Die grosse Dankbarkeitsliste
Nehmen Sie sich ein Blatt Papier, Ihr Tagebuch oder auch Ihr Notebook und eine halbe Stunde Zeit, und notieren Sie alles, wofür Sie in Ihrem Leben dankbar sein können! Alles, was in Ordnung ist, was positiv ist, worüber Sie sich freuen können. Gehen Sie die verschiedenen Bereiche in Ihrem Leben durch: Ihre Gesundheit, Ihren Beruf, Erfolge, Eigenschaften und Fähigkeiten, die Sie haben, Wohlstand, Familie und Freunde, Ihre Vergangenheit, Gefahren, vor denen Sie bewahrt wurden, materielle und immaterielle Dinge, das Land, in dem Sie leben, bevorstehende Ereignisse ... und vieles mehr. Vielleicht werden Sie erstaunt sein, was Ihnen dazu noch alles einfällt. Und achten Sie bitte auch darauf, welches Gefühl Sie beim Aufschreiben haben, vor allem aber, wenn Sie am Ende Ihre Liste anschauen!
Am besten machen Sie Ihren Dankbarkeits-Check gleich oder, wenn es jetzt zeitlich wirklich nicht geht, so notieren Sie in Ihrem Zeitplaner, wann Sie es machen wollen, und reservieren Sie die entsprechende halbe Stunde.
Wiederholen Sie diesen Dankbarkeits-Check regelmäßig – einmal im Monat, einmal im Quartal oder wenigstens einmal jährlich, vielleicht zum Jahreswechsel. Der Return on Investment für Ihr Wohlgefühl und Ihre Lebenszufriedenheit dürfte den Zeiteinsatz rechtfertigen. Übrigens können Sie dies auch in Wartezeiten am Flughafen, im Flieger oder in der Bahn notieren. Vielen Menschen hilft es, sich ihre Dankbarkeitsliste aufzuhängen, um sich diese Umstände immer wieder bewusst zu machen. Andernfalls empfiehlt es sich, sie immer wieder hervorzuholen und durchzulesen, wenn Sie mal nicht »gut drauf« oder unzufrieden mit sich oder Ihrem Leben sind. Es kann manchmal mehr bewirken als Psychopharmaka und ist garantiert kein »Placebo forte«!
Das Zehn-Finger-Ritual
Eine Praxis begleitet und bereichert mich seit Jahren: Jeden Morgen zähle ich an meinen Fingern zehn Dinge auf, für die ich an diesem Tagesbeginn dankbar bin. Das mögen grundsätzliche Dinge sein, die nahezu täglich bei meiner Aufzählung wiederkehren – wie meine Familie, die mich erfüllende Arbeit oder meine Gesundheit – genauso wie bevorstehende Ereignisse, das schöne Wetter oder der gute Schlaf der vergangenen Nacht.
Wann Sie ein solches Zehn-Finger-Ritual praktizieren, bleibt Ihnen überlassen: gleich nach dem Aufwachen, oder beim Morgenlauf, unter der Dusche oder vielleicht auch erst auf dem Weg zur Arbeit. Optimalerweise machen Sie es aber immer zum gleichen Zeitpunkt.
Die Abendinventur
Notieren Sie sich jeden Abend mindestens sieben Ereignisse, für die Sie an diesem Tag dankbar sein konnten. Für gläubige Menschen ist diese Praxis häufig schon ins Abendgebet integriert. Neben allen Problemen, die Ihnen vielleicht noch durch den Kopf schwirren, können Sie so auch noch mal das Positive der letzten vierzehn bis sechzehn Stunden wachrufen. Und erfahrungsgemäß werden Sie auch mit einem besseren Gefühl einschlafen.
Selbst bei depressiven Menschen kann eine solche Positivinventur eine erstaunliche Stimmungsverbesserung bewirken. Der italienische Psychiater Giovanni Fava empfiehlt allen Menschen, die mehr gute Gefühle entwickeln wollen, eine so genannte »Wohlbefindenstherapie«: Sie sollen sich »Tagebücher des Glücks« anlegen und darin über die guten Momente im Leben Buch führen. Favas Patienten konnten auf diese Weise feststellen, dass es auch in Phasen der Unzufriedenheit und Niedergeschlagenheit positive Momente gibt, und nach zehn Wochen mit dieser täglichen Glücksinventur waren die meisten von ihnen von ihrem Stimmungstief befreit. Vor allem hatten sie erkannt, dass es nicht auf die großen Veränderungen ankommt, damit sich das eigene Leben zum Besseren wende. Stefan Klein schreibt in seinem Buch Die Glücksformel, »Zufriedenheit setzt sich wie ein Mosaik aus vielen glücklichen Momenten zusammen. Und sich dieser Augenblicke bewusst zu werden, ist ein sicheres Mittel, das Unglück hinter sich zu lassen«.
Die Robinson-Crusoe-Technik
In schwierigen Lebenssituationen kann eine Technik hilfreich sein, die schon der Schiffsbrüchige Robinson Crusoe auf seiner Insel angewandt haben soll: In seiner anscheinend aussichtslosen Lage listete er sich alle negativen Umstände auf und stellte ihnen jeweils gegenüber, was daran trotzdem noch an Positivem zu finden war:
- Ich bin auf einer einsamen Insel ohne Hoffnung, je wieder fortzukommen, aber ich bin noch am Leben, nicht ertrunken wie alle meine Kameraden.
- Ich bin ausgesondert, unter allen Menschen zu lauter Unglück ausgewählt, aber ich wurde unter der ganzen Schiffsbesatzung ausgesondert, um dem Tod zu entgehen.
