14.

Das neue Wams engte Falko ein, und die straff sitzenden Beinlinge zwickten an seiner empfindlichsten Stelle. Doch er konnte nicht einfach nach unten greifen und die Kleidung zurechtzupfen, solange er im Blickfeld Ihrer Königlichen Hoheit, der Prinzessin Eleonore, stand. Sein einziger Trost war, dass Hilbrecht mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte. Ihnen war einfach zu wenig Zeit geblieben, sich die festliche Kleidung richtig anpassen zu lassen. Es hatte dem König gefallen, sie beide mit dem Schutz seiner zukünftigen Gemahlin zu betrauen, und dabei hatten sie nicht in ihren alten, bereits schäbig gewordenen Gewändern auftreten können.

Nun trug jeder von ihnen ein aus verschiedenfarbigen Stoffbahnen zusammengenähtes Wams, modisch bunt gemusterte Beinlinge und aus Golddraht geflochtene Stirnbänder. Die Haare waren von Edelgunde und Margarete kräftig durchgekämmt worden und fielen ihnen in weichen Locken bis auf die Schultern.

Da ihn Langeweile zu überkommen drohte, überlegte Falko, vor wem sie die junge Dame beschützen sollten. Zum einen waren die zierlichen Zeremonialschwerter für einen harten Kampf nicht geeignet, und zum anderen standen genug Krieger vor der Basilika, um jeden Attentäter abzuschrecken.

Doch Michel von Ziegenhain war misstrauisch wie ein alter Dachs und hätte am liebsten bis auf den Papst, dessen Ministranten und ein paar ausgesuchte Gäste keinen Menschen in die Kirche des heiligen Petrus eintreten lassen, die noch aus der Zeit des großen Kaisers Konstantin stammen sollte. Doch an der Feier, in deren Verlauf der deutsche König und zukünftige römische Kaiser Friedrich die Ehe mit einer königlichen Prinzessin aus Portugal schloss, mussten so viele Würdenträger teilnehmen, wie die Basilika fassen konnte. Alle Welt sollte miterleben, wie die beiden Menschen aus königlichem Geblüt zusammengegeben wurden. Angesichts der vielen Besucher war es eine ernstzunehmende Aufgabe, zu verhindern, dass Prinzessin Eleonore etwas zustieß, und die würden Hilbrecht und er erfüllen.

Um sich von den engen Beinlingen abzulenken, betrachtete Falko eingehend die junge Braut. Sie war ein ganzes Stück kleiner als Friedrich, grazil und hatte das dunkle Haar und die dunklen Augen des Südens. Falko fand sie hübsch, hatte aber gehört, dass Friedrich III. bei ihrem Anblick seine Ärzte besorgt gefragt hatte, ob ein so zierliches Weib ihm jene gesunden Söhne gebären konnte, die für den Fortbestand der Dynastie unabdingbar waren.

Die Antwort musste zur Zufriedenheit des Königs ausgefallen sein, denn er wirkte stolz und hoheitsvoll, als er Eleonores Hand ergriff und ihr den Ring überstreifte. Der Papst sprach seinen Segen dazu, und die Chorknaben stimmten ein Lied an. Falko erschien es wie Engelsgesang, und er wandte für einen Augenblick den Kopf, um die jungen Sänger in ihren weißen Hemden zu betrachten.

Auf Hilbrechts leises Räuspern hin richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Brautpaar, das diesen Augenblick zu genießen schien. Friedrich hatte eine Braut aus königlichem Hause gewonnen und damit seine Stellung unter den Monarchen Europas gefestigt, Eleonore sonnte sich ihrem Lächeln nach in der Aussicht, sich bald Kaiserin nennen zu dürfen.

So bescheiden Friedrichs Einzug in Rom auch ausgefallen sein mochte, diesen Tag versuchte er groß zu feiern. Dennoch fanden die Geschenke und Geldsummen, die sein Kämmerer und dessen Untergebene an die Ministranten, die Sänger und die übrigen Beteiligten austeilten, offensichtlich nicht deren Zustimmung.

Auch Falko und Hilbrecht erhielten als Trabanten der jungen Königin ein paar Münzen in die Hand gedrückt. Da sie ihre Aufgabe jedoch nicht wegen eines erhofften Lohnes erfüllten, zählten sie zu den wenigen, die sich nicht über Friedrichs angebliche Knausrigkeit ereiferten.

Auch beim anschließenden feierlichen Bankett war es Falkos und Hilbrechts Aufgabe, die Braut des Königs zu beschützen. Beide stellten sich seitwärts hinter ihren Stuhl, die jeweils rechte Hand am Schwertgriff, und sahen zu, wie die übrigen Gäste tafelten. Sie selbst würden erst essen können, wenn das Brautpaar sich in seine Gemächer zurückgezogen hatte. Dieser Umstand störte Falko jedoch ebenso wenig wie die spöttischen Blicke Margaretes, die mit ihrer Tante und deren Mann zu den Festgästen zählte.

Mit einem Mal fragte sich Falko, ob Margarete seine Beinlinge absichtlich so eng genäht hatte. Da Hilbrecht mit den gleichen Problemen kämpfte, war es wohl der Eile geschuldet, in der die Kleidung hatte gefertigt werden müssen. Allerdings sahen sein Freund und er in diesen Gewändern gut aus, und es erfüllte ihn mit Freude, hier stehen zu dürfen. Davon würde er noch seinen Enkeln erzählen können, dachte er mit einem versonnenen Lächeln.

An diesem Abend geschah nichts Unvorhergesehenes, und so standen die beiden jungen Männer wie Statuen da. Sie sahen den Hofzwergen bei ihren Späßen zu, lauschten den Melodien der Musikanten und ließen ansonsten ihren Gedanken freien Lauf. Falko bedauerte, dass Francesca nicht hier sein konnte. Es hätte ihr gewiss gefallen, und vielleicht wäre es ihnen sogar gelungen, miteinander zu sprechen. Nun musste er weiter darauf warten, dass er Zeit fand, sie zu suchen. Zu seinem Leidwesen würde das so schnell nicht der Fall sein. Zwar wollten Friedrich und seine Gemahlin nach der Krönung Neapel aufsuchen, um König Alfonso, Eleonores Onkel, ihre Aufwartung zu machen. Aber Michel hatte ihn und Hilbrecht damit beauftragt, über den in Rom zurückbleibenden Prinzen Ladislaus zu wachen.

Dies war ebenfalls eine ehrenhafte Aufgabe, doch sie passte nicht in Falkos Pläne. Was war, wenn er Francesca erst fand, nachdem ihr Vater sie mit einem anderen Mann verheiratet hatte? Der Gedanke brachte ihn beinahe dazu, die Hochzeitsgesellschaft zu verlassen und sich unverzüglich auf die Suche zu machen. Damit jedoch würde er Königin Eleonore tödlich beleidigen, den König erzürnen und Michi, der ihm vertraute, zutiefst enttäuschen.

Toechter Der Suende
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