19.

Verehrungswürdiger und erhabner Padrone,

Lionardo hat beschlossen seine Bekanntschaften zu nutzen, um Fakten zu sammeln die uns dienlich sein können bei der Suche nach den Verleumdern vom Papst Alexander VI. Im vergangnen Jahr wurd er auf der Reise nach Venezia von der vornehmen Familie Grimani empfangen, und zu diesen Grimani gehört Kardinal Domenico der hier in Rom eine große Sammlung von Antiken besitzt und hat Lionardo schon in Venezia eingeladen ihn zu besuchen.

Jetzt will Lionardo die Einladung annehmen, drum sind wir heut in den Palazzo de l’Oratore di Venezia gegangen wo Kardinal Grimani seine Sammlung hat.

Empfangen hat uns der Sekretarius des Kardinals, Stefano Iligi da Dulcegno heißt er. Iligi ist von schmächtiger Statur, hat sehr lebhafte Augen und liebt einen guten Schwatz unter Freunden. Er überbringt uns die Grüße vom Kardinal der heut nicht kommen konnt und macht meinem Ziehvater viele artige Komplimente und fragt ihn an welchen Werken er gerade arbeitet. Lionardo antwortet mit Brummen, mmh nuuun tjaaa, denn im Augenblick hat er nicht mal den Zipfel von einem Auftrag. Dann steht er wie üblich dumm da und betrachtet stumm und mit sehr strenger Miene die Statuen, nemlich das beeindruckt alle und denken dann, wer weiß was für geniale Idee ihm im Kopf rumgehn.

Iligi zeigt uns viele Statuen die in Tivoli gefunden wurden, das ist da wo mein Ziehvater mal hingehn will, jedenfalls hat er das gesagt. Wir bewundern die verschiednen Marmorbildnisse vom Kaiser Hadrian aus seiner großen Villa, die Hadriansvilla heißt, und auch die Darstellungen von seinem Lieblingsknaben, dem berühmten Antinoo. Iligi dacht er könnt uns damit überraschen, aber Lionardo hat diesen Antinoo schon so oft gezeichnet dass er mir gründlich zum Hals raushängt, und so kommt es anders und Iligi staunt, nemlich wann er mein Gesicht mit einer von diesen Statuen aus Tivoli vergleicht merkt er sofort wie sehr ich ihm ähnlich bin. Wie ich bereits gesagt, dieser Freund von Hadrian und ich haben tatsächlich die gleiche Nase und Augen und Haare wegen denen die Weiber gleich toll werden, und meiner Meinung haben sie damit ganz Recht. Ein paar von den Statuen die Iligi uns zeigt hat man erst im letzten Jahr gefunden, wenn ich richtig verstanden hab, und jetzt sprechen alle in Rom davon, obwohl mir da ein Zweifel kommt denn dieser Antinoo war ein bisschen zu jung und zu schön um der Freund vom Kaiser Hadrian zu sein, nemlich der war alt und hatte fuderweise Geld, und von daher würd ich drauf wetten dass Antinoo wirklich eine Schwuchtel war.

Ich weiß dass man in Fiorenza sagt auch ich wär vom andren Ufer, nemlich in seiner Jugend hat Lionardo dies kleine Problem gehabt von dem ja alle wissen, jemand hat ihn angeklagt er wär ein Sodomit und andersrum, aber dann ist zum Glück nichts weiter passiert weil die Anzeige von einem Unbekannten war, aber dieser Fleck ist an Lionardo klebenblieben, und wann er mich als Sohn angenommen da haben alle gesagt, er hätte mich bloß zu sich geholt weil ich ein sehr hübscher Junge bin und dem Antinoo ähnlich seh und weil er mich flachlegen will, denn er schenkt mir ja auch immer massenhaft Armreifen und Ringe und andre schöne Sachen, aber in Wirklichkeit ist Lionardo, der Ärmste, mit seiner Wissenschafft und mit seiner Kunst verheiratet, und immer denkt er bloß an seine Zeichnungen und daran sich vor den Bildnissen der schönen Frauen, wo er gemalt, einen runterzuholn, oder auch vor dem Spiegel, weil er vor allem sich selbst schön findet, und vom vielen Wichsen kommen ihm dann die Augenränder. Mir passt das Gerede von den Leuten ganz gut in den Kram, weil in Fiorenza denken alle Väter dass ich einer von diesen Schwulen bin, und vertraun mir ihre Töchter an damit ich sie hierhin und dahin begleite und denken dabei, Salaì ist ja sowieso vom andren Ufer, aber nichtsda, ich steck mir ihre Töchter allesamt auf den Spieß, und das macht mir und ihnen die allergrößte Lust.

