Die Kraft der Stille und der Meditation

 

Alle religiösen, spirituellen oder mystischen Traditionen weisen den Weg in die Stille. »Schweigen ist der spirituelle Weg schlechthin«, sagt Pater Anselm Grün. Stille, so heißt es, ist der erste Schritt zur inneren Heilung, Voraussetzung für seelisches Wachstum und Reifung. Des Weiteren ist Stille auch das bewusste Ausblenden von Geräuschquellen und das Erleben der Ruhe. Was bewirken Schweigen und Stille für unser Seelenleben? Menschen, die die Wirkung und Heilkraft der Stille erfahren haben, berichten:

 

  • Zeiten des Schweigens und Alleinseins ermöglichen, sich auf das Wesentliche zu besinnen, und tiefe bewusste Erfahrungen zu machen. Alle Geräusche und Gespräche mit anderen lenken uns dagegen von uns selber ab. Gerade die akustische Reizreduktion steigert die Wahrnehmung für innere Vorgänge und die Regungen unserer Seele.

 

Wenn äußerlich nichts los ist, kann innerlich viel geschehen.

 

 

  • Das äußere Schweigen kann uns helfen, dass es auch in uns still wird und sich unsere Emotionen und Sorgen legen. Die äußere Ruhe kann bewirken, dass die innere Unruhe vergeht. Dieser Prozess ist vergleichbar mit einem See nach einem Sturm, dessen Wasser vom aufgewühlten Schlamm zunächst noch ganz braun und undurchsichtig ist. Mit der Zeit sinkt der Dreck zu Boden und das Wasser wird wieder klar. Im Schweigen können wir eine Dimension innerer Ruhe wiederentdecken, die im normalen Alltag oft in Vergessenheit gerät. Und diese Ruhe kann bisweilen auch noch nach der Zeit des Schweigens, wenn der äußere Lärm wieder einsetzt, nicht getrübt werden.
  • Stille und Schweigen helfen uns, unsere eigene Mitte wiederzufinden. Nach einiger Zeit gelangen wir an den Punkt, an dem Hören und Fühlen ineinander übergehen, und eine tiefere innere Wahrnehmung ermöglicht wird. Auf diese Weise können wir auf die leisen Impulse achten, die in der Stille aus unserem innersten Zentrum der Erkenntnis und Weisheit auftauchen, gewissermaßen also auf unsere innere Stimme hören, die im Alltag meist überhört wird.
  • Stille kann in uns Ordnung schaffen und uns von mentalen Begrenzungen befreien. Stille, so Om C. Parkin, »lässt die Grenzen des Gefängnisses, in dem du dich befindest, schmelzen«. Sie kann uns einen Raum großer innerer Weite erfahren lassen.
  • Die Stille – so sagt die Mystik – ist die Türe zum Göttlichen. In uns sei ein Ort, »an dem es ganz still ist, an dem Gott schon in uns ist«. Der »Raum der Gottesgeburt« in uns, so Anselm Grün. In der Stille, schrieb Joachim Ernst Behrendt, sind wir dem Göttlichen Geheimnis und Wesen des Seins am nächsten, hier können wir erspüren, was den Gläubigen aller Religionen gemeinsam ist, den uns allen gemeinsamen Grund. In diesem Sinne sind wohl auch die Worte vieler Weisheitstexte zu verstehen, dass Gott in der Stille zu uns spricht. Die Leere ist gewissermaßen der Raum, um die Fülle zu empfinden.

 

»Still-Stand« und innere »Be-Ruhigung« sind heute lebensnotwendig. Wir brauchen von Zeit zu Zeit »das Hinausfahren von der Autobahn des Alltags auf die Rast- und Tankstellen der Ruhe«, schreibt Peter Seewald in Die Schule der Mönche. Wir brauchen das Eintauchen unserer Seele in das Bad der Stille! Wann immer wir still werden, lebt die Seele auf. Ja, man kann in der heutigen Zeit fast sagen: Jeder Augenblick der Stille ist für die Seele wie ein Schluck Wasser für einen Durstigen.

Wie der Körper im Wasser badet, so badet die Seele in der Stille.

 

Eine spezielle Methode, mit fokussierter Wahrnehmung in die Stille zu gehen, ist die Meditation. Auch wenn es verschiedenste Meditationsformen gibt, so sind ihre Auswirkungen auf Körper und Psyche im Großen und Ganzen ähnlich und mittlerweile mehrfach wissenschaftlich untersucht. Zahlreiche Experimente an großen amerikanischen Universitätskliniken haben mittels EEG-Messungen und Hirntomographenbilder während der Meditation festgestellt:

 

  • Während der Geist wach und bewusst bleibt, erfährt der Körper einen Zustand tiefer Ruhe.
  • Die Muskeln lockern sich, Pulsfrequenz und Blutdruck sinken, und der Sauerstoffverbrauch nimmt ab.
  • Die chaotisch wechselnden Beta-Frequenzen der Gehirnwellen des Wachzustandes werden durch klare einfache Alpha- und Theta-Frequenzen ersetzt, die sich auf das gesamte Gehirn ausbreiten.
  • Die rechte und linke Hemisphäre des Gehirns werden synchronisiert.
  • Die Wirkung der Kortikoid-Stresshormone wird schon bei Anfängern abgeschwächt, bei fortgeschrittenen Meditierern sogar vollständig abgebaut.
  • Hierdurch wird bei regelmäßiger Meditation auch das Immunsystem gestärkt. Ebenso erhöhte sich bei regelmäßig Meditierenden die Zahl der Antikörper im Blut bis zu 25 Prozent.
  • Die Aktivität der Hirnregionen, die für die Steuerung der Aufmerksamkeit und der Beobachtung der Vorgänge im Körper zuständig sind, nimmt erheblich zu.
  • Je mehr sich die Aufmerksamkeit ausschließlich nach innen richtet und sonstige Außenreize ausgeblendet werden, kann eine so genannte sensorische Deprivation eintreten. Das bedeutet: Die Scheitellappen des hinteren Neokortex, die für unsere Orientierung im Raum zuständig sind, erhalten keine Signale mehr und können daher nicht mehr melden, wo die Grenze zwischen Ich und der Welt verläuft. Hierdurch kann der Meditierende das intensive Gefühl von Grenzenlosigkeit und Unendlichkeit bekommen, als würde er mit der ganzen Welt verschmelzen. Dieser Zustand ist aber nicht eingebildet, sondern aus neurophysiologischer Sicht sehr real.
  • Bei besonders tiefer und intensiver Meditation können die Schläfenlappen so stark stimuliert werden, dass positive Gefühle, gute Laune bis hin zu ekstatischen Gefühlszuständen ausgelöst werden, oft verbunden mit inneren Einsichten und mystischen Erfahrungen.

 

Fazit: Das menschliche Gehirn (so die Forscher Newberg und d‘Aquili) ist genetisch und anatomisch so geschaltet, dass es mystische Erfahrungen begünstigt. Tiefgreifende spirituelle Seinserfahrungen sind also genauso für »Nichtgläubige« möglich, auch wenn sie diese Erlebnisse nicht religiös interpretieren. Doch lassen Sie uns zunächst auf dem »Boden« unseres Alltagsgeschehens bleiben. Wie ist es konkret möglich, dort die Ressourcen der Stille praktisch umsetzbar zu nutzen?

Wo die Seele auftankt: Die besten Möglichkeiten, Ihre Ressourcen zu aktivieren: Die besten Möglichkeiten Ihre Ressourcen zu aktivieren
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