6 Jehamia Cohnahlias
Ihre Füße schienen geradezu in den Boden zu sinken, und die glühenden Schatten, die es auch im Inneren gab, hüllten die beiden Männer ein, als sie in die schillernde Dunkelheit des Turmes traten.
Ein sanfter Ton, wie ein unirdisches Wiegenlied, schwang in der Luft und erhöhte ihr Gefühl des Wohlbefindens, während sie immer tiefer in dieses fremdartige, organische Bauwerk eindrangen.
Und dann standen sie plötzlich in einem kleinen Raum, der voll des gleichen goldenen, pulsierenden Leuchtens war, das sie vom Boot aus gesehen hatten.
Und dieses Leuchten ging von einem Kind aus.
Es war ein Junge von orientalischem Äußeren, mit zarter, brauner Haut, in Gewändern, die so dicht mit Juwelen bestickt waren, dass der Stoff darunter überhaupt nicht mehr zu sehen war.
Er lächelte, und sein Lächeln glich dem milden Leuchten, das ihn umgab; Es war unmöglich, nicht Liebe für ihn zu empfinden.
»Herzog Dorian Falkenmond«, sagte er mit heller Stimme und verneigte sich, »und Sir Huillam d’Averc. Ich bin ein Bewunderer Eurer Gemälde und Architekturen.«
D’Averc starrte ihn erstaunt an. »Du kennst sie?«
»Sie sind großartig. Weshalb schafft Ihr nicht weitere?«
Der Franzose hüstelte verlegen. »Ich – ich habe wohl die leichte Hand dazu verloren. Der Krieg …«
»Ja, natürlich. Das Dunkle Imperium. Deshalb seid ihr ja hier.«
»Es sieht ganz so aus …«
»Man nennt mich Jehamia Cohnahlias.« Der Junge lächelte erneut. »Und das ist alles, was ich euch über mich sagen kann, falls ihr die Absicht gehabt habt, mich nach mehr fragen zu wollen. Die Stadt hier heißt Dnark, und ihre Bewohner sind in der Außenwelt unter der Bezeichnung ›die Großen Guten‹ bekannt. Ihr habt bereits einige getroffen, glaube ich.«
»Die glühenden Schatten?« fragte Falkenmond.
»Ah, seht ihr sie so? Ja, dann also die glühenden Schatten.«
»Sind sie intelligent?«
»Und ob. Mehr als das!«
»Und dies ist Dnark?« fragte Falkenmond weiter. »Ist es die legendäre Stadt des Runenstabs?«
»Das ist sie.«
»Merkwürdig, dass die Legenden davon berichten, er befände sich in Asiakommunista, nicht in Amarehk.«
»Das ist kein Zufall. Eine kleine Irreführung ist manchmal angebracht.«
Der Junge lächelte erneut.
»Offensichtlich«, meinte Falkenmond trocken, unfähig, in der Gegenwart des Kindes Ärger zu empfinden. »Erst schickte uns der Ritter in Schwarz und Gold hierher, und als wir uns weigerten, legte es uns sein Bruder nahe …«
»Ah ja, Orland Frank«, murmelte der Junge. »Ich hege eine besondere Zuneigung für diesen Diener des Runenstabs. Aber kommt jetzt mit in den Saal des Runenstabs.« Er runzelte die Stirn ein wenig. »Verzeiht, gewiss wollt ihr euch erst ein wenig erfrischen und euch vielleicht mit einem anderen Reisenden unterhalten, der erst vor ein paar Stunden vor euch hier ankam?«
»Kennen wir ihn?«
»Ich denke schon.«
Der Junge schien von seinem Stuhl zu fließen. »Diesen Weg.«
»Wer mag das sein?« murmelte d’Averc. »Wer, außer uns, würde auf die Idee kommen, nach Dnark zu reisen?«