Um zum Sekretarius vom Kardinal zurückzukehrn, Signior Iligi hat uns gesagt der Kaiser Hadrian wär auch Maler und Bildhauer und Baumeister gewesen, grad als wie Lionardo, und hat viele Werke in Rom hinterlassen (das Kastell Sant’Angelo, die Brücke Elio und andre wo ich nicht mehr erinnre) und Iligi erzählt noch mehr Zeugs das ja vielleicht ganz interessant ist, aber er steckt eine solche Menge Latein darein dass ich schon zu gähnen anfang wie ein Esel, und Lionardo bleibt stumm von wegen seinem Problem dass er kein Latein kann und sich schämt. Ich sag ihm immer er soll in die Messe gehn, nemlich da lernt er von einem zum andren Tag wenigstens ein bisschen, so ist’s mir jedenfalls gegangen, und hat das Latein ja auch eine solche Ähnlichkeit mit unserm Idiom, dass wenn ein Italiener es liest er ganz gewiss was kapiert, außer er ist ein kompletter Idiot.

Zum Glück, Signior Padrone, konnte ich einen Satz des Sekretarius nutzen um das Gespräch auf die Angelegenheit zu lenken die mir wichtig war. Dieweil er langweilige Sachen faselt über die alten Römer, wie als der Kaiser Nerva starb, Hadrian seinem Nachfolger Trajan der grad in Teutschland war die Nachricht überbracht hat blabla etcetera etcetera, da unterbrech ich ihn: Wo Ihr grad von Teutschland sprecht, ich hab gehört die Teutschen bauen ihre Kirche Sancta Maria de l’Anima wieder auf, und da guckt Lionardo mich wütend an, weil das hat er nicht erwartet dass ich den Mund aufmach.

Iligi aber der wie die meisten Sekretari ums Verrecken nichts zu tun hat und sich ödet und darum gern plaudert, der antwortet mir sofort dass es wahr ist, ja, die Teutschen bauen die Kirche der Anima wieder auf, aber es ist beileibe nicht sicher ob sie das schaffen. Ich frag, aha, warum denn nicht, und er sagt dass das Geld für den Bau welches die Teutschen hier in Rom bei der Bank der Fuoker, Fugger oder Fukker (hab nicht verstanden wie man das richtig schreibt, das sind nemlich auch Teutsche) deponirt haben, dass das schon alle ist oder fast, und der Papst wird ihnen nicht helfen. Ach ja, wirklich, und warum nicht, frag ich weiter dieweil Lionardo vor Wut kocht, denn die guten Fragen die fallen mir einfach so nebenbei ein, wogegen er über alles immer Stunden um Stunden nachdenken muss.

Da sagt Iligi, wann vor sieben Jahren der König vom Frankenreich gegen Rom gezogen ist, da haben alle gedacht dass er die Stadt zerquetschen würd als wie einen Käfer über den ein Kutschenrad rollt. Der Papst Borgia hat die Teutschen von Rom zu sich gerufen und dem Burkard befohlen er soll die Teutschen für den Kampf bereithalten wann die Frantzosen in Rom einfallen, aber da konnt der Papst noch so schöne Worte wählen, die Teutschen haben ihm praktisch gesagt, da kannst du lange warten dass wir dir helfen, nemlich der König vom Frankenreich hatte ihnen versprochen, wenn er nach Rom kommt krümmt er den Teutschen kein Haar.

Aber der Heilige Vater vergibt noch viel schlimmre Sachen, sagt Lionardo, ja er lacht sogar drüber statt die zu fangen die ihn und den Herzog Valentino verleumden.

