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Dor und Alli luden ihre wenigen Habseligkeiten auf einen Esel und zogen in Richtung Hochebene.
Sie hatten beschlossen, ihre Kinder in der Obhut von Dors Eltern zu lassen, doch Alli war untröstlich. Sie zwang Dor zweimal dazu umzukehren, damit sie die Kinder noch einmal umarmen konnte. Als ihre älteste Tochter fragte: »Bin ich jetzt die Mutter?«, brach Alli schluchzend zusammen.
Ihre neue Unterkunft war eine kleine Hütte aus Schilfgras, die kaum vor Wind und Regen schützte. Ohne Familie waren Dor und Alli aufeinander angewiesen. Sie bauten an, was dort gedeihen wollte, hielten Schafe und eine Ziege und gingen sparsam um mit dem Wasser, das sie vom weit entfernten Fluss holen mussten.
Dor setzte seine Messungen fort und arbeitete mit Knochen, Stäben, Sonne, Mond und Sternen. Das war die einzige Tätigkeit, die ihm das Gefühl gab, etwas Sinnvolles zu tun. Alli zog sich immer mehr in sich selbst zurück. Eines Abends sah Dor, wie sie die Schlafdecke ihres Sohnes umklammerte und ins Leere starrte.
Ab und an brachte Dors Vater den beiden Essen – auf Anweisung seiner Frau –, und dann berichtete er von Nims Turm, der aus gebrannten Ziegeln und Mörtel von den Quellen Shinars bestand und immer höher wurde.
Nim sei schon hinaufgestiegen, hörten Dor und Alli, er habe einen Pfeil zum Himmel hochgeschossen und hinterher behauptet, Blut habe an der Spitze geklebt, als er wieder herunterfiel. Das Volk neigte sich vor Nim und glaubte, er habe die Götter verwundet. Bald würden er und seine besten Krieger die Wolken erreichen, besiegen, was immer sie dort erwartete, und fortan von dort oben herrschen.
»Er ist ein starker, mächtiger König«, sagte Dors Vater.
Dor blickte unter sich. Wegen Nim mussten sie in der Verbannung leben. Nims wegen konnte Dor seine Kinder nicht mehr umarmen. Dor dachte daran zurück, wie Nim, Alli und er auf den Hügeln herumgerannt waren. Für ihn war Nim immer noch der Junge, der stets der Stärkste sein wollte.
»Danke für das Essen, Vater«, sagte Dor.