20.
Mein edelmütiger Padrone,
Ihr müsst entschuldigen, aber das war der Käseverkäufer, dem hab ich heut morgen gesagt er soll mir ein wenig von seinem Schafskäse bringen, nemlich nachdem ich gerochen hatt wie der Käse duftet, war ich sicher er ist gut, und wirklich, ich habe recht gehabt, ja, und bevor ich Euch diese wengen Zeilen schreib hab ich ihn schon fast ganz aufgegessen, weil heute hat’s eine frische Luft da draußen die macht einen Mordshunger, aber verflucht nochmal, wie viel dieser Käse hier in Rom kostet, und da fällt mir ein, Padrone, ich wollt Euch schon seit einiger Zeit fragen, Ihr könnt mir nicht zufällig einen Vorschuss schicken, sagen wir drei Virtel oder vielleicht sieben Achtel vom Ganzen, nemlich Ihr müsst wissen hier in Rom hab ich reichlich Ausgaben, man muss ja hierhin und dorthin gehn und das Essen bezahlen und all die kleinen Mahlzeiten etcetera, und außerdem läuft man viel herum, und so hab ich mir ein Paar neue Schuhe gekauft und zwei Hemden, nein Entschuldigung, drei oder vier, für wenn ich mit Lionardo ausgehe, sonst blamir ich ja unser Fiorenza, meint Ihr nicht auch? Danke danke danke, ich küss Euch die Hände und die Füße, aber ich bitte Euch um Gotteswillen vergesst es nicht, sonst bin ich geliefert weil ich hab schon jetzt ein paar kleine Schulden, bei dem mit den Fischen und bei dem mit den Fritelle und bei dem mit den Schuhen und dem mit den Hemden, und wie ich Lionardo kenne wenn ich den bitte er soll mir Geld leihen, frägt der mich sofort ob ich ihm nicht was leihen kann.
Also ich sagte ja schon dass dieser Pole Ciolek sehr interessant geredet hat, und hat mich eine Menge Dinge verstehn lassen und zwar diese: In Teutschland, Signior Padrone, ich weiß nicht, ob man Euch das schon gesagt, da gibt’s Leute und sind sogar echte Priester, die sprechen in ihren Predigten ganz schlecht über die römische Kirche und sagen, sie müsste von Grund auf erneuert werden, weil die Päpste sind verderbt, die Römer sind verderbt, ja ganz Italien ist verderbt, nun denkt bloß, Padrone, wozu diese Teutschen fähig sind. Ciolek ist erst vor kurzem nach Rom gekommen, und während der Reise hat er die Neuigkeiten über diese Sache gehört, und haben ihn sehr besorgt gemacht, weil früher hat’s ja auch schon mal eine Spaltung der Kirche gegeben. Da sag ich, alle herhörn, davon weiß ich genau, diese Spaltung die war wann die Kirche sich entzweigeteilt hat, und es hat sogar drei Päpste geben, das hat mir die schöne Magd von der Herberg erzählt, und Ciolek sagt, bravo mein Junge du kennst dich aus in der Geschichte, wogegen Lionardo bloß frägt wer diese Magd ist, und ich sag, das erklär ich Euch später, Vater.
Wie auch immer, in Teutschland, sagt Ciolek, gibt’s einen gewissen Vinphelin oder Winfelin oder weiß der Kuckuck wie der sich schreibt, egal, da gibt’s also diesen Wimpfeling in Straßburg, der erlaubt sich böse gegen Rom zu predigen. Wo liegt dieses Straßburg, frag ich Ciolek. Das ist die Hauptstadt von einer teutschen Gegend die heißt Elsaß, antwortet er, und da spricht man alemannisch.
Nun sieh mal einer an, schon wieder diese Alemannen, die sind ja wohl nur gut dazu, dem Papst und Rom auf den Sack zu gehn, denk ich bei mir, und Ciolek erzählt weiter dass Wimpfeling beileibe nicht der einzige ist, oh nein, er hat eine ganze Schar von Freunden die ihm helfen, aber weil die Namen auf Teutsch grässlich schwierig sind hab ich sie mir von Ciolek schön deutlich sagen lassen, nemlich ich habe gemerkt dass diese Polen ein Talent für Sprachen haben, sogar für das Teutsche, und mit der Entschuldigung dass ich ungebildet bin aber lernen möcht, hab ich mir alles auf einen Zettel schreiben lassen, wartet, wo zum Henker hab ich den gelassen, ah da ist er, er lag unter dem Käse.