Iligi sagt, wenn Lionardo das Gerücht meint dass der Herzog sein Sohn wär, so sind das sind alles Hirngespinste, und er erklärt uns dass die bösen Zungen sich drauf stützen dass der Papst in seinen Bullen Cesare und Lucrezia filius und filia nennt, also auf Lateinisch Sohn und Tocher. Aber das haben schon die Päpste vor ihm getan, und sogar ein Esel würd verstehn dass ein Papst wenn er so spricht natürlich Sohn und Tochter im spritu spitruell geistlichen Sinne meint, wie alle andren Gläubigen auch seine Kinder sind. Wenn er Briefe schreibt nennt der Papst auch die Königin von Spanien und den König der Frantzosen filia und filius, und sind die etwa auch seine Kinder?

Und mal ehrlich, Signior Padrone, ich hab’s Euch schon geschrieben, auch mir scheint dass einer der sechsunddreißig Jahr lang Vizekanzler war, also gleich nach dem Papst als zweiter kommt, und der dann mit sechzig Jahren selbst zum Papst gewählt wird und obendrein mit allen Stimmen, dass so einer nicht ganz blöd sein kann, und wie käme so jemand auf die Idee in seinen offiziellen Papieren zu schreiben, er hätte einen Sohn hier und da eine Tochter?

Man sagt auch dass Seine Heiligkeit eine junge und schöne Geliebte hat, beharrt Lionardo, und dass er eine Schar von fünfundzwanzig Weibern auf einmal in sein Zimmer kommen lässt um Orgien und Sauereien zu veranstalten. Iligi hat gelacht und sagt, nicht nur dass alle in Rom es in zwei Sekunden wüssten wenn sowas geschehen würde und dass sich auch niemals nicht eine einzige Hure gefunden hat die sagt, bei der Orgie war ich dabei, sondern warum hat man denn all die Geschichten von Kindern, Geliebten und Huren in den sechsunddreißig Jahren bevor er zum Papst gewählt wurde kein einziges Mal gehört? Und wann man ihn zum Kardinal gemacht, mit vierundzwanzig nemlich, das ist ein Alter wo sogar den heiligsten Männern der Hahn gerne mal aus dem Käfig entwischt (und das, Signior Padrone, kann ich Euch wahrlich bestätigen). Wer soll da glauben dass dem Borgia der Hahn ausgerechnet jetzt, wo er über sechzig Jahre alt, mal hierhin und mal dorthin entwischt? Wann er noch Kardinal war haben die Feinde vom Borgia ihn angeschwärzt und mit Dreck beschmissen wie sie nur konnten: dass er falsch wär, geizig, verschlagen etcetera, aber von Geliebten und Kindern kein Wort. Hätt er Kinder gehabt wär’s für die Feinde vom Borgia ganz leicht gewesen zu sagen, er könnte nicht Papst werden von wegen den Kindern, so war es ja auch bei andren Kandidaten gewesen, zum Beispiel bei Kardinal Ardicino de la Porta der dann auch wirklich nicht gewählt wurde. Und die, welche sagen, dass der Borgia sich das Konklave gekauft hätt, die sollten lieber das Maul halten, nemlich das gleiche hat man auch von Sixtus IV. und von Innozenz VIII. gesagt, doch es stimmte nicht, und auch bei Papst Borgia ist es ein großer Blödsinn. Die Republik von Genua, das Königreich Neapel und die Frantzosen haben vor dem Konklave einen Batzen Dukaten ausgegeben um Stimmen für Giuliano della Rovere zu kaufen, und Ludovico il Moro hat die Kardinäle mit Geld überschüttet damit sein Bruder Ascanio Sforza gewählt wird. Doch viele Kardinäle wollten weder den einen noch den anderen, das sind nemlich zwei die wegen ihrer eignen Interessen zulassen würden dass Italien von andren Ländern eingesackt wird, und dann Gute Nacht. Wann Sforza gesehen hat dass die Wahl nicht für ihn ausgehn würde hat er zu seinen Leuten gesagt, wählt den Borgia, und das haben sie dann auch getan, und genau so alle Kardinäle die noch unschlüssig waren, und wie zuletzt alle kapiert hatten dass der Borgia gewinnen könnt, da haben ihn auch noch die Freunde vom Della Rovere gewählt, aus Angst er könnte hinterher ihr Feind sein, und so ist man zur Einstimmigkeit gekommen. Im Grunde ist das passiert was immer passiert wenn’s zwei Kandidaten gibt die gleich stark sind und keiner von beiden die Oberhand gewinnt: Man wählt einen dritten der schon zimlich alt ist, geschätzt wird und allen gefällt. Der Borgia selbst hatte gar nicht dran gedacht sich wählen zu lassen, das sieht man daran dass zwei andre spanische Kardinäle von denen einer sogar sein Vetter ist, sich noch nicht mal die Mühe gemacht haben zum Konklave nach Rom zu kommen. Drum haben sie den Borgia gewählt weil er sein ganzes Leben lang Vizekanzler gewesen ist und von gleich zu gleich gesprochen hat mit den ausländischen Königen, als wie ein richtiger Staatsmann eben. Und das hat er auch gezeigt sofort nachdem er gewählt worden war, weil er hat allen Kardinälen Benefizien gegeben, auch seinen Feinden wie dem Giuliano della Rovere. Nemlich Roderico Borgia wollte dass auch seine Feinde zufrieden sind damit sie besser arbeiten zum Wohl der Kirche, und das ist für ihn ein und dasselbe wie das Wohl von Italien. Alexander VI. will vor allem die Einheit und den Frieden für die italienischen Staaten, drum hat er ja auch den Namen Alexander gewählt, weil damit will er sagen dass er es so machen wird wie Alexander III., der wo erreicht hat dass die Italiener einig waren wann der teutsche Kaiser Friedrich Barbarossa nach Italien runterkommen ist, um Italien auf den Sack zu gehn, und weil sie einig waren haben sie’s dem Barbarossa knüppeldick gezeigt, und der hat Prügel gekriegt. Und diese Idee die Fremden aus Italien zu vertreiben, das ist erst der Anfang, sagt Iligi, nemlich seit vier Jahren bereitet Papst Borgia auch eine große Reform für die ganze Kirche vor, davon träumt er schon sein Leben lang.

