67.
Mein allergnädigster Padrone,
wie gesagt der Schlag auf die Wange war furchtbar stark, Signior Padrone, denn dieses Weib ist nicht nur hässlich sondern auch dick und massig als wie ein Ochse, ach übrigens die Alte von der ich sprech ist die Köchin vom Wirtshaus de la Vacca.
Kaum bin ich zu Boden gefallen stürzt sie sich auf mich und sagt, Salaì, Salaì, warum bist du hierher gekommen? Ich wollt dir eine Überraschung bereiten, alles war trefflich geplant, ich wollt dich eines Abends zum Essen einladen, nur du und ich, ich wollte dir die besten Sachen kochen und dann wollte ich dich hier in den Keller führn damit du siehst was ich aus Liebe zu dir gemacht, weißt du? Und wie sie so redet, Signior Padrone, da springt die Köchin mit ihrem gewaltigen Leib und ihrem ganzen Speck auf mich und zerquetscht mir fast den Bauch, der übrigens, wie ich Euch schon sagte, so leer war wie die Höhle in die Lionardo und Grassi gekommen, und wieder riech ich den Gestank nach Zwiebeln den ich schon mal gerochen hab wann einer mich vor dem Gasthaus de la Campana fast umgebracht hätt, das war wie Dorothea mich gerettet, also war die Idee doch richtig die ich hatt und die ich Euch nicht schreiben wollt, denn sie erschien mir so verrückt. Nemlich dass es kein Mann war, sondern diese Köchin, die nicht nur mit abscheulichen Furunkeln übersät ist und Schielaugen hat, sondern auch nach Zwiebeln und Küchendunst stinkt wie alle Köchinnen, die mich in diesen Tagen in Rom verfolgt, nemlich wann ich zu Fuß nach San Pietro gegangen, dann wie ich mit dem Mädchen unter der Treppe von ihrem Haus geschmust, Rosa war das, und dann wie mich Dorothea gerettet hat.
Und dieweil sie mir mit ihrem Gewicht den Bauch zerquetscht sagt die Köchin, Salaì, Salaì, warum hast du mit all diesen Huren in deinem Zimmer gevögelt während ich dich hinter der Tür belauscht hab, aber mir hast du nichtmal ein einziges Kompliment gemacht? Dabei reitet diese Verrückte auf mir wie auf einem Pferd, Signior Padrone, hopp hopp hopp, aber auf dem Bauch, und zerquetscht mich wie einen Wurm, und mir scheint es gefällt ihr auf diese Weise Sauereien zu machen, nemlich so dass sie ihre Muschi an mir reibt, aber sie macht mir dabei nicht nur den Bauch kaputt, sie ängstigt mich auch zu Tode, weil sie hält in einer Hand ein Küchenmesser und in der andren ein Nudelholz mit dem verpasst sie mir gleich darauf schon wieder einen furchtbaren Schlag auf die andre Wange, tschak, und lacht dabei hahahaha, aber dann fangt sie an zu weinen und sagt, Salaì, Salaì, die guten Sachen die ich dir hier in der Vacca zu essen gegeben, die haben dir doch geschmeckt, oder? Stell dir vor, die hab ich alle mit eignen Händen für dich allein zubereitet, denn wann ich dich gesehn war mir sofort klar, das ist er, das ist die Liebe meines Lebens, ich spür’s genau, und weil er aussieht wie Antinoo werd ich ihn lieben wie eine Statue, nemlich immer auf dieselbe Weise, weil die Statuen verändern sich nie und werden nicht alt, und dann fängt sie wieder an zu weinen und ich denke, wenn ich den finde, der sich diesen Scheiß von Antinoo ausgedacht, dann schlag ich ihn tot. Aber zwei Sekunden später ist die Köchin schon wieder fröhlich denn sie reitet auf mir und das gefällt ihr sehr und wie sie mich reitet sagt sie, armer Salaì, du hast bestimmt Angst gekriegt bei all den Zeichnungen von Gehenkten die ich dir vor die Tür gelegt, aber das war nur um dir zu sagen dass ich dich liebe, doch hassen tu ich dich auch, denn ich weiß dass dir die jungen und schlanken Weiber gefallen, wogegen mich findest du widerwärtig so wie mich alle widerwärtig finden, aber was soll ich denn machen, Salaì? Ich liebe dich und will dir immer und überallhin folgen, doch wenn ich dann seh dass du die andren Weiber vögelst, die schönen und jungen, dann möcht ich dich umbringen, verstehst du mich, Salaì? Dieweil die Köchin mich reitet und dummes Zeug redet hab ich nichtmal versucht mich zu befrein, Signior Padrone, sonst wär sie womöglich wirklich wütend geworden und hätt mir das Messer in den Bauch gestoßen, und dann Gutenacht Salaì.
