42.
Mein höchst lobenswerter Padrone,
wie sie hört was ich von ihr will, hat die Magd erst gesagt, bist du verrückt? aber nach vielerlei Gerede hab ich sie endlich überzeugt, und sie hat versprochen mir zu helfen und ist schon dabei, und jetzt muss ich nur noch meine Sachen vorbereiten für heut Nacht, und wenn alles gut geht und sie das findet was ich denke dann schwör ich Euch, Signior Padrone, dass Ihr zufriden sein werdet mit Salaì und mich gern bezahlt, aber es genügt eigentlich auch wenn Ihr mich überhaupt bezahlt.
Wie die Magd geht ist eine sonderbare Sache passirt, nemlich es hat einer von einem Laden mit Büchern und andren Dingen an der Tür geklopft, der sagt er hat hier eine Sache die Lionardo gekauft, doch er muss sie bringen weil wann Lionardo die Ware bezahlt hat konnt er sie nicht gleich mitnehmen. Und ich hab mich erinnert, ach ja, richtig, das war der Laden wo Lionardo rein ging nachdem wir bei der Zigeunerin waren. Und der junge Mann meint, man hat mir gesagt ich könnt dir dieses hier aushändigen ist das richtig?, und ich antworte, natürlich, gib her, und er sagt, vergib mir wenn ich dich gestört hab, aber in den letzten Tagen bin ich viele Male gekommen mit der Lieferung, doch Ser Lionardo war niemals da. Ich weiß, sag ich, der hat Schiss, und er fragt, wie bitte? Nichts, antworte ich, lass gut sein.
Kaum dass ich allein bin schau ich mir das Rohr an was ich in Händen halt. Es ist aus zusammengerolltem Papier und wie ein Kindchen so lang, und ich denk, sieh mal einer an, Lionardo hat’s wirklich mit den Zilindern. Ich mach die Rolle auf und find ein weitres zusammengerolltes Papier mit einer Landkarte von der Türckei, ach nein, auch von Griechenland und Italien und dem Orient, aber sonderlich der Türckei, weil die liegt genau in der Mitte von der Karte. Gleich frag ich mich, was zum Henker will Lionardo mit einer Karte von der Türckei wo er noch nie gewesen ist und wovon er einen feuchten Kericht weiß, und warum hat er mir nicht gesagt dass er sich sowas gekauft? Wegen dem dass ich noch den Apfel in der Hand habe den ich mir vom Tablett der Magd stibizt und ist noch nicht aufgegessen, fällt mir die Karte von der Türckei auf den Boden, und wie ich sie aufheb überlege ich, wo tu ich sie hin? Da fällt mir ein, nach dem Einbruch von dem der mich mit dem Messer hat abmurksen wolln hab ich die Papiere von Lionardo vom Boden aufgesammelt und in ein Buch auf dem Tisch neben der Tür getan, ohne sie anzuschaun, denn meine Hose war ja noch nass von der Pisse, wegen der Angst. Also nehm ich die Karte von der Türckei und denke mir, die faltest du jetzt und steckst sie hierhin zu den andren Karten. Aber wann ich seh was diese andren Karten sind die ich in das Buch gesteckt da sag ich mir, warte, Salaì, halt, schau dir doch mal genauer an was das für eine Geschichte ist. Was da im Buch steckt ist höchst sonderbar, und um die ganze Wahrheit zu sagen, Signior Padrone, es stinkt gewaltig nach Verrat. Erst gibt’s ein weißes Blatt das mir nicht interessant erscheint, also steck ich’s mir in die Hosentasche, doch das andre Papier ist eine Zeichnung mit einer Unterschrifft, und beides zeig ich Euch hier:
Kurzum, ich trau meinen Augen nicht, Signior Padrone, aber es scheint mir klar und das kapirt auch ein Idiot dass Lionardo geheime Absprachen mit den Türcken hat, und man begreift sofort dass er seine Dienste dem Sultan angeboten, um eine Brücke über diesen Fluss oder dieses Meer zu bauen was Bossporus heißt und liegt bei Konzstantinopel. Und über den Daumen gepeilt scheint mir die Brücke so groß und so lang dass wenn Lionardo sie wirklich baut (was ich nicht glaube weil man lässt ihn ja nicht mal einen Kuhstall baun, von einer Brücke ganz zu schweigen), dann fällt sie ihm meiner Meinung nach ins Wasser und es gibt ein großes Geschrei. Auf jeden Fall sind die Türcken Ungläubige, Signior Padrone, drum wird Lionardo sich in den Dienst von den schlimmsten Feinden der Religion stellen die’s auf der Welt gibt, und das ist sonnenklar ein Verrat und lass ich Euch entscheiden ob dies gut oder schlecht ist für Fiorenza unsre Heimat.
Euer eifrigster Diener
Salaì