Kapitel 15
Pieter legte zufrieden den Brief beiseite, den er soeben von einem Boten erhalten hatte. Er kam nicht umhin, ein wenig beeindruckt zu sein. Dieser Marwijk hatte es allen Gefahren wie Schlangenbissen, Fieber oder schlicht Resignation zum Trotz tatsächlich geschafft, die Plantage in wenigen Wochen so weit herzurichten, dass man dort mit den Arbeiten beginnen konnte.
Pieter hatte es Marwijk im Stillen nicht recht zugetraut. Nun aber hatte dieser ihn gebeten, die Bestellung der Dampfmaschine weiterzuleiten und dann, in einigen Wochen, zeitgleich mit der Maschine nach Watervreede zu reisen. Marwijk selbst, so schrieb er, sei mit Wim Vandenberg zurzeit auf Rozenburg und werde von dort bald mit den ersten zwanzig Arbeitern nach Watervreede zurückkehren. Pieter nippte genüsslich an seinem Dram. Damit war der erste Teil seines Plans abgeschlossen, ohne dass er viel hatte tun müssen. Er konnte sich einfach beruhigt zurücklehnen, auf die Dampfmaschine warten und dann in das Hinterland fahren, um auf einer bestens vorbereiteten Plantage zu leben.
»Martin, die Dinge entwickeln sich hervorragend. Du kannst gleich im August mit nach Watervreede kommen«, teilte er seinem Sohn mit, als dieser ihn am Nachmittag besuchte.
Martin kam seit Juliettes und Jeans Abreise regelmäßig zu ihm. Pieter spürte deutlich, dass Martin diese Besuche genoss, und wenn Juliette versucht hatte, ihn als Vater schlechtzureden, dann ließ er sich zumindest nichts anmerken. Pieter selbst war nun, da er seinen Sohn besser kennengelernt hatte, doch ein bisschen stolz auf ihn, er hatte sich zu einem wohlerzogenen und gebildeten jungen Mann entwickelt. Was Pieter jedes Mal daran erinnerte, dass er dazu nichts beigetragen hatte. Nichts hatte beitragen können. Dieser Stachel saß tief und schürte seine Wut auf Juliette noch zusätzlich. Mit dem einstigen Kleinkind hatte Pieter nicht viel anfangen können, aber diesen jungen Mann hier sah er mit anderen Augen. Und so hatte er beschlossen, Martin in seine Pläne auf Watervreede einzubinden.
Der jedoch schien von seinem Vorschlag nicht so recht begeistert zu sein. »Vater, ich weiß nicht … ist es nicht noch zu früh? Vielleicht sollte ich doch erst nach Rozenburg gehen, um dann …«
Pieter winkte entnervt ab. »Ach, was für ein Umstand! Nein, du kannst auch gleich mit mir kommen. Es werden ein paar aufregende Monate auf Watervreede werden, da kannst du viel lernen.«
»Ja, aber«, Martin wurde etwas kleinlaut, »Tante Juliette …«
»Sie ist nicht deine Tante«, sagte Pieter scharf. Er sah, dass der Junge zusammenzuckte, aber seine harschen Worte taten ihm nicht leid. Im Gegenteil, es ärgerte ihn, dass Martin sich trotz seiner persönlichen Anwesenheit immer noch an Juliette orientierte. Jetzt fasste er seinen Sohn sanft an der Schulter und sah ihm tief in die Augen. »Es reicht, dass ich es dir erlaube, du musst sie nicht mehr fragen. Am besten … am besten ziehst du jetzt schon zu mir. John Therhorsten wird nichts dagegen haben.«
»Ich soll zu dir ziehen?« Martin blickte ihn verwundert an, aber Pieter war der freudige Glanz nicht entgangen, der über das Gesicht seines Sohnes gehuscht war.
»Natürlich, warum denn nicht?«
»Ich muss erst Kiri um Erlaubnis fragen und Henry Bescheid geben«, stammelte Martin.
Pieter spürte wieder Wut in sich aufsteigen. »Sohn, du brauchst dieses Negerweib nicht zu fragen! Sie hat dir noch weniger zu sagen als Juliette.«
Zum wiederholten Male war Pieter entsetzt über Martins Umgang mit den Schwarzen. Auch wenn er tendenziell nicht an dessen Einstellung zweifelte, lag noch viel Arbeit vor ihm, der Junge war ja völlig verweichlicht! Wenn sie erst einmal auf der Plantage waren, würde Martin den Arbeitern gegenüber forsch auftreten müssen, sie würde er nicht immer bitten und fragen können.
Martin schien trotzdem zu zögern.