Wenn du für eine Stunde glücklich sein willst, betrinke dich. Willst du für drei Tage glücklich sein, dann heirate. Wenn du aber für immer glücklich sein willst, werde Gärtner.
Chinesisches Sprichwort
Die Natur bietet im wahrsten Sinne des Wortes eine der natürlichsten Arten, innerlich aufzutanken. Der Mensch ist ein Teil der Natur und hat in ihr seine Heimat. Seit langem schon lebt er in der Polarität zweier Seelen: als Kulturwesen einerseits und als Naturwesen andererseits. Doch je mehr er sich von seinem ursprünglichen Eingebundensein in der Natur entfernt, umso größer wird sein Bedürfnis nach ihr.
Deshalb wird gerade heute die Natur als Quelle für innere Harmonie, Seelenruhe und Gesundheit wiederentdeckt – eine wohl dringend nötige Neuorientierung, nachdem die westliche Zivilisation die Natur über Jahrhunderte immer mehr zurückgedrängt hat.
Nach Ansicht des Marburger Natursoziologen Rainer Brämer befinden wir uns in einer Entwicklungsphase verinnerlichter Naturentfremdung: »Wir Hightech-Menschen leben mittlerweile zu 95 Prozent in selbst geschaffenen Kunstwelten, die uns gegen alle Unbill der äußeren Natur abschotten. Mit der Umwelt kommunizieren wir vorwiegend über gläserne Informationskanäle – die Fenster unserer Wohnungen, Arbeitsräume und Verkehrsmittel, die Schirme unserer Fernseher und PCs, die Glasfasern unserer Kommunikationsverbindungen in alle Welt. Wir leben in technisch voll versorgten Glasmenagerien, die die Restwelt auf bloße Kulissen zusammenschrumpfen lassen.«
Die Spaltung von Mensch und Natur vollzog sich über einen Zeitraum von etwa zehntausend Jahren, am radikalsten jedoch in den vergangenen zwei Jahrhunderten. Ursprünglich lebte die Menschheit als Jäger und Sammler noch in einer engen Symbiose mit der natürlichen Welt. Die Abtrennung von der Natur vollzog sich gewissermaßen in drei Phasen:
- Die Spaltung begann mit der Sesshaftigkeit des Menschen vor zehn- bis zwölftausend Jahren.
- Etwa seit dem 11. Jahrhundert wurde im Zuge der Christianisierung Europas die Verbindung zur Natur von der Religion verdrängt. Die religiösen Formen der Naturverehrung wurden untersagt, alle spirituellen Qualitäten der Natur aberkannt und unzählige naturweise Menschen unter dem Vorwurf heidnischer Hexerei verbrannt. Insbesondere seit der protestantischen Reformation galt die natürliche Welt der Erde, der Pflanzen und Tiere, des Fleisches, der Gefühle und Sinne als sündig und teuflisch und es galt, sie zu bekämpfen und zu bändigen.
- Die wissenschaftliche und industrielle Revolution der letzten zweihundert Jahre bewirkte schließlich die endgültige Abspaltung des »geistbegabten Menschen« von der »sinnlosen Natur«. Unter den Folgen der technologisch-industriellen Zerstörung der natürlichen Welt und unserer Entfremdung von ihr haben wir heute mehr denn je zu leiden.
Der Gegentrend war unausweichlich. Je mehr die Technisierung des Lebens voranschreitet und je mehr der Mensch den Kontakt zur Natur verliert, desto größer wird die Sehnsucht nach ihr, die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, nach Wildnis und nach der unberührten Schönheit der Natur, nach der idyllischen Gegenwelt zu unserem technisierten und verbauten Alltag. Je reglementierter und isolierter das zivilisierte Leben wird, desto mehr wird die Wildnis wieder zum Symbol von Freiheit und Selbstbestimmung und zum Ort der Heilung von Körper und Seele.
Diese Sehnsucht führt uns nicht in die Irre, denn die Trennung von unserer ureigenen Natur kann in der Natur wieder aufgehoben werden, je länger wir in ihr verweilen und je mehr wir mit ihr wieder »eins« werden.
In der Natur finden wir unsere »menschliche Natur« wieder.
Der Kontakt mit der äußeren Natur bringt unsere innere Natur optimal zur Entfaltung. Warum ist das so? Welche Wirkung hat die Natur auf unsere Psyche?