28.
Mein hochverehrter und ehrwürdigster und des höchsten Lobes werter Padrone,
dem ich die Füße küss sobald ich nach Fiorenza zurückgekehrt, hab ich Euren gütigsten letzten Brief erhalten wo Ihr mich zu meinem Kummer mit hitzigen Worten beleidigt, und seid Ihr überhaupt nicht zufriden mit meinen Diensten, im Gegenteil, Ihr schnaubt vor Wut wie eine grimmige Bestie, und im Grunde sagt Ihr dass ich ein Schwein bin und dass Ihr meine Flegeleien lang genug ertragen habt, und ich verdien es dass man mich in den Hintern tritt, aber sorgt Euch nicht denn ich versprech Euch jetzt wird das Ganze sich bald richten, und werd ich alles dransetzen um Euch schöne Briefe zu schicken wie Ihr sie wünscht.
Naja, Ihr habt vielleicht auch ein bisschen Recht dass ich zuviel über Weiber schreib, wogegen die Angelegenheiten weswegen Ihr mich nach Rom geschickt ganz andre sind, und drum bitt ich auch demütig um Vergebung, aber immer wenn ich an die prächtigen Weiber denk die’s hier in Rom gibt (und wenn Ihr hier herkommt, werdet Ihr mir gewiss zustimmen) dann gerät mir das Blut so sehr in Wallung dass ich den Faden verlier, weil ich nicht schreiben darf über das was ich gesehen und mit den Weibern gemacht, und dann kann ich Euch auch die andern Sachen nicht richtig erzählen, und ich versuch ja auch ehrlich nichts von solch unanständigen Dingen zu schreiben, aber die Feder führt mich immer wieder von allein dahin, und wenn Ihr wüsstet wie viele Blätter ich Euch gar nicht geschickt, die haben nur von Weibern gehandelt, ah, da fällt mir ein, ich hab fast schon kein Papier mehr von dem was ich Lionardo geklaut, und wenn er mich ertappt dass ich immerzu schreib wird er sich fragen, ist Salaì gar ein Mann der Schrifft geworden?, und da wird er vielleicht misstrauisch. Und ich schwör Euch es ist sowieso zwecklos dass Ihr mir sagt ich soll keine Zeit mit den Weibern von Rom verliern, nemlich wenn ich sie nicht vögeln darf muss ich den lieben langen Tag dran denken, und das läuft am Ende immer darauf hinaus dass ich’s mir selbst besorg, und geht das so weiter dann krieg ich gewiss auch Augenränder als wie Lionardo und würden meine Körperkräfte geschwächt, was ganz und gar nicht gut ist muss man einem so großen Herrn dienen wie Ihr einer seid.
Bevor sie gegangen ist hab ich das Mägdchen gefragt ob sie eine Ahnung hat wo Lionardo steckt, und sie sagt mir dass er in aller Herrgottsfrühe fortgegangen ist, damit er von niemand gesehen wird. Wovor jedoch hat Lionardo Angst? Die Idee Brücken zu bauen, ich weiß auch nicht wieso, die kommt mir wunderlich und närrisch von, und ich frage mich auch was für Papiere das sind die bei dem Diebstahl verschwunden sind, aber er hat es mir ja nicht sagen wollen.
Das Mädchen hab ich losgeschickt dass sie den Leuten aus dem Volk noch ein paar Fragen stellt, nemlich solche Leute wissen immer allerhand kuriose Sachen. Zwar scheint es auf den ersten Blick oft Blödsinn, doch die Gerüchte die man von den Leuten auf der Piazza hört sind am Ende immer die nützlichsten.
Dann hab ich gedacht, Himmeldonnerwetter, ich hab ja doch meine eignen Kundschafter und beileibe nicht nur den jungen Mann der aussieht als hätt man ihm die Eier verbeult, nein, auch andere. Also bin ich zum Barbier zurück, dem Pisaner, denn bei all den Leuten in Rom die Haare haben wer weiß wie viele von denen sie sich auch schneiden lassen, und davon gewiss auch viele vom Pisaner, und es wird schon jemanden geben der dämlicher ist als die andern und zu viel redet, und wolln wir wetten dass der Pisaner mir was Interessantes erzählen kann? Es mag Euch sonderbar erscheinen, Signior Padrone, aber ich hatte wirklich Recht, denn ich habe den Pisaner gefragt ob’s wahr ist dass man in Rom behauptet, der Cesare Borgia ist der leibliche Sohn vom Papst, und da hat der Pisaner gesagt, lebst du hinterm Mond? Klar sagt man das, das sagen doch alle! Und ich frag, glaubst du’s denn oder nicht? und er antwortet: Wäre es wahr, dann gäb es in der Kanzlei vom Papst sicher irgendeinen Beweis der besagt dass Cesare und seine Schwester Lucrezia besondere Rechte haben, zum Beispiel dass sie was erben werden oder auch dass sie anerkannte Kinder von Seiner Heiligkeit sind, kurzum man müsst nur nachschauen ob es ein solches Dokument gibt oder nicht. Das scheint mir keine gute Idee zu sein, und bloß ein Barbier ist imstande sie auf so krause Weise herauszubringen, doch ganz und gar verkehrt scheint’s mir auch nicht, denn wenn man so ein Dokument findet, müsst man erstmal prüfen ob es echt ist, ist’s aber falsch dann gibt’s eine gewisse Hoffnung dass man rauskriegt wer es geschrieben hat und warum.
Also bin ich in die Herberge del Sole und hab den Mensch mit dem Beuleiergesicht rufen lassen, und nach einer Stunde hat man ihn gefunden und er fragt mich, was willst du? Ich erklär ihm dass er für Ser Lionardo irgendeine Bulle vom Papst finden muss wo geschrieben steht dass Cesare wirklich sein Sohn ist. Er sagt, du bist ja verrückt, und ich entgegne, pass auf, das ist ein Auftrag für Ser Lionardo, und wenn du’s machst bezahlt er dich fürstlich, und dann nenn ich ihm eine unglaubliche Summe. So du das aber nicht machst, sag ich, werden mein Ziehvater und die hochwichtigen Personen für welche er arbeitet, stinksauer auf dich sein, und das sind Leute die keine Zeit zu verlieren haben und vielleicht schneiden sie dir aus Rache ein oder zwei Finger ab. Da hat der Mensch mit den verbeulten Eiern ein bisschen nachgedacht und dann hat er sich für übermorgen mit mir verabredet, denn er hat einige Bekannte die können ihm eine Bulle vom Papst verschaffen, das Original oder eine offizielle Abschrift, und sie für kurze Zeit aus der Kanzlei bringen. Also sag ich, in Ordnung, wir sprechen später darüber, aber jetzt krieg deinen Arsch hoch, sofort, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.
Ich hoffe dass er mir eine Antwort bringt die mir weiterhilft aber trotzdem nicht zu genau ist, sonst muss man ihn womöglich noch bezahlen, und Lionardo hat so viel Geld nicht wie ich dem Mensch versprochen, doch eine Lösung find ich auf jeden Fall, Signior Padrone, vielleicht genügt’s ja ihm noch mal so einen schlauen Humbug zu erzählen.
Unterdessen kommt mir die Idee dass jetzt der rechte Moment sein könnte mal einen Blick in diese Locanda de la Campana zu werfen, von der Iligi, der Sekretarius vom Kardinal Grimani, gesprochen. Ich würde ja gern mit Lionardo hingehn aber wer weiß wohin es den verschlagen hat, und hoffentlich hat er keine ernsten Probleme.
Euer cnstagungs entsagunsgv treuer Diener
Salaì