammenbrechen, wenn jemand auch nur »Buh!« riefe. Doch die äußere Erscheinung mochte täuschen. Vielleicht spielte der Junge dem Captain auch nur die Rolle der naiven Unschuld vor.
»Mashiah«, erklärte Tahn mit fester Stimme, »wir haben den Verdacht, das diese beiden Männer«, er deutete auf Ari und Yosef, »in Begleitung von Jeremiel Baruch hierher gekommen sind. Ich bin sicher, Ihnen ist geläufig, daß Baruch …«
»Jeremiel Baruch?« fragte Adom neugierig und warf den Kopf zurück, so daß sein blondes Haar im Sonnenlicht hell aufschimmerte. »Wer ist das?«
Ornias legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte leise: »Ein Rebell.«
»Ein Rebell?«
Tahn nickte. »Ein gamantischer Rebell. Er kreuzt durch die Galaxis und sät Zwietracht. Ich habe einen Haftbefehl gegen ihn.«
»Der Captain möchte eine gründliche Suchaktion nach Baruch durchführen«, ergänzte Ornias. »Ich habe ihn darüber aufgeklärt, daß die Gesetze auf Horeb den Einsatz fremder Truppen untersagen und …«
»Aber woher wissen wir denn, daß er sich hier aufhält?« unterbrach Adom ihn sanft.
»Wir wissen es«, stellte Tahn erschöpft fest. »Das Schiff, mit dem Funk und Calas landeten, stinkt noch nach ihm.«
»Äh … Funk und Calas sind nicht gelandet, sondern abgestürzt«, verdeutlichte Ornias. »Sie haben unser Lebensmittellager demoliert, Adom. Ich befand mich gerade mit den planetaren Marines dort, um Nahrung an die hungrigen Massen zu verteilen, als sie … kamen.«
Adom wirbelte herum und blickte Yosef und Ari besorgt an. »Sind Sie unverletzt?«
Sie nickten unisono, und Adom entspannte sich ein wenig. Er ging zu ihnen hinüber, und seine schwingende Robe verbreitete den Duft von Sandelholz. »Ist Jeremiel Baruch mit Ihnen hergekommen?«
Ari schüttelte den Kopf. »Nein, Mashiah. Wir sind allein gekommen … um dich zu sehen.«
»Dann seid ihr neue Anhänger?«
»Ja.«
Ein herzerwärmendes Lächeln erhellte das Gesicht des Jungen. Wie ein Kind, das zu Chanukah ein Hündchen geschenkt bekommt, dachte Yosef. Er beobachtete genau, wie Tränen in Adoms Augen stiegen, während er sich vorbeugte, um erst Aris ausgestrecktes Bein und dann Yosefs Schulter sanft zu tätscheln. Ein sonderbarer Junge. Seine Gefühle scheinen tief und absolut ehrlich zu sein.
»Macht euch keine Sorgen mehr«, erklärte der Mashiah, »ihr seid jetzt in Sicherheit.«
Dann wandte er sich wieder an Tahn und sagte: »Es tut mir leid, Captain, aber ich fürchte, der Ratsherr hat Sie völlig korrekt informiert. Wir gestatten keine fremden …«
»Aber Mashiah!« widersprach Tahn. »Baruch ist ein berüchtigter Mörder.«
»Er ist nicht hier.«
»Das wissen wir nicht genau! Diese Männer hier sind aller Wahrscheinlichkeit nach seine Gefolgsleute und versuchen, ihn zu schützen.«
Adom wandte sich halb um und warf den neuen Proselyten einen vertrauensvollen Blick zu. »Sie sagen, Baruch war nicht bei ihnen. Wenn er nicht bei ihnen war, dann ist er auch nicht hier, Captain.« Er blinzelte. »Oder vermuten Sie, er könnte mit einem anderen Schiff hierher gekommen sein?«
Tahn schob die Hände tief in die Hosentaschen. »Nein.«
»Dann also…«
»Wenn Sie es mir schon verwehren, eine Suche durchzuführen, Mashiah, dann gestatten Sie mir wenigstens, diese beiden Männer zu einer weitergehenden Befragung mit auf mein Schiff zu nehmen. Wir haben an Bord der Hoyer eine kleine neurophysiologische Abteilung, die…«