Ach ja, und was soll das bedeuten? fragt Lionardo. Iligi erklärt dass der Papst sehr wohl weiß dass es beim Klerus von Rom eine Menge Dinge gibt die nicht in Ordnung sind, da sind viele Priester und Prälaten und auch Kardinäle die nicht gern um der größren Glorie Gottes willen arbeiten, sondern möchten nur essen und saufen und dumme Späße machen, und manche lassen sich auch bestechen, damit sie in ihrem Amt überhaupt was arbeiten, und einige treiben Schweinereien vielleicht gar mit Huren. Aber die sind eine Minderheit, weil der größte Teil der Kurie und auch die meisten Leute aus dem Volk lieben Jesus sehr, und gehn sie immer in die Kirche um die Sakramente zu empfangen. Das stimmt, Signior Padrone, auch mir will scheinen dass es in Rom einen Haufen Sünder gibt, grad als wie überall auf der Welt, und vielen Leuten gefällt’s jeden Tag, den Gott werden lässt, auf der faulen Haut zu liegen, nemlich hier scheint ja immer die Sonne und man ist schon zufrieden wenn man bloß ein paar Stunden auf einem Mäuerchen sitzt und sich am Sack kratzt, aber auch wenn die Leute Sünden begehen nemlich Gemeinheiten, Lästerungen, Neid oder Diebstahl und sogar Mord, so glauben sie doch an Gott und an Jesus und sagen die Gebete auf und haben ein reines Herz und bereuen fast immer ihre Sünden und die Bredullie die sie angerichtet. In Teutschland und in Holland dagegen, sagt Iligi, ist die Lage viel schlimmer, da ärgern sich die Leute die Krätze über die Mönche und die Priester wo eine Menge Sauereien machen und Anstoß erregen und sich wie Bestien benehmen, und fast scheint’s als würden einige von ihnen das absichtlich tun, dass sie leben als wie die Tiere und sich vor allen Leuten so aufführn, und die teutschen Städte beklagen sich und kritisiren die Kirche von Rom und verlangen dass der Papst was tut gegen diese Schande. Obendrein gibt’s auch noch die Antikisten die Ärger machen, nemlich die sammeln Leute um sich herum dass sie alle miteinander gegen die päpstliche Macht protestiren, und die Fürsten verschlimmern das ganze Durcheinander in der Kirche noch, indem dass die Bischöfe fast alle aus den fürstlichen Familien kommen und ihnen helfen, und wenn sich nicht bald ein Mittel findet dagegen, dann geschieht in diesen Ländern gewiss ein teufflisches Unheil. Alexander VI., der beileibe nicht blöde ist, hat darum beschlossen eine große Reform zu machen, und die stützt sich auf vier Punkte, den Papst und seinen Hof, die Kardinäle, die Kurie von Rom und eine allgemeine Reform der ganzen Kirche, besonders in Teutschland und Holland.