Die Namen sind: Johannes Geiler von Kaysersberg, das ist der Prediger vom Dom in Straßburg, der Pfarrer vom Dom Johannes Rot, der Dekan Fridericus von Hohenzollern, der Kanonikus Thomas Wolf, ein gewisser Ademarus Nachtigall, wo Griechisch lehrt (oha, Signior Padrone, manchen Leuten reicht nicht mal das Latein, die müssen sich das Leben noch mit andern alten Sprachen schwer machen), Sebastianus Brant, ein guter Freund vom Wimpfeling und hat ein Poem geschrieben das heißt das Narrenschiff, dann der Priester Petrus Schott und andre mehr, Mamma mia, was für eine Plackerei all diese Namen auf Teutsch zu schreiben, und das sind allesamt Männer der Religion und der Wissenschafft und der antiken Schrifften.
Der erste auf der Liste, der Geiler heißt, ist sehr berühmt, nemlich er predigt immerfort gegen Rom und wird genannt die gellende Trompete von Straßburg. Ja, Signior Padrone, denn die so ich Euch genannt, sind alles wichtige Persönlichkeiten von Straßburg und Umgebung, und sie sind alle Freunde miteinander, zum Beispiel dieser Thomas Wolf ist der Sohn von einem der auf Teutsch Ammeister heißt, und das ist einer von den Herren der Stadt und hat Geiler geholfen das Amt als Prediger zu bekommen. Geiler wiederum hat andre Leute nach Straßburg kommen lassen die Geschichte studiren und sich für antike Handschrifften und Dichter interessiren, und der Sohn von der Schwester vom Wimpfeling heißt Jacobus Spiegel und ist der Sekretarius vom deutschen Kaiser Maximilian, stellt Euch bloß mal vor, Signior Padrone, diese Straßburger, wie weit die das bringen können. Stirbt einer von ihnen so schreiben die andren über sein Leben und sagen, wenn ihr wüsstet wie edel der war, wie tüchtig, wie sehr die Leute geweint haben als er starb etcetera, kurzum sogar nach dem Tod helfen sie sich gegenseitig als wie eine Familie die zusammen durch dick und dünn geht.
Ciolek hat polnische Freunde in Teutschland die ihm von alledem berichten, weil (das hab ich sofort gemerkt) die Polen plaudern sehr gern und sind so intelligent und so begabt für die Sprachen dass wenn sie an einen Ort kommen sie im Handumdrehn lernen wie man dort spricht, und so mischen sie sich immerfort in alles ein.
Diese Prediger von Straßburg und ihre Freunde kommen so gern zusammen um zu disputiren und Pläne zu schmieden und machen so viele Sachen gemeinsam, dass Geiler zu seinen Kumpanen sagt: Die eigentliche Freude des Menschen ist der Mensch. Aber da hab ich meine Zweifel, Signior Padrone, nemlich lehrt man uns nicht in der Kirche dass die eigentliche Freude des Menschen Gott ist, also Jesus, und dass der Mensch allein und ohne Gott nur ein Dreck ist? Von dem ersten Buch der Bibel erinnre ich gut dass Gott wann er dem Menschen das Leben gibt auf ein Stück Schlamm pustet das die Form von einem Menschen hat, und Schlamm ist sowas wie Dreck. Dagegen scheint mir dass diese Teutschen vom Elsaß den Menschen an die Stelle von Gott setzen wollen, und das ist gewiss keine gute Sache.
