Warum mit dem Körper auch die Seele lacht

 

 

Seit Jahrtausenden sagt man, dass Lachen Medizin ist. »Humor« bedeutete früher allgemein Gemütsbeschaffenheit, Stimmung, und wurde vom lateinischen Wort für »Flüssigkeit, Saft« abgeleitet. Und die Vorstellung der Antike, dass unsere Stimmung auf dem Mischverhältnis unserer Körpersäfte beruht, war – wie man mittlerweile weiß – gar nicht so abwegig. Humor galt als Heilmittel, um unsere Körpersäfte in Balance zu bringen, um inmitten aller Widrigkeiten und Unzulänglichkeiten des Daseins eine heiter-gelassene Gemütsverfassung zu gewinnen. Und selbst der skeptische Philosoph Arthur Schopenhauer schrieb:

 

»Die Heiterkeit des Sinnes belohnt sich augenblicklich selbst. Wer eben fröhlich ist, hat allemal Ursache, es zu sein; nämlich eben diese, dass er es ist. Nichts kann so sehr wie diese Eigenschaft jedes andere Gut vollkommen ersetzen, während sie selbst durch nichts zu ersetzen ist. Einer sei jung, schön, reich und geehrt, so frägt sich, wenn man sein Glück beurteilen will, ob er dabei heiter sei; ist er hingegen heiter, so ist es einerlei, ob er jung oder alt, grade oder bucklig, arm oder reich sei: Er ist glücklich.«

 

Erst in den letzten dreißig Jahren allerdings konnten die günstigen Auswirkungen des Lachens auf unsere Gesundheit und unsere Seelenverfassung durch medizinische und wissenschaftliche Forschungsarbeiten bestätigt werden. Der Neurologe William Fry von der Stanford University gilt als Begründer der Gelotologie, der Lachforschung. Bis zur Gründung dieser Disziplin gab es in den Universitätsbibliotheken zehnmal mehr Regalmeter über Depressionen als über Heiterkeit! Auch der führende österreichische Humorforscher Willibald Ruch hatte es am Anfang schwer, in Kollegenkreisen seine Studien über Heiterkeit zu rechtfertigen. Doch auch differenzierte Experimente am medizinischen Zentrum der Loma Linda Universität in Kalifornien belegten die positiven Wirkungen des Lachens auf unsere physische und psychische Verfassung mehrfach. Fazit: Wenn der Mensch lacht, genesen Körper und Seele.

 

Lachen aktiviert den ganzen Körper. Es beschleunigt den Puls und beansprucht mehr als achtzig Muskeln. Eine Minute herzhaftes Lachen entspricht einer Körperleistung von zehn Minuten laufen oder  rudern. Es vertieft die Atmung, steigert die Sauerstoffversorgung und fördert dadurch die Verbrennungsvorgänge im Körper. Zwar wird der Herzschlag zunächst beschleunigt, doch verlangsamt er sich dann wieder, sodass der Blutdruck gesenkt wird. Die schädlichen Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden reduziert und die Immunabwehrkräfte durch Vermehrung der natürlichen Killerzellen, der T-Lymphozyten und der Immunglobuline gestärkt. Außerdem wurde wiederholt festgestellt, dass Lachen den Genesungsprozess von Kranken fördert: Immer häufiger wird die Lachtherapie nicht nur bei Depressionen, sondern auch zur Beschleunigung der Heilung von Allergien und zur Schmerzreduktion eingesetzt. So haben Versuche ergeben, dass die Schmerzempfindlichkeit von Menschen signifikant sank, wenn diese einen lustigen Film sahen. Daher gibt es mittlerweile in vielen amerikanischen Krankenhäusern »Humorberater« und therapeutische Lachprogramme, und jährlich findet ein internationaler Kongress über »Humor in der Therapie« statt.