Wie Iligi so redet ist es immer interessanter geworden, denn es scheint ja fast als würd es zwei Roderico Borgia geben, einer ist der von den Schandmäulern und der andre der vom Iligi, und das ist eine Sache die mir rätselhaft vorkommt, und ist nicht zu erklären, aber leider hat Lionardo Iligi unterbrochen weil er auf seiner Frage beharrt und sagt, das sind ja alles schöne Geschichten, aber die Leute wo üble Nachreden über den Papst verbreiten müssen ja wohl einen Namen haben. Ohje, Signior Padrone, ich meine dass Lionardo da einen Feler macht, nemlich wenn man etwas erfahren will, darf man auf keinen Fall solch direkten Fragen stellen, nein, man muss langsam und von Mal zu Mal nach der Sache fragen, sonst ist’s ja grad so als würdest du, wenn du ein schönes Weib auf der Straße triffst, ihr sagen, he du, komm sofort hinter diese Mauer mit mir weil du bist zimlich scharf und ich möcht meine Hände zwischen deine Beine stecken.

Zum Glück werden die dummen Fragen von Lionardo unterbrochen weil zwei andre Leute kommen die auch von Kardinal Grimani eingeladen sind, und das ist ein polnischer Priester wo Ciolek heißt und sein Freund, ein viel jüngrer Mann, der auch aus Polen stammt und Kopernikus heißt. Der erste mochte ungefehr sechzig sein und ist sehr gebildet, er weiß eine Menge von Latein Historia Religion etcetera, der andre ist fast dreißig, und am Anfang hab ich nicht genau verstanden was zum Henker der so treibt.

Iligi stellt Lionardo den Ciolek und den Kopernikus vor und umgekehrt und alle miteinander machen ein großes Getue, Meister, welche Ehre, nein die Ehre ist ganz auf meiner Seite, aber nein, ich bin der Geehrte etcetera, und da mir keiner irgendwelche Komplimente macht fang ich auch an und sag, aber bitte keine Umstände, die Ehre ist ganz die meine etcetera, und da sagt Lionardo, Salaì, was fällt dir ein, pass auf, gleich kriegst du eine Maulschelle, siehst du denn nicht dass Monsigniore Ciolek eine hochachtbare Person ist, und lass dir sagen dass Signior Kopernikus aus Polen nach Rom gekommen ist um an der Universität de la Sapienza Lectiones zu halten über die Bewegung der Planeten der Sonne des Mondes und der Erde, nemlich wie sie kreisen und wie groß sie sind etcetera, kurz Kopernikus ist ein Astrognom, und ich antworte, ah entschuldigt bitte, wie interessant, aber unter uns gesagt, Signior Padrone, das scheint mir keine große Wissenschafft zu sein, diese Astrognomie, weil auch wenn einer sie studirt bis es ihm zu den Ohren rauskommt, den Planeten ist das doch völlig wurst, und sie bewegen sich weiter als wie sie wollen.

Dann haben wir ein wenig mit Ciolek und Kopernikus geplaudert, und ich merke dass diese Polen bei Gott schlau sind und auch viel von den Dingen des Lebens wissen den praktischen mein ich, und nicht nur von der Matematik und den Planeten. Aber erst haben wir auch darüber ein bisschen geredet, weil Kopernikus ist auch so einer wie Lionardo, nemlich hat bloß die Astrognomie im Kopf, drum hat er auch Augenränder wie Lionardo, und ich frag mich ob er wohl mit Frauen geht oder ob nicht. Kopernikus hat gesagt, seiner Meinung nach dreht die Erde sich um die Sonne, nicht umgekehrt, stellt Euch das mal vor, Padrone, aber da hat Lionardo ihn bloß ausgelacht und sagt, so ein Unsinn, das ist unmöglich, wogegen mir scheint dass dieser Kopernikus einen Treffer gelandet hat, nemlich die neusten Ideen, die wo die Leute sagen, das ist doch verrückt, sowas hat man noch nie gehört etcetera, das sind so glaube ich am Ende immer die richtigen. Was aber nicht so gut ist, ist dass dieweil dieser Kopernikus spricht und gestikulirt um etwas zu erklären, man genau sieht dass auch er eine Schwuchtel ist, und zwar gewaltig, Signior Padrone, nemlich einer von denen wo nichts mehr zu retten ist und die viel mehr eine Frau sind als ein Mann.

