Warum Bewegung nicht nur erschöpft, sondern auch belebt

 

Wenn ich mich körperlich ausgepowert fühle und auch innerlich in schlechter Stimmung bin, dann weiß ich: Es ist Zeit, laufen zu gehen – eines der für mich einfachsten und effektivsten Mittel, wieder fit zu werden und mein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. Manchmal kostet es einiges an Überwindung, mich aufzuraffen, die Schuhe anzuziehen und loszulaufen. Doch allzu oft habe ich schon festgestellt: Wenn ich sitzen bleibe oder mich gar hinlege, bin ich hinterher meist noch schlaffer und frustrierter. Außerdem ist in meinem Nervensystem das Gefühl gespeichert, wie wohl ich mich fühle, wenn ich vom Laufen zurückkehre. Genau diese Erinnerung ist es, die mir hilft, meinen inneren Schweinehund zu überwinden und loszulaufen. Wenn ich mich dann in ruhigem Tempo rhythmisch durch die Natur bewege und meinen Körper mit Sauerstoff voll tanke, merke ich, wie meine Lebendigkeit und meine körperliche Spannkraft nach und nach zurückkehren. Gleichzeitig beginne ich, meinen Körper wieder zu spüren, meine Gedanken ordnen sich, und langsam finde ich wieder zu mir selbst. Unterstützt vom gleichmäßigen Takt des Laufrhythmus, von der Schönheit der Natur um mich herum und von der Möglichkeit, nahezu gedankenverloren bei mir zu sein, kommt auch meine Seele zur Ruhe und kann auftanken. Eine dreiviertel Stunde später, unter der kalten Dusche, fühle ich mich wieder »fit wie ein Turnschuh« und bin in bester Stimmung.

Auf welche Weise hilft uns nun Bewegung, innerlich aufzutanken und unser seelisches Gleichgewicht wiederzufinden? Meist werden uns in erster Linie die körperlichen Fitnessaspekte sportlicher Betätigung dargelegt. Und schon diese sind erheblich:

Bewegung verzehnfacht die Sauerstoffversorgung des Körpers, sie versorgt das Gehirn mit Energie und steigert so die Gedächtnisleistung, der Energiegrundumsatz wird um 25 Prozent gesteigert und reguliert den Appetit, schädliche Blutfette werden verbrannt und Stresshormone abgebaut. Die Leistungsfähigkeit wird durch Vermehrung der winzigen körpereigenen Kraftwerke, der Mitochondrien, gesteigert, ebenso wird das Kreativitätshormon ACTH vermehrt ausgeschüttet, unsere Herzleistung und Gefäßdurchblutung werden verbessert, die Muskulatur und Gelenke gestärkt, die Verdauung aktiviert und unser Immunsystem gefestigt. Nicht zuletzt fördert Bewegung auch einen erholsamen Schlaf. Allein diese Gründe könnten schon genügen, einen zu mehr Bewegung zu animieren.

Doch die körperliche Bewegung bringt auch Bewegung in unsere seelische Gemütslage. Beim Laufen könnte man sagen: »Die Seele läuft mit«. Warum genau?

 

Zunächst gilt die alte Weisheit »mens sana in corpore sano« (Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper). Je besser wir uns körperlich fühlen, je fitter und gesünder wir sind, desto besser geht es uns auch geistig und seelisch. Und umgekehrt: Wenn wir körperlich in schlechter Verfassung oder krank sind, dann leidet auch unsere Seele. Schon deswegen wird jemand, der für sein seelisches Wohlbefinden sorgen will, sinnvollerweise auch seinen Körper immer wieder durch Bewegung fit halten.

 

»Bewegung macht glücklich« sagen manche, jedenfalls erzeugt sie gute Gefühle. Man fühlt sich optimistisch, froh oder gar »pudelwohl«. Und zwar aufgrund ganz natürlicher biochemischer Prozesse. Prinzipiell tragen drei Hormone zu diesen positiven Gefühlen bei: Dopamin, Serotonin und Endorphin.