 

Psychisch bewirkt Lachen neben der Steigerung des Lebensgefühls zunächst Entspannung. Als eine der angeborenen Urreaktionen des Menschen aktiviert es die ältesten Gehirnregionen, während die jüngeren, mentalen Zentren im Kopf ausgeblendet werden. Lachen schafft gewissermaßen eine meditative Pause fürs Gehirn, in der die Probleme des Alltags ausgeblendet werden und sich unser Denkapparat erholen kann. Einerseits macht Lachen also den Kopf frei, andererseits steigert es Kreativität und Effizienz, indem es die Nervenzellen im Gehirn aktiviert. So beginnt in etlichen indischen Schulen der Unterricht mittlerweile mit zehnminütigen Lachübungen. »Die Kinder kommen pünktlich in die Schule, weil sie lustig beginnt, und während des Unterrichts sind sie weit weniger zappelig«, berichten die dortigen Lehrer, meist selbst Mitglied in einem der vielen Lachclubs. Der Entspannungsfaktor, den Lachen und Humor mit sich bringen, ist besonders für sehr gewissenhafte Menschen heilsam, die zu Perfektionismus und Selbstkontrolle neigen – für Menschen also, die in ständiger Sorge leben, sie könnten etwas falsch machen. Je mehr sie die Fähigkeit erlangen, auch über sich selbst lachen zu können und einen gewissen Mut zur Unvollkommenheit entwickeln, desto entspannter und gelöster wird ihr Leben. Denn Lachen ist Ausdruck von Befreiung und Spannungslösung, und wenn wir lachen, geben wir vorübergehend jegliche Selbstkontrolle auf.

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Fähigkeit zu Humor und Lachen mit einem guten Sexualleben eng zusammenhängen: Bei beidem geht es ums Loslassen und Sich-Hingeben-Können. »Wer nicht genießen und lachen kann, wird auch für die Sexualität ungenießbar«, so der Schweizer Psychologe Thomas Spielmann.

Schließlich kommt es beim Lachen (wie auch beim erotischen Erleben) zu einer nicht unerheblichen Ausschüttung von Endorphinen, den Hormonen, die uns Glücksgefühle bereiten. Da wir willentlich auf unser Nervensystem keinen Einfluss haben, also nicht einfach beschließen können, glücklich zu sein, bleibt uns nur der indirekte Weg: Indem wir uns etwas Gutes tun oder lachen, können wir über die entsprechenden hormonellen Reaktionen Glücksgefühle hervorrufen.

All dies sind Streicheleinheiten für die Seele, die uns ganz konkret auch im Alltag gelassener und belastungsfähiger machen. »Denn Menschen mit Sinn für Humor haben gegenüber den Widrigkeiten des Lebens eine Art Puffer, der ihnen hilft, auch schwierige Situationen durchzustehen, ohne dass es an ihrer Stimmung nagt«, so der Lachforscher Willibald Ruch.

 

Auch im Umgang mit anderen Menschen kann Humor und Lachen Wunder wirken und soziale Bindungen stärken. Am Anfang einer Begegnung dient Lachen meist dazu, sich der Übereinstimmung mit einem Menschen zu versichern. Lachen berührt die Seele eines anderen und »verbindet die Herzen der Menschen«, wie man sagt. In schwierigen Situationen kann ein Witz oder Lachen helfen, ein Missgeschick oder ein Missverständnis zu entschärfen und sozialen Stress abzubauen – vorausgesetzt, die Heiterkeit kommt von Herzen und ist nicht künstlich oder aufgesetzt. Menschen, die viel lachen und andere zum Lachen bringen, sind nicht umsonst so beliebt, sei dies nun in geselligen Runden oder im Geschäftsleben. Und neben allen Führungsqualitäten schätzen Mitarbeiter bei ihrem Chef vor allem, wenn er Sinn für Humor hat und sie mit ihm lachen können – auch und gerade, wenn mal was schiefgelaufen ist. »Kein Tag ohne Lachen«, war das Motto einer Aktion, zu der die Bank of America vor einigen Jahren alle Mitarbeiter in Nordkalifornien aufrief: Einen ganzen Monat lang sollten sie ihren Kollegen jeden Tag einen anderen Witz erzählen oder einen Cartoon mitbringen. Nach Aussagen der Geschäftsleitung war das klare Ziel dieser Aktion, sozialen Stress abzubauen und zur Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsmoral der Mitarbeiter beizutragen.

 

Lachen scheint also eine Medizin für Körper und Seele zu sein, die nicht nur gesund, sondern auch billig ist und keinerlei schädliche Nebenwirkungen hat. Sollten Sie in Zukunft auch Ihren Alltag mit dieser Ressource bereichern wollen, dann gilt: Nützen Sie jede Gelegenheit, herzhaft zu lachen oder zu lächeln.

Wo die Seele auftankt: Die besten Möglichkeiten, Ihre Ressourcen zu aktivieren: Die besten Möglichkeiten Ihre Ressourcen zu aktivieren
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