Zum Glück haben wir das nutzlose Reden über Astrognomie bald sein gelassen und sprechen mit den Polen über die Teutschen (darauf habe ich sie natürlich gebracht, denn wenn ich damit auf Lionardo warten wollt, da könnte glatt ein Monat vergehen). Ciolek hat einen fetten Bauch und das runde und glückliche Gesicht von denen die gerne essen, und wann Iligi uns ein bisschen Wein und Backwerk mit Zucker servirt hat, da haben ich und Ciolek fast alles allein gegessen, obwohl diese Nervensäge Lionardo mir ins Ohr geflüstert hat, Salaì, elender Saukerl verfluchter Tölpel friss nicht alles auf lass den andren auch noch was übrig.

Wie ich schon gesagt, Ciolek ist sehr freundlich und spricht Italienisch mit einem polnischen Aktzent, was mich sehr lachen macht, und sonderlich mischt er nicht dauernd lateinische Begriffe zwischen jedes zweite italienische Wort, wie Iligi es tut, und drum konnt auch Lionardo alles verstehn. Ich hab Ciolek haufenweise Sachen gefragt und er sagt zu meinem Ziehvater, nein, wie tüchtig und intelligent ist dieser Salaì, Euer Sohn, meinen Glückwunsch, Ser Lionardo. Aber Lionardo hat nicht mal gelächelt, denn das wurmt ihn gewaltig dass ich keine Bildung hab, aber sobald ich den Mund aufmach krieg ich Komplimente von allen und haben alle ihre Freude an mir, aber bei ihm ist das anders, weil wenn er immer von ernsten Dingen spricht, Wissenschafft Malerei Matematik, dann wünschen sie ihn alle zur Hölle. Wartet einen Augenblick, Signior Padrone, es klopft an der Tür und ich muss aufmachen, wer zum Teuffel mag das sein.

Euer stets dienstbereiter

Salaì

Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
CoverPage.html
section-0002.html
section-0003.html
BUCH.html
AUTOREN.html
TableOfContents.html
section-0004.html
section-0005.html
section-0006.html
section-0007.html
section-0008.html
section-0009.html
section-0010.html
section-0011.html
section-0012.html
section-0013.html
section-0014.html
section-0015.html
section-0016.html
section-0017.html
section-0018.html
section-0019.html
section-0020.html
section-0021.html
section-0022.html
section-0023.html
section-0024.html
section-0025.html
section-0026.html
section-0027.html
section-0028.html
section-0029.html
section-0030.html
section-0031.html
section-0032.html
section-0033.html
section-0034.html
section-0035.html
section-0036.html
section-0037.html
section-0038.html
section-0039.html
section-0040.html
section-0041.html
section-0042.html
section-0043.html
section-0044.html
section-0045.html
section-0046.html
section-0047.html
section-0048.html
section-0049.html
section-0050.html
section-0051.html
section-0052.html
section-0053.html
section-0054.html
section-0055.html
section-0056.html
section-0057.html
section-0058.html
section-0059.html
section-0060.html
section-0061.html
section-0062.html
section-0063.html
section-0064.html
section-0065.html
section-0066.html
section-0067.html
section-0068.html
section-0069.html
section-0070.html
section-0071.html
section-0072.html
section-0073.html
section-0074.html
section-0075.html
section-0076.html
section-0077.html
section-0078.html
section-0079.html
section-0080.html
section-0081.html
section-0082.html
section-0083.html
section-0084.html
section-0085.html
section-0086.html
section-0087.html
section-0088.html
section-0089.html
section-0090.html
section-0091.html
section-0092.html