Nachdem sie lange Zeit so geritten, lässt sie mich los und stößt dabei eine Art Schrei aus, aber bloß einen erstickten, denn ganz und gar verrückt ist diese verrückte Köchin nicht, sie weiß genau, wenn sie in der stillen Nacht laut schreit würden alle Römer wo hier in der Nähe schlafen sie hörn. Dann legt sie sich neben mich und ist sehr verschwitzt und scheint ein wenig müde und sagt, ach, Salaì, Salaì, fast hättest du mein Geheimnis entdeckt. Dann steht sie auf und zieht den Sack weg der sich bewegt und aus dem dieses Rinnsal Pisse kam, und wie ich seh was unter dem Sack ist schrei ich um ein Haar laut auf, denn es ist das Gesicht einer Frau, es ist sogar eine ganze und junge Frau, die ist an eine hölzerne Truhe gefesselt und verschnürt wie eine Wurst, und der Mund ist mit einem Lumpen verstopft. Zwei Dinge bemerk ich, nemlich dass sie zwei schöne runde Kugeln hat und dass mir das Gesicht bekannt vorkommt, aber sie hat die Augen geschlossen wie eine Tote oder wie eine der nur wenig zu leben bleibt, und ich denke, aber die kenn ich doch, Moment mal, warte, wie hieß sie noch gleich? Die Köchin hat derweil noch einen andren Sack abgezogen der daneben steht, und darunter steckt die Jungfer mit der schmutzigen Wäsche, also die wo auch verschwunden war und nach der sogar die Sbirren suchen, und sie ist Rücken an Rücken mit einem andren Mädchen zusammengebunden, wie man Fleischstücke recht fest miteinander verschnürt bevor man sie zum Kochen in den Ofen steckt. Und ich sag Euch, was war das für eine Überraschung und was für ein Schrecken, wie ich seh dass die zweite der beiden Frauen das Mägdlein ist, und da versteh ich auch dass die erste Rosa sein muss, nemlich die mit der ich mich unter der Treppe geherzt hab, und so wird mir klar dass es die Köchin war die all die Mädchen hat verschwinden lassen wo ich hier in Rom gevögelt, und dass sie das wegen ihrer verrückten und eifersüchtigen Liebe zu mir getan hat, seht Ihr, was das für eine unglaubliche Geschichte ist, Signior Padrone?
Und ich versichre Euch, Signior Padrone, dieses Bild mit all den Leibern der jungen Frauen die grässlich fest verschnürt und gefesselt und geknebelt sind, das war wirklich ein Anblick wie aus der Hölle, denn man konnte nicht wissen ob die drei Mädchen lebendig oder tot waren, und jetzt, wo die Säcke unter denen die Köchin sie versteckt hat weggezogen sind kommt von allen dreien ein schrecklicher Gestank nach Pisse und Scheiße, denn die Ärmsten haben sich wer weiß wie viele Tage lang mit Pipi und Kacke vollgemacht, und wer weiß ob die Köchin ihnen überhaupt was zu Essen oder wenigstens zu Trinken gegeben, aber sicherlich hat sie ihnen reichlich Schläge verpasst um sie zu fesseln und in diesen Keller zu stecken. Wahrscheinlich hat sie eine nach der andren unter irgendeinem Vorwand hierher gelockt, zum Beispiel dass sie sagt, komm, komm nur mit in diesen Keller, da hab ich eine gut bezahlte kleine Arbeit für dich, und dann zack ein tüchtiger Schlag auf den Kopf. Jedenfalls ist das die einzige Sache die mir in Rom passirt ist, Signior Padrone, mit der die Teutschen Straßburger Elsässer etcetera wirklich nichts zu tun haben.
Doch all diese Gedanken mach ich mir erst jetzt, Signior Padrone, denn in dem Moment ist was andres passirt, nemlich die Köchin kriegt schon wieder schweinische Gelüste auf meine Wenigkeit und beugt sich über mich wie ich noch halb auf der Erde sitz, und umarmt sie mich mit ihren Händen die nach Zwiebeln stinken und holt eine ihrer hässlichen Brüste raus, pflatsch, die sind zwar riesig aber schwabbelig und die Brustwarzen schwartz und flach und groß und voller Haare, wogegen ich sie gern klein rosa und spitz habe, denkt nur, Signior Padrone, was für ein Unterschied. Und sie wirft mir den Flatschen ins Gesicht und sagt, los, leck dran, mach schon, und ich blick auf das Messer das sie immer noch in der Hand hält und hab eine solche Angst dass ich in dem Moment drauf und dran bin zu gehorchen, obwohl allein bei der Erinnerung daran dass man eine so abscheuliche Brust von einer so hässlichen Frau berührt könnte jedem, vielleicht sogar Lionardo, die Lust vergehn sich die nächsten zweiunddreißig Jahrhunderte lang einen runterzuholen.
Also bereite ich mich innerlich vor und denke, na gut, ich hab schon begriffen worauf das hinausläuft, nemlich gleich wird die Köchin von mir verlangen dass ich es ihr besorg, und vor Ekel wird sich mein Schwänzchen mit Geschrei in eine Ecke vom Keller flüchten und dann wird die Köchin böse und spaltet mir den Kopf in vier gleiche Schnitze. Und mit diesem Gedanken streck ich die Zunge aus um den widerlichen Flatschen zu lecken und bete, Jesus, hilf mir bitte. Es gibt nemlich auch in diesen Dingen eine göttliche Gerechtigkeit, Signior Padrone, denn grad wie meine Zunge die grässlichen Haare auf der Brustwarze von der verrückten Köchin streift, dieweil sie immer noch das Messer in der Hand hält, da fällt die Brust, nein die ganze Köchin mit all ihrem Gewicht auf mich drauf, freilich ein bisschen seitlich, drum wird mein Kopf nicht unter ihr begraben, und ich komm mit dem Leben davon und begreife dass der Köchin was passirt sein muss, und da seh ich einen Schatten der sich im Keller bewegt und frage mich, was zum Teuffel ist hier los? Denn eins der drei Mädchen die die Köchin gefangen kann es gewiss nicht gewesen sein, weil die sind mir eher tot als lebendig erschienen. Und wirklich seh ich zu meinem großen Erstaunen das Gesicht von einem Mann der sich über die Köchin beugt und dann über mich und er sagt zu mir, verflucht, was machst du denn hier?
Euer treu ergebener
Salaì