Yosef sog scharf die Luft ein, und sein Herz pochte laut. Alle drehten sich zu ihm um. »Mashiah«, bat er leise, »alles, was wir suchen, ist der Friede… Milcoms. Wenn es dein Wille ist, gehen wir mit Captain Tahn, doch ich versichere dir, daß wir nichts über diesen Baruch wissen.«
»Ich glaube euch«, sagte Adom, dessen Augen von Besorgnis erfüllt waren. Wie eine Katzenmutter, die ihre Brut verteidigt, fuhr er zu Tahn herum und sprach mit mehr Schärfe und Nachdruck, als Yosef ihm je zugetraut hatte. »Captain, bitte verlassen Sie uns jetzt. Baruch befindet sich nicht auf Horeb, und diese Männer unterstehen unserer Gerichtsbarkeit. Von daher sehe ich keinen Anlaß, noch mehr von Ihrer Zeit oder der der Magistraten zu verschwenden.«
»Ich werde gehen«, erklärte Tahn grollend. »Doch seien Sie sich bewußt, daß die Magistraten Ihrer eigenwilligen und unkooperativen Haltung zunehmend müde werden. Als Folge von Calas’ Tod müssen wir bereits einen Aufruhr auf Kayan niederschlagen, und ich möchte nicht, daß es hier ebenfalls zu Ausschreitungen kommt. Die Hoyer wird solange in einer Umlaufbahn um Horeb bleiben, bis wir uns selbst davon überzeugt haben, daß Baruch sich nicht hier befindet.« Er verbeugte sich steif und verschwand durch die Tür.
Seine festen Schritte verhallten in den Weiten der marmornen Korridore.
Ornias schenkte dem Mashiah ein öliges Lächeln. »Sehr gut, Adom. Obwohl ich bezweifle, daß wir ihn gerade zum letzten Mal gesehen haben. Er ist ziemlich hartnäckig.«
»Das spielt keine Rolle. Die Magistraten sind stets…« Seine Stimme verklang, während ein leerer Ausdruck in seine Augen trat. Er neigte den Kopf, als lausche er auf etwas, und Yosef starrte ihn unverhohlen an. Der Junge schien sich in einer Art Ekstase zu verlieren.
»Adom?« rief Ornias leise und warf nervöse Blicke auf Ari und Yosef. »Adom!«
Ein schwarzer Schatten schien über die Wände zu kriechen, und die Fenster schlugen gegen die Rahmen, als ein kalter Wind durch den Raum heulte. Ari zuckte bei dem Laut zusammen. Dunkle, aufgewühlte Wolken verdeckten die Sonne.
»Or… Ornias«, stammelte Adom schließlich. »Milcom ruft mich. Bitte kümmere dich um das Wohlergehen unserer Gäste.« Ohne ein Wort des Abschieds drehte er sich um und verließ den Raum.
Ari schaute Yosef mit hochgezogenen Brauen an und bildete mit den Lippen das Wort »irre«.
Der Ratsherr starrte noch immer auf die Stelle, an der Adom gestanden hatte. »Äh… wie Sie bemerkt haben, kommt Gott mitunter ohne Vorwarnung über ihn«, erklärte er. »Bitte, Mr. Funk und Mr. Calas, wenn Sie mir folgen wollen, bringe ich Sie jetzt zur Halle der Proselyten. Sie befindet sich am anderen Ende des Palasts.«
Sie sprangen auf und rempelten sich gegenseitig in ihrer Eile an, dem weißgekleideten Führer durch die korallenroten Gänge zu folgen.
»Mr. Calas«, sagte der Ratsherr leise, während er sie um eine Ecke führte, »bitte nehmen Sie unser aufrichtiges und tief empfundenes Beileid zum Tod Ihres Bruders entgegen. Wir hatten gehofft, er würde schon bald nach Horeb kommen, um Adom zu prüfen.«
»Ihn zu prüfen?« fragte Ari.
»Ja, um seine Identität als der wahre, in den Schriften verheißene Mashiah zu bestätigen.« Ornias blieb abrupt stehen und lächelte. »Mr. Calas… Yosef… wissen Sie vielleicht, was aus dem Mea Shearim geworden ist? Sicher hatte Ihr Bruder es bei sich, als er starb. Hat er es jemand anderem gegeben, oder…«
»Mea? Was ist das?« unterbrach Ari ihn und blickte zwischen den beiden Männern hin und her.
»Das wissen Sie nicht?« erkundigte sich Ornias.
Beide schüttelten die betagten Häupter.