 

  • Dopamin. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen dem Muskelstoffwechsel und unserem Zwischenhirn (dem so genannten limbischen System), unserer Gefühlszentrale, kommt es dort zur Produktion des Botenstoffes Dopamin. Dieser ist eine Art »Brennstoff des Geistes«, der Spannung und Vorfreude auslöst und euphorisch stimmen kann. Auch Alkohol und Nikotin führen dazu, dass das Gehirn diesen Botenstoff ausschüttet, und wirken deshalb so positiv. Wer sich viel bewegt, kann dieses Hormon aber auf ganz natürliche Weise produzieren.
  • Serotonin. Ebenso wird dieses »Gute-Laune-Hormon« stimuliert, ein Neurotransmitter, der als Glücksbotenstoff im Gehirn gilt und unumstritten eines der wirksamsten Antidepressiva darstellt. Die meisten Psychopharmaka, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, bewirken eine Anhebung des Serotoninspiegels und fördern damit gute Gefühle. Durch Bewegung können depressive Menschen nachgewiesenermaßen den Medikamentenkonsum reduzieren oder gar einstellen.
  • Endorphin. Schließlich setzt Bewegung im Sauerstoffüberschuss Endorphine frei, die körpereigenen Opiate oder Glückshormone. Sie bewirken im ganzen Körper einen euphorischen, kribbelnden Rauschzustand. Allerdings erst, wenn man sich eine längere Zeit (mindestens 30 bis 45 Minuten) im so genannten aeroben Bereich bewegt hat, also in der »Sauerstoffzone« bei niedriger Pulsfrequenz.

 

Umgekehrt besteht ein verhängnisvoller Zusammenhang zwischen fehlender Bewegung und Depressionen. Aufgrund mangelnder Muskelaktivität unterbleibt die Stimulierung der Zwischenhirnareale, die für die Produktion insbesondere von Dopamin und Serotonin zuständig sind. Die Folge sind Lustlosigkeit, Mattheit und weiterer Bewegungsmangel. Ein fataler Teufelskreis, aus dem es aber glücklicherweise einen Ausweg gibt: Bewegung. Trägheit lässt sich eben nur durch Aktivität überwinden. Mit ihr kommen auch wieder die guten Gefühle und die Seele lebt wieder auf.

 

Neben diesen biochemischen Prozessen ist auch der gleichmäßige Rhythmus der Bewegung entscheidend. Alle gleichmäßigen Betätigungen gleichen uns auch innerlich aus, mäßigen vieles, was in uns aufgewühlt ist oder in unserem Herzen tobt. Ebenso wirken sich rhythmische Bewegungen zentrierend und stabilisierend auf unsere psychische Verfassung aus. Beim Tanzen wie beim Laufen, beim Radfahren wie beim Skaten. Mit dem Rhythmus wird auch der Atem regelmäßig, und so gelangen wir nach und nach auch innerlich in einen gleichmäßig schwingenden Zustand, der gewissermaßen unsere Seele wiegt. Diese Wirkung mag subtil und – da sie sukzessive erfolgt – bewusst kaum spürbar sein. In der Regel merken wir erst hinterher, dass wir ausgeglichener und zentrierter sind.

 

Schließlich nehmen wir durch die Bewegung unseren Körper stärker wahr und kommen so in einen intensiveren Kontakt zu uns selber und unserem Inneren. Umso mehr, je langsamer die Bewegungen  sind, je ruhiger unsere Umgebung ist und je weniger wir abgelenkt werden. Unter diesem Aspekt kann es günstiger sein, beim Laufen, Radfahren, Skaten oder Schwimmen mit sich allein zu sein, als in der Gruppe Sport zu treiben, um den eigenen Körper bewusster spüren zu können – in sich »hineinhorchen« zu können. Zeit mit sich ist nahezu immer Labsal für die Seele.

Wo die Seele auftankt: Die besten Möglichkeiten, Ihre Ressourcen zu aktivieren: Die besten Möglichkeiten Ihre Ressourcen zu aktivieren
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