- Ich habe auch keine Kleider mich zu bedecken, aber ich bin in einem heißen Landstrich, wo ich kaum Kleider tragen könnte, auch wenn ich welche hätte.
Dies half ihm, wieder Mut zu fassen, und bis zu seiner Rettung durchzuhalten. Diese Technik wurde auch vom amerikanischen National Institute of Mental Health in einer umfassenden Studie erforscht und man stellte fest, dass 60 Prozent aller Teilnehmer dadurch sogar von schweren Depressionen geheilt werden konnten. Aber man muss nicht erst depressiv sein, um sich mit dieser Technik in schwierigen Zeiten wieder bewusst zu machen, dass es immer noch Dinge gibt, für die man dankbar sein kann, mag die Lage zunächst auch noch so düster erscheinen. So berichteten in einer anderen Studie auch Hurrikanopfer noch über Dankbarkeitsgefühle, obwohl sie ihren gesamten Besitz verloren hatten. Sie machten sich bewusst, was ihnen trotzdem noch alles geblieben war: ihr Leben, ihre Familien, die Hilfe der Nachbarn und so weiter. So schafft Dankbarkeit ein uns unterstützendes »Kontrasterleben« (Emmons/Shelton).
Der Dank für Speis und Trank
In dem amüsanten wie auch tiefgründigen Buch Auch schwarze Schafe können beten von Johannes Pausch und Gert Böhm schildert einer der Autoren, wie er bei einer langen Zugfahrt einmal einem jungen Pärchen gegenübersaß, das nach einiger Zeit sein mitgebrachtes Essen auspackte. Doch bevor sie zu essen begannen, legten sie die Hände ineinander, und es war deutlich zu sehen, dass sie beteten. Auf die interessierte Frage: »Sie beten vor dem Essen?«, antwortete der junge Mann: »Ja, natürlich beten wir vor dem Essen. Wir danken dafür und bitten um den Segen für diese Speisen. Aber Sie können gerne auch zugreifen, wir laden Sie zum Essen ein – und ich habe für Sie auch schon mitgebetet.«
Ob Sie nun vor dem Essen laut oder leise ein Dankgebet sprechen oder auch nur innehalten und sich mit Dankbarkeit bewusst machen, dass Sie etwas gutes zu essen vor sich haben – entscheidend ist der Moment des Bewusstmachens und Ihr Gefühl der Dankbarkeit. Meist führt es auch dazu, dass Sie Ihre Mahlzeit intensiver erleben und achtsamer essen. Wie oft ist es mir schon so ergangen, dass ich nach einem Geschäftsessen kaum noch wusste, was ich gegessen hatte. Natürlich waren das auch Begebenheiten, bei denen ich mir nicht den Augenblick Zeit genommen hatte, innezuhalten und kurz zu danken. Und sicherlich lag das nicht an der Gegenwart meines Geschäftspartners! Denn innerlich danken können Sie auch schweigend, mit offenen Augen und auch so, dass es keiner der Anwesenden mitbekommen muss.
Das Beziehungslifting
Auch und gerade in Beziehungen kann der Gewöhnungseffekt verhängnisvoll sein. Nicht selten sieht man selbst hier, beim an sich so geliebten Partner, in erster Linie die Seiten, die einen stören. Manchmal kann es Wunder wirken, sich wieder mal bewusst zu machen, welche Eigenschaften des anderen man besonders schätzt. Sie können das für sich alleine tun, indem Sie es sich aufschreiben, noch besser aber, Sie und Ihr Partner sagen es sich gegenseitig – unter dem Motto: »Was ich an dir besonders schätze, ist ...« Das kann von Zeit zu Zeit das Klima der Beziehung beflügeln!
Sich bei anderen bedanken
Wie oft habe ich mir schon vorgenommen, mich bei jemandem für etwas zu bedanken, durch einen Anruf, eine Postkarte oder zumindest eine E-Mail. Und dann habe ich es immer wieder aufgeschoben, manchmal sogar vergessen. Doch ob man einen versäumten Dank bewusst oder unbewusst mit sich herumträgt, in gewisser Weise belastet es einen innerlich doch. So konnte es geschehen, dass ich mich auch nach sehr langer Zeit wieder daran erinnerte und feststellen konnte: Für einen Dank ist es nie zu spät!– Nehmen Sie sich immer wieder Zeit, sich bei anderen zu bedanken, auch für Kleinigkeiten oder vermeintlich selbstverständliche Dinge. Oft genügt eine Flasche Wein, eine Blume, eine Karte oder auch nur ein herzliches »Dankeschön, das war sehr nett von Ihnen ...«. Entscheidend ist die Geste! Von Hillary Clinton wird berichtet, sie nehme sich jeden Tag bis zu zwei Stunden Zeit, nur um sich bei den Menschen zu bedanken, die sie in irgendeiner Weise unterstützen. Ob Sie sich auch so viel Zeit dafür nehmen wollen, bleibt Ihnen überlassen, aber es kann schon viel bewirken, wenn Sie sich zur Regel machen, jeden Tag mindestens drei Menschen für etwas zu danken. Vergessen Sie dabei die eigene Familie bitte nicht! Denn bei nahe stehenden Menschen ist die Gefahr besonders groß, diesen Dank nicht in Worte zu fassen. Gerade im Familienbereich kann Dank gar nicht häufig genug ausgedrückt werden.
Und noch ein wichtiger Punkt: Danken Sie, so viel Sie können, aber erwarten Sie möglicht keinen Dank von anderen. Wenn Dank eingefordert wird, erzeugt dies bei anderen eher Schuld- als Dankbarkeitsgefühle. Und das bekommt der Seele gar nicht!
Dankbarkeit: Festhalten und mitnehmen möchte ich