Kapitel 17

Julie saß mit Gesine, Thijs und Wim bereits beim Frühstück, als Jean von seinem morgendlichen Rundgang zurückkehrte.

»Thijs, Wim, die Männer haben heute in der Früh am Ufer ein Boot gefunden. Es ist zwar gekentert, scheint aber ansonsten intakt zu sein. Vielleicht ist es das Boot von Watervreede.«

»Wirklich? Dann hat es der Fluss wohl hierhergetrieben, was für ein Zufall! Aber das wäre doch gut, dann bräuchten wir uns nur eines von euch zu leihen.«

»Die Männer werden euch nachher helfen, es zu bergen. Es hat sich in den Mangroven ein Stück flussabwärts verfangen.«

Nach dem Frühstück machte sich Jean auf den Weg zu den Feldern, Wim und Thijs machten sich mit einigen Männern an die Bergung des Bootes und Gesine kommandierte Karini zum Packen ab. Wim und Thijs wollten bereits in zwei Tagen zurück nach Watervreede.

Julie nutzte die Gelegenheit, sich mit Helena auf dem Arm zu Erika zu begeben, die am Vormittag wieder ihren Platz auf der Veranda eingenommen hatte. Zu Julies Freude ging es Erika schon viel besser, sie aß mit großem Appetit und war guter Dinge.

»Oh, hallo meine Kleine.« Erika begrüßte Helena liebevoll. Das Mädchen lachte und klatschte mit seinen kleinen Händen, als es Erika sah.

Julie musste lachen. »Sie mag dich wirklich.«

»Ach, sie ist ja auch herzig.« Erika streichelte Helena über das blond gelockte Köpfchen. Helena versuchte, sich mit ihren kleinen Ärmchen an der Balustrade der Veranda hochzuziehen. Die Frauen beobachteten das kleine Mädchen schweigend. Dabei huschte ein dunkler Schatten über Erikas Gesicht.

Julie wusste, dass Erika schwer an der Trennung von ihren Kindern trug. Dabei war es nicht so sehr die räumliche Entfernung, die ihr zusetzte, als vielmehr die gefühlsmäßige Distanz. Reiner hatte sich früh von Erika gelöst, er ging seinen eigenen Weg, und selbst die gerade mal achtzehnjährige Hanni zog es vor, am anderen Ende der Kolonie zu leben, anstatt bei ihrer Mutter.

Julie konnte sich das nicht erklären, Erika war so ein herzensguter Mensch. Eines allerdings war unbestritten: Um Hannis Vater machte Erika ein großes Geheimnis oder besser gesagt, sie hatte nie darüber geredet. Hanni konnte nicht das Kind von Reinhard sein, dieser war damals schon zu lange verschollen, und Erika hatte zudem erst nach Hannis Geburt erfahren, dass Reinhard auf Batavia lebte.

Der Grund für die gefühlsmäßige Distanz zwischen Erika und ihrer Tochter lag vielleicht auch in diesem dunklen Geheimnis.

Erikas Stimme holte Julie aus ihren Gedanken zurück.

»Dein Cousin ist wirklich sehr nett. Ich finde es beachtlich, wie gut er sich hier in Surinam zurechtfindet«, sagte sie lächelnd.

»Ja«, Julie nickte, »ich hätte auch nicht gedacht, dass er hier solche wagemutigen Abenteuer in Angriff nimmt. Wenn er dadurch nur nicht seine Frau vergrault.«

Erika schmunzelte. »Sie ist sicher kein einfacher Charakter. Und so anders als er. Ich frage mich, was sie verbindet.«

Julie nickte. Sie hatte auch schon oft darüber nachgedacht. »Schau dir die beiden doch an. Sie sind eher wie Feuer und Wasser als wie Mann und Frau. Ich befürchte, dass Wims Hochzeit mit Gesine ähnlich wie meine damals von meinem Onkel arrangiert wurde. «

»Ja, wahrscheinlich hast du recht. Hoffentlich geht das auf Watervreede gut. Ich habe deinem Cousin übrigens gesagt, dass ich ihn gerne dort besuchen würde, sobald ich wieder gesund bin. Ich finde die Entwicklung dort sehr spannend, und natürlich möchte ich auch gerne Sarina wiedersehen. Wim hat sich sehr positiv über sie geäußert und auch Thijs Marwijk ist voll des Lobes. Es war wohl doch eine gute Entscheidung, sie mitgehen zu lassen.«

Julie runzelte die Stirn und zog Helena auf ihren Schoß. Das Mädchen war sichtlich müde und kuschelte sich nun in ihre Arme. Julie strich ihm zärtlich über das blonde Haar.

»Ich hoffe, es bleibt auch so friedlich, wenn Pieter dort Einzug hält.«

Vom Fluss her kamen Wim und Thijs auf das Haus zu. Beide waren bis zur Hüfte nass, scherzten aber offensichtlich miteinander und lachten.

»Juliette, stell dir vor …«, Wim nahm die Stufen der Veranda in einem Satz, »unter dem umgekippten Boot saß ein Kaiman, er hat nach Thijs geschnappt.« Er breitete die Arme aus, um zu zeigen, wie groß das Tier gewesen war.

Thijs klopfte ihm auf die Schulter. »Na, übertreib mal nicht, so riesig war er nicht, und er hatte mehr Angst vor uns als wir vor ihm.« Er wandte sich an Julie. »Hier … das haben wir im Boot gefunden, es hatte sich an einem der Bretter verfangen. Ob das Boot doch von jemandem gestohlen wurde?«

Julie fand, dass diese beiden erwachsenen Männer aussahen wie zwei Jungen auf Abenteuerreise. Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Dann aber fiel ihr Blick auf das nasse Stück Stoff, das Thijs nun hochhielt. Ihr stockte für einen Moment der Atem. Julie wusste sofort, woher dieses längliche blaue Stück Tuch stammte.

Dieser Stoff wurde von den indischen Männern als Turban getragen und sie kannte nur einen, der die Farbe Blau bevorzugte: Baramadir.

Die Blume von Surinam
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