Zentrifugale und zentripetale Kräfte

 

Es mag sich leicht sagen, dass man Wurzeln braucht, das ist aber in der heutigen Zeit schwerer denn je zu verwirklichen. Eine der Hauptursachen für unser seelisches Vakuum und die geringe Verwurzelung im Inneren liegt in der Vielzahl von Faktoren und Umständen, die uns von uns selber wegziehen und unsere Aufmerksamkeit und unser Handeln immer mehr nach außen verlagern. Diese Kräfte kann man als zentrifugale Kräfte bezeichnen.

Auch Sie haben sicher schon die Erfahrung gemacht, wie schwierig es im Berufsalltag ist, sich in eine Aufgabe zu vertiefen, während ständig das Telefon klingelt, der Chef nach der aktuellen Umsatzanalyse fragt oder das E-Mail-Programm neue Nachrichten meldet. Und es scheint fast unmöglich, einen Brief an die weit entfernt wohnende, beste Freundin zu schreiben, während eines Ihrer Kinder um Unterstützung bei den Hausaufgaben bittet, ein anderes mit aufgeschlagenem Knie weinend ins Zimmer stürmt und gleichzeitig die Nachbarin klingelt.

 

Das Verhängnisvolle dabei ist: Je mehr unsere Aufmerksamkeit, unser Fokus, außerhalb von uns ist, desto mehr geraten wir in den Sog der äußeren Kräfte, die uns sukzessive von uns selber entfernen, und desto schwächer wird der Kontakt zum eigenen Selbst oder, mit anderen Worten, zu den Quellen in unserem inneren »Seelenraum«. Die Folge davon ist, dass sich die meisten Menschen umso ausgebrannter und leerer fühlen und umso intensiver wird infolgedessen ihr Bemühen, die innere Leere durch erneute Reize von außen zu füllen. Leider lässt diese Wirkung schnell nach: Sobald der kurzzeitige »Kick« des jeweils Neuen verflogen ist und durch Gewöhnung der Reiz seine Kraft verloren hat, beginnt die Jagd erneut ... und so rotieren wir immer schneller in der Zentrifuge des äußeren Lebens.

Je weiter wir uns von unserem Zentrum entfernen, desto größer wird die Rotationsgeschwindigkeit – und desto mehr scheinen, unmerklich, aber kontinuierlich, unsere inneren Wahrnehmungskanäle zu »verstopfen«. Wir verlieren gewissermaßen unsere subtilen inneren Antennen und das Gehör für die leise Stimme unseres Herzens, unserer wichtigsten und innersten »Orientierungszentrale«.

Der Weg zurück zu diesem Zentrum ist prinzipiell einfach, in der Praxis allerdings nicht ganz leicht umzusetzen. Einfach, weil es an sich nur darum geht, innezuhalten, also gewissermaßen »innen an-zuhalten« und unsere Innenräume wieder zu erschließen, um in unseren inneren Quellen wieder aufzutanken. Für viele Menschen erweist sich dies in ihrem hektischen Alltag aber alles andere als leicht: Für jemanden, der es nicht gewöhnt ist, immer wieder innerlich an-zuhalten, kann es am Anfang schwierig sein, das Innehalten aus-zuhalten. Zum einen, weil einem dieses Inne-halten in voller zentrifugaler Fahrt wie ein Stillstand erscheinen kann, mit dem damit verbundenen Gefühl, in die Leere abzustürzen. Deshalb finden viele es schwer zu bremsen, und geben lieber weiter Gas, wenn sie das Schicksal nicht mehr oder weniger unsanft aus der Bahn wirft.

Zum anderen kann es geschehen, dass jemand, der dieses »Atemholen« nicht gewohnt ist, dabei von etwas Innerem ergriffen wird, was er weder er-greifen noch be-greifen kann – von etwas Tiefem und Intensivem und zunächst Ungewohntem, das ihn verunsichern mag. Je mehr ein Mensch gewohnt ist, seine Sicherheit im Außen und im Be-greifbaren zu suchen, desto behutsamer sollte er bremsen, desto tastender sollte er die Wege in seinen Innerraum suchen, um sich wieder die Quellen zu erschließen, in denen seine Seele auftanken kann.

Um unser Gleichgewicht wiederzugewinnen geht es also darum, in unserem Alltag gegen den zentrifugalen Sog die zentripetalen Kräfte zu stärken, die uns wie die Spirale eines Schneckenhauses  oder einer Muschel zu unserem Zentrum zurückführen, uns gewissermaßen wieder bei uns selbst ankommen lassen.

 

Doch wie lassen sich diese Kräfte aktivieren? Dieses Buch soll Ihnen Methoden aufzeigen, mit denen Sie Ihre zentripetalen Kräfte stärken können. In den beiden folgenden Kapiteln werden Sie erfahren, warum es zunächst einmal so wichtig ist, Raum für die Seele zu schaffen, Raum, in dem die zentripetalen Kräfte überhaupt zur Wirkung kommen können. Außerdem werden Sie die sieben Grundprinzipien seelischen Erlebens kennen lernen, die es Ihnen einfacher machen werden, auf Ihre inneren Bedürfnisse zu horchen und ihnen nachzugehen.

Danach, in Teil II, finden Sie 15 Möglichkeiten, mit denen Sie Ihre Ressourcen aktivieren können. Bei diesen Möglichkeiten – sozusagen den Seelenquellen – handelt es sich um unterschiedliche Techniken, Tätigkeiten oder Rituale, die Sie ausüben können, oder auch um Gelegenheiten oder Orte, die Sie aufsuchen können, um Ihre Seele auftanken zu lassen. Ziel ist es dabei, Ihnen ein möglichst breites Spektrum von Seelenquellen darzustellen, damit Sie nach der Lektüre ganz individuell entscheiden können, welche davon Sie für sich nutzen möchten.

Da es am Anfang allerdings der bewussten Planung bedarf, die eine oder andere Seelenquelle auch tatsächlich in den Alltag zu integrieren, werden Sie in Teil III nützliche Hinweise und Anregungen für die praktische Umsetzung erhalten.

Wo die Seele auftankt: Die besten Möglichkeiten, Ihre Ressourcen zu aktivieren: Die besten Möglichkeiten Ihre Ressourcen zu aktivieren
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