36. KAPITEL
Thomas Fielding, auch bekannt unter den Namen Tommaso oder IlMorte69, leckte sich über die Lippen.
Auf diesen Moment hatte er all die Jahre hingearbeitet. Mit klopfendem Herzen lief er durch seine Wohnung, staubte Gemälde ab, nahm Sachen in die Hand, die er über die Zeit gesammelt hatte, schaute sie sich an, stellte sie wieder ab. Sein Bruder. Sein kleiner Bruder. Okay, er war nur zwei Minuten jünger. Aber sein kleiner Bruder würde jeden Augenblick hier sein. Tommaso konnte es kaum erwarten.
Er lebte schon beinahe sein gesamtes Leben lang in Italien. Seine Eltern, seine Adoptiveltern, waren beide beim Militär. Sein Dad war Flugzeugmechaniker, seine Mutter Ärztin. Sie waren wundervolle Eltern. Als sein Vater zur Aviano Air Base in Westitalien, gleich oberhalb von Venedig, versetzt worden war, war seine Mutter ganz aufgeregt gewesen. Sie nahmen Thomas mit nach Italien, meldeten ihn in einer örtlichen Schule an, sodass er die Sprache lernen konnte, und riefen ihn bald nur noch bei seinem italienischen Namen: Tommaso. Dad war ein brillantes Mitglied der 31st Fighter Wing, der die Flugzeuge in Schuss hielt, und Mom verbrachte ihre Tage im Krankenhaus. Das bedeutete, nach der Schule wurde Tommaso am Eingang der Notaufnahmen abgesetzt und suchte sich seinen Weg durch die langen Flure zu seiner Mutter.
Seine erste Leiche sah er nicht in der Leichenhalle des Krankenhauses. Das war seine zweite. Seine erste Leiche war seine biologische Mutter.
Aber darüber wollte er jetzt nicht nachdenken.
Es war vom Schicksal bestimmt, dass sich die Wege von ihm und seinem Bruder irgendwann kreuzen mussten. Nun geschah es schneller, als er erwartet hatte, aber das war gut so. Va bene.
Gavin würde jede Minute hier sein. Gavino. Sein kleiner Bruder. Tommaso konnte es nicht erwarten. Konnte nicht erwarten, ihn endlich zu sehen.