Dann hat Ciolek wieder angefangen mit Lionardo über nutzlose Dinge der Wissenschafft und Malerei zu sprechen, denn damit wollt er auch meinem Ziehvater ein wenig Bedeutung geben, dem Ärmsten, nemlich der weiß bei solchen Gesellschaften, wo man über dies und jenes plaudert, auf Teuffel komm raus nicht was er sagen soll. Schon seit einer Weile hatt ich bemerkt dass Kopernikus mich so anschaut als wie ich die Weiber, und ich denk pass auf, gleich macht er dir ein Kompliment, und tatsächlich sagt der Kopernikus, oh, das ist ekzpetio cxzctpion das ist sehr schön mein lieber Salaì, ich habe die Statuen gesehn, du gleichst dem Antinoo tatsächlich aufs Haar, und ich antworte, was soll man da machen, jeder hat sein Kreuz zu tragen, und da ist er ein bisschen erstaunt, aber dann nimmt er mich zur Seite und erklärt mir, wo mich die Angelegenheit ja so interessirt, er steht auch in Briefwechsel mit andren polnischen und teutschen Matematikern die ihm erzählen was im Elsaß geschieht. Mir hat es nicht gefallen mit ihm darüber zu reden, weil ich schon kapirt hatte dass der arme Dummkopf denkt, bloß weil ich mit Lionardo zusammen leb muss ich auch ein warmer Bruder sein, und er hofft was abzukriegen von meiner Wenigkeit, aber dann fällt mir ein dass die Schwulen wie die Weiber sind, drum lieben sie Klatsch, und vielleicht kann Kopernikus mir ja was Interessantes sagen.
Und ich hatt Recht, denn er hat mir zum Beispiel gesagt dass Wimpfeling, Geiler und ihre Freunde sich für antike Dinge interessiren, und dass sie Bücher schreiben über die Geschichte von Straßburg, auch sammeln sie hier und da junge Männer auf der Straße ein und gründen Schulen, ein sehr schlauer Kniff, sagt Kopernikus, nemlich dann lernen die Jungen nur was sie selbst, die Prediger also, gedacht und gesagt haben. Was sollen sie denn lernen, frage ich. Das lässt sich nicht in zwei Worten sagen, erwidert Kopernikus, und macht ein großtuerisches Gesicht als wollt er sagen, nun hör mal gut zu jetzt erklär ich’s dir. Also, dieser Wimpfeling dort in Straßburg hält immerfort Schimpfreden über Italien und sagt, es stimmt zwar dass ihr Italiener als erste angefangen habt die lateinischen Schafften und die antiken Autoren zu pflegen, und habt ihr alles wiederentdeckt, die Antike die Dichtung die Literatur und all diese herrlichen und wichtigen Dinge, die römische Baukunst und die Monumente etcetera. Aber trotz alledem sind die Teutschen für den Wimpfeling deswegen nicht weniger wert, wie dagegen Poggio meint.
Poggio? ruf ich mit einem Gesicht als hätt man mir gesagt, pass auf, deine Mutter heißt in Wirklichkeit Giacomo und hat einen Bart und vorn einen Schwanz. Kopernikus sieht mich an als wollt er sagen, aha, etwas weißt du also auch, und erzählt weiter dass Poggio, ja, genau der berühmte Bracciolini, dass der die Teutschen hat abgrundtief verachtet, und hat in aller Öffentlichkeit gesagt und auch geschrieben dass sie Barbaren sind und Idioten und Säufer und von allen gehasst werden einschließlich Gott, und sogar dass sie stinken und niedriger stehen als wie alle andren Menschen. Natürlich haben deswegen alle Gift und Galle gespien in Teutschland und sonderlich in Straßburg. Wimpfeling und seine Freunde, die Prediger sind und Geschichtsforscher und Liebhaber von alten Schriften, grad als wie der Poggio, haben gesagt, das Gegenteil ist wahr, nemlich Straßburg ist besser als Rom und das deutsche Volk wird’s den Italienern schon zeigen, denn es ist ein großes Volk das nicht mal nach Italien gehen muss um zu studiren, weil es hat zuhause sowieso schon alles, von wegen Barbaren. Und im ganzen Elsaß aber erst recht in Straßburg kriegen sie eine Stinkwut auf Rom und mächtige Lust den Italienern gehörig eins überzubraten. Entschuldigt, sag ich zu Kopernikus, aber dieser Poggio ist vor fünfzig Jahren gestorben, warum machen sie in Straßburg erst jetzt einen solchen Aufstand?