»Dann vergessen Sie einfach, daß ich es erwähnt habe. Es ist ohnehin nicht mehr von Bedeutung.« Ornias lachte leise und marschierte so schnell den Korridor entlang, daß Yosef laufen mußte, um Schritt zu halten.
Als sie um eine weitere Ecke bogen und einen rechteckigen Raum voller Springbrunnen und Statuen aus rosafarbenem Achat betraten, wurde Yosef langsamer und fiel zurück. Der Klang seiner Schritte wurde von den schwarz und gold gemusterten Teppichen gedämpft. Eine ganze Wand öffnete sich zu einem Panoramablick auf die fernen Berge. Zerklüftete rote Felsspitzen reckten sich empor, um den schildplattfarbenen Himmel zu durchbohren.
Was, so überlegte er sich, mochte einen Ratsherrn von Horeb am heiligen Tor zu einem Gott interessieren, an den er nicht einmal glaubte? Und was für Probleme hatten sich nach Zadoks Tod auf Kayan ergeben?
Zadok lehnte sich erschöpft gegen den schmalen Torbogen zum ersten Himmel und schaute zu Sedriel hinauf, der mit lässigem Flügelschlag durch die azurblaue Luft glitt. Der verachtenswerte Engel trug ein ausgesprochen hochnäsiges Lächeln zur Schau.
»Nun?« fragte Zadok mürrisch.
»Das waren keine siebenhundertundzwanzig.«
»Du kannst nicht zählen, du aufgeblasener Schwachkopf!«
»Reize mich nicht, Calas. Oder soll ich dich zurück ins Nichts schleudern?«
»Kennst du überhaupt irgendeinen dieser Namen, Sedriel? Oder hat man dir nur beigebracht, wie man an den Fingern abzählt?«
Das himmlische Wesen lächelte selbstgefällig. »Du bist das ignoranteste menschliche Wesen der gesamten Schöpfung, ist dir das klar, Zadok? Ich weiß gar nicht, weshalb Epagael deine Existenz überhaupt duldet.«
»Du blöder…«
»Ich dachte, du müßtest so schnell wie möglich zum Schleier? Willst du, daß dein eigener Zorn das vereitelt? Hm? Beleidige mich noch ein einziges Mal, und…«
»Schon gut, schon gut.« Zadoks Zorn verrauchte. Ausnahmsweise hatte Sedriel diesmal recht. Obwohl seine Kehle bereits schmerzte, holte er tief Luft. »Kebirion, Dorriron, Sebiroron, Zahiroron, Webidriron…«
Adom stand im von Kerzen erleuchteten Gebetsraum, lauschte aufmerksam und gab sich große Mühe, alles zu verstehen. Gott stand nur ein paar Schritte entfernt, und sein blauer Umhang flatterte bei jeder Bewegung.
»Yosef Calas kann dir eine große Hilfe sein, Adom. Behandle ihn gut. Führe ihn der Herde zu.«
»Ich versuche, jeden Menschen meines Volkes gut zu behandeln, Milcom. Ich liebe mein…«
»Ja, ja.« Der kristallene Gott seufzte und rieb sich die Stirn. »Ich weiß, ich weiß. Und so soll es auch sein.«
Adom krümmte sich, als er den gereizten Ausdruck auf Milcoms leuchtend goldenem Gesicht sah. »Es… es tut mir leid, Herr. Habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Nein, Adom. Vergib mir. Ich bin heute in Eile, das ist alles. Ich glaube, jeder verdammte Engel im Himmel wettet im Moment gegen uns. Diese verräterischen…« Er warf den blauen Satinumhang zurück, stemmte die Hände in die Hüften und ging vor dem großen, umgedrehten Dreieck an der Wand auf und ab. »Ich spüre, wie sich eine Kraft aufbaut. Und ich weiß nicht, ob wir ihr begegnen können.«
»Ich verstehe nicht, Herr. Warum sollten die Engel uns aufhalten wollen? Wissen sie nicht, daß du uns alle vor dem verderbten Epagael zu erretten versuchst?«
Gott unterbrach seine Wanderung und verzog die Lippen aus einem Schmerz oder Zorn heraus, den Adom nicht erfassen konnte. Milcom erwiderte knapp: »Ihr Universum ist direkt mit dem Epagaels verbunden. Über unser Schicksal wissen sie nur sehr wenig.«
»Ich verstehe.«
»Hast du auch verstanden, was ich über Calas gesagt habe?«
»Ja. Ich… ich soll mich besonders um ihn kümmern.«
»Genau. Laß mich dir kurz erklären, warum das wichtig ist, dann muß ich wieder gehen.« Wieder schritt er auf und ab, diesmal jedoch schneller als zuvor. »Dank seines Namens kann Calas deinen Aufstieg zur neuen Macht der gamantischen Zivilisation beeinflussen.«
»Wird das der Verbreitung unserer Heilsbotschaft dienen, Herr?«
»Ja. Und wir haben nicht mehr viel Zeit. Deshalb ist es äußerst wichtig, daß du meine Anweisungen genau befolgst.«
»Das werde ich, Herr. Bitte sag mir, was ich tun soll.«
»Rachel ist der Schlüssel. Wenn sie kommt…«
»Rachel ist unterwegs?« fragte er atemlos und spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er sehnte sich, sie bei sich zu haben, sie zu lehren, ihr Milcoms Botschaft der Erlösung zu verkünden und … und einfach mit ihr zu reden. Er wußte, daß seine zarten Gefühle für sie einem kindischen Teil seines Herzens entsprangen, doch er konnte nichts dagegen tun.
