3 Taragorm vom Palast der Zeit
In Taragorms Palast, der die Form einer gigantischen Uhr hatte, war die Luft mit Ticken und Tacken, dem Schlagen großer Pendel und dem Klicken der Unruhewellen erfüllt. Taragorm in seiner Uhrmaske, die ebenso exakt wie die anderen Uhren seines Palastes die Zeit anzeigte, nahm Meliadus’ Arm und führte ihn durch die Pendelhalle, wo dicht über ihren Köpfen ein riesiges Pendel – es war aus Bronze, sah aus wie eine reichverzierte Sonne mit Strahlenkranz, und wog gut seine fünfzig Tonnen – die Luft durchschnitt.
»Nun, Schwager«, brüllte Meliadus über den Lärm hinweg. »Ich habe deine Nachricht bekommen, von der du sagtest, ich würde mich über sie freuen, aber auf der Botschaft stand nur, ich sollte dich aufsuchen.«
»Ich hielt es für besser, dir persönlich Bescheid zu geben, komm.« Taragorm führte Meliadus durch einen kurzen Gang in einen kleinen Raum, in dem nur eine antike Uhr stand. Taragorm schloss die Tür hinter sich, und es herrschte relative Stille. Er zeigte auf die Uhr. »Das ist wahrscheinlich die älteste Uhr der Welt, Bruder – eine ›Großvateruhr‹, so wurde sie genannt. Thomas Tompion hat sie gebaut.«
»Ich habe diesen Namen nie gehört.«
»Ein Meister seines Fachs – der beste seiner Zeit. Er lebte lange Zeit vor dem Tragischen Jahrtausend.«
»Ah, ja? Und das hat irgend etwas mit deiner Botschaft zu tun?«
»Natürlich nicht.« Taragorm klatschte in die Hände, und eine kleine Seitentür öffnete sich. Eine hagere Gestalt, in Lumpen gekleidet, kam in den Raum. Eine einfache Ledermaske bedeckte das Gesicht des Neuankömmlings. Er verbeugte sich geziert vor Meliadus.
»Wer ist das?«
»Das ist Elvereza Tozer, Bruder. Erinnerst du dich an den Namen?«
»Natürlich! Der Mann, der Mygans Ring stahl und dann verschwand!«
»Genau. Berichtet meinem Schwager, Baron Meliadus, wo Ihr gewesen seid, Meister Tozer …«
Wieder verbeugte sich Tozer und setzte sich dann auf den Rand eines kleinen Tisches, dann machte er eine weit ausholende Geste. »Nun, ich war auf Burg Brass, mein Lord!«
Unvermittelt sprang Meliadus wie ein Tiger durch das Zimmer und packte den völlig Verblüfften am Kragen seines Hemdes. »Wo wart ihr?« brüllte er.
»Bu – burg Br – brass, Euer Ehren …«
Meliadus schüttelte Tozer und hob ihn dabei so hoch, dass er keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. »Wie?«
»Ich bin durch Zufall dorthin gelangt – der Herzog von Köln nahm mich gefangen – man sperrte mich ein, nahm mir meinen Ring – ich konnte ihn wieder an mich bringen – fürchtete – kam wieder hier an …« stotterte Tozer angsterfüllt.
»Er brachte Informationen mit sich, die viel interessanter sind«, warf Taragorm ein. »Sprecht, Tozer.«
»Die Maschine, die sie beschützt – die sie in dieser anderen Dimension hält –, befindet sich in den Verliesen der Burg; sie wird streng bewacht. Sie ist ein Kristallgerät, das sie aus einem Ort namens Soryandum haben. Dieses Gerät brachte sie dorthin, wo sie sich jetzt aufhalten, und es sorgt dafür, dass sie nicht auf unsere Ebene zurückkehren. Das ist. wahr, mein Lord …«
Taragorm lachte. »Es ist wirklich wahr, Meliadus. Ich habe ihn Dutzend Mal dem Lügentest unterzogen. Ich habe von dieser Kristallmaschine gehört, glaubte jedoch nicht, dass es sie tatsächlich gibt. Und mit dem Rest der Informationen von Tozer bin ich ziemlich sicher, dass ich etwas erreichen kann.«
»Du kannst uns nach Burg Brass bringen?«
»Oh, das wird gar nicht nötig sein, Schwager. In kurzer Zeit bringen wir Burg Brass zu uns zurück.«
Meliadus starrte Taragorm einen Augenblick schweigend an, dann lachte er. Sein Gelächter war so laut, dass es fast den Lärm der Uhren übertönte.
»Endlich! Endlich! Hab Dank, Schwager! Habt Dank, Meister Tozer! Das Schicksal ist auf unserer Seite!«