Kopernikus sagt das weiß er nicht, aber vielleicht weil es erst jetzt einen Papst gibt über den so schlecht gesprochen wird als wie damals über den Borgia. Und außerdem war zur Zeit vom Poggio die Germania von Tacitus noch nicht gedruckt, sagt Kopernikus. Die Germania von wem? frag ich, doch er lacht nur und sagt, weißt du das ist eine lange Geschichte, warum kommen wir zwei beiden in den nächsten Tagen nicht mal allein zusammen? Ich versteh sehr wohl was Kopernikus von mir will, Signior Padrone, aber ich versprech ihm trotzdem dass ich von mir hören lass, weil diese Geschichte von der Germania die möcht ich unbedingt wissen.
Damit ihm aber schon mal die Lust vergeht bei mir einen auf warmen Bruder zu machen, frag ich ihn, hör mal, dir gefallen die Weiber doch auch, stimmt’s? und da fangt er an zu lachen und sagt, aber ja gewiss warum nicht, und ich sag, gut, dann werd ich dir, wann wir uns sehn, eine Freundin aus San Godenzo vorstellen, die hat ein schönes Paar dicker Melonen und obendrein gute Freundinnen, die könnten sogar ein Pferd zuschanden reiten, du wirst sehn, das wird ein feiner Spaß, aber er macht ein Gesicht als würde er denken, Grundgütiger, bei dem muss ich ja wohl ganz bei Null anfangen.
Wie Ciolek und Kopernikus sich von uns verabschieden wollen, fragen sie mich noch, sag mal Junge, warum interessirst du dich eigentlich so für Straßburg, und ich antworte, na hört mal, das ist doch klar, nemlich all die Verleumdungen in Rom gegen den Papst, da können ja nur die aus Straßburg dahinterstecken.
Und da, das glaubt Ihr nicht, Padrone, was für Gesichter sie alle machen, und mein Ziehvater sagt, Salaì, was fällt dir ein, und ich antworte, entschuldigt, Ser Lionardo, das sieht doch jeder Simpel wie die Dinge stehn, nemlich auf der einen Seite hier in Rom die Schandmäuler, aber man weiß nicht wer sie sind, die verbreiten eimerweise Lügen über den Papst und Valentino, und auf der andren Seite in Teutschland oder vielmehr in Straßburg, wie Signior Kopernikus sagt, da hassen alle Rom und die Italiener und sagen dass die Kirche zum Speien ist und man sie ganz neu machen muss, und darum scheint mir klar dass es die Straßburger sind wo die Lügen über den Papst verbreiten, meint Ihr nicht auch? Mir schien das ein intelligenter Gedanke, sogar fast zu einfach, aber grad darum weil er so einfach war schämen sich Lionardo und die andern, dass er ihnen nicht gekommen ist, also sagen sie alle, naja, mmh, wer weiß, aber nein etcetera, und wissen auf Teuffel komm raus nichts Besseres zu sagen. Und deswegen, Signior Padrone, hab ich auch nicht drauf bestanden, nemlich wenn die gebildeten Männer schon so dumm sind, was kümmert’s mich da, ihnen was zu erklären, wo ich doch ein ignioranter Tölpel bin?
Bevor er uns aus der Tür gehen lässt sagt Iligi zu mir und Lionardo, er weiß auch nicht mehr über die üblen Reden gegen den Papst, doch er gibt uns den Rat wir sollen zum Beispiel mal in die Locanda de la Campana gehen, weil dort erzählt man sich unendlich viele Geschichten über den Papst, aber es wär besser dass ich allein hingehe, indem dass dort auch Personen von hohem Stande sind, und die könnten meinen Ziehvater womöglich erkennen. Grad wollen Lionardo und ich ihn fragen warum er uns ausgerechnet diese Taverne vorschlägt, aber Iligi verabschiedet sich schon von Ciolek und Kopernikus, und es scheint sonnenklar dass er mehr nicht sagen will.