»Wenn sie kommt, dann sorge dafür, daß sie Ari Funk begegnet. Tue alles in deiner Macht stehende, daß sie einander mögen.« Milcom stieß einen schweren Seufzer aus. »Was vermutlich keine leichte Aufgabe sein wird.«
»Ich tue alles, was ich kann.«
»Noch eines, Adom. Funk und Callas sind nicht so naiv, wie sie scheinen. Merk dir das.«
»Was meinst du damit.«
Milcom durchbohrte ihn mit seinen glitzernden bernsteinfarbenen Augen. »Daß du sie genau im Auge behalten sollst. Sie können eine große Hilfe sein, doch sie können auch alles zum Einsturz bringen. Es kommt ganz darauf an, für welche Seite sie sich letzten Endes entscheiden.« Er machte eine nachdrückliche Handbewegung. »Setz deinen Wachhund Ornias darauf an, ihnen auf der Fährte zu bleiben.«
Adom nickte gehorsam. »Wenn du das für nötig hältst. Gibt es einen Grund dafür, Herr? Sind sie gefährlich?«
»Sagen wir mal, sie sind wichtig genug, um besondere Aufmerksamkeit zu verdienen. Aber sie werden dir nichts tun, Adom. Mach dir also darüber keine Sorgen.«
»Ich mache mir keine Sorgen. Ich weiß, daß du mich beschützt, Herr«, murmelte Adom liebevoll und richtete seinen bewundernden Blick auf Milcom. »Ich fürchte nichts, solange du für mich sorgst.«
Der kristallene Gott neigte den Kopf. Er verharrte so lange schweigend, daß Adom Angst bekam. Hatte er wieder etwas Falsches gesagt? Er biß die Zähne zusammen und warf sich insgeheim vor, dumm und unzulänglich zu sein. »Herr«, murmelte er leise, »ich weiß, daß ich nicht besonders klug bin. Strafe mich, wenn ich dich beleidigt habe.«
»Du beleidigst mich nie, Adom«, stieß Milcom hervor, und als er aufschaute, hätte Adom schwören können, in seinen Augen Tränen glitzern zu sehen. Gott kam rasch zu ihm herüber und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Die Wärme sandte einen Schauer über Adoms Rückgrat. »Es liegt nicht an dir. Ich fühle mich … verraten. Menschen, die einst heimlich zusammen mit mir die Zerstörung gewählt haben, sind jetzt …«
»Wer, Herr?«
Milcom blickte stirnrunzelnd auf ihn hinab. »Kümmere dich nicht darum. Du würdest es doch nicht verstehen.« Er ließ die Hand sinken und schritt rasch zur gegenüberliegenden Wand. Dort hob er die Hände, und der schwarze Wirbel erhob sich und schien die steinerne Wand zu verschlucken, der er entsprang. »Ich werde versuchen, dich rechtzeitig zu warnen, bevor Rachel eintrifft.«
Er ballte die emporgereckten Hände zu Fäusten und entschwand in dem Zyklon aus Dunkelheit, der sich hinter ihm schloß.
Adom schaute blinzelnd auf die Wand, über die das Kerzenlicht tanzte, und erwiderte leise: »Danke, Herr.«