Beim Rausgehen musst ich Lionardo erklären wie ich all diese Dinge über die Teutschen, den Burkard, die Alemannen und die Sancta Maria de l’Anima erfahren hab. Uff, Padrone, wie ist der wütend geworden und was für Strafpredigten hat er mir gehalten! Er wollte wissen mit wem ich über all das gesprochen und wann und wo etcetera. Ich sag, Vater, was sollte ich denn tun, wo Ihr mich allein in Rom habt zurück gelassen wie einen Deppen, sollt ich mich den ganzen Tag am Bauch kratzen? Im Gegenteil, Ihr müsst mir sogar dankbar sein, dass ich Euch gesagt hab was los ist, nemlich dass ich meine es sind die von Straßburg wo die bösen Gerüchte über den Papst und seine Verwandten verbreiten. Lionardo, der einen Dickschädel hat, sagt, ach hör doch auf, wir haben ja nicht mal Beweise, ich kann dem Valentino doch nicht sagen dass dir das eingefallen ist, denn den Ideen die ein Junge von zwanzig Jahren hat, auf die kann er sich bestimmt nicht verlassen.
Grad in diesem Moment kommen wir an der Herberge an, und da gibt’s schon wieder eine böse Überraschung. Unter der Tür von Lionardo hat jemand ein Papier durchgeschoben mit einer Zeichnung darauf.
Mein Ziehvater will nicht mal was dazu sagen, aber ich sehe gleich, dass sein Gesicht vor Schreck weißer ist als Gips. Wer hat gewusst dass wir in der Herberge de la Fontana sind? Die andren Zimmer auf unserem Stockwerk sind leer, drum ist es schlecht möglich dass man Lionardo mit einem andern verwechselt hat. Ist uns jemand gefolgt seit wir in Rom sind? Aber wer?
Sogleich ist mir ein Zweifel gekommen: Könnt es nicht sein dass der wo diese Zeichnung von einem Gehenkten unter Lionardos Tür gelassen, das für die Stadt Fiorenza getan hat? Nemlich Lionardo hat auch mal ein Bild von einem Gehenkten gemacht, den hatte er selbst gesehn, und das war dieser Bernardo1* der Fiorenza verraten hat und geflohen ist, und dann in Konzstantinopel gefasst wurde, der hatte mitgemacht bei der berühmten Verschwörung der Pazzi die viel Leid über Fiorenz gebracht, und war sogar ein Papst dabei, und zufällig steht auch Lionardo grad im Dienst des Valentino, also auch vom Papst. Daher sag ich zu meinem Ziehvater, wisst Ihr, Vater, diese Zeichnung erinnert mich an die von dem Verräter Bernardo die Ihr mal gemacht, und dann blick ich ihn an um zu sehen was für ein Gesicht er zieht, doch er sagt nur, was für einen Mist redest du da, Salaì, meine Zeichnung das ist ein Kunstwerk und kein blöder Scherz von einem Verrückten, und an seinem Gesicht seh ich, er hat eine Heidenangst.
Sofort sag ich zu Lionardo dass wir auf der Stelle in die Messe gehn müssen um uns segnen zu lassen, und dass ihm diese Sachen passiren weil er das Weihwasser niemals nicht anrührt, und an sowas hat der Teuffel seine höllische Freude. Aber Lionardo will in der Herberge bleiben, weil er zu viel zu tun hat, sagt er, doch ich glaube er hat nur Angst dass wieder jemand in sein Zimmer kommt, um ihm seine Zeichnungen und andre Sachen zu stehlen. Schließlich bin ich allein in die Messe gangen, und Jesus und die Jungfrau und alle Heiligen mögen uns beschützen.
Dies ist alles was ich im Augenblick berichten kann und lass ich Euer Gnaden entscheiden ob es gut oder schlecht ist für Fiorenza, unsere Heimat.
Euer tief ergebener Sklave
Salaì
1 * Salaì bezieht sich auf Bernardo di Bandirlo Baroncelli, einen der Teilnehmer der berüchtigten Verschwörung der Familie Pazzi gegen die Signioria der Medici, der floh, in Konstantinopel gefangen und am 29. Dezember 1479 in Florenz gehängt wurde. Leonardos Zeichnung, die den noch hängenden Leichnam darstellt, befindet sich im Musée Bonnat in Bayonne.