16. KAPITEL

Gavin war außer sich vor Aufregung. Als er zu Hause ankam, hatte die beste aller Nachrichten ihn erwartet.

Es war an der Zeit.

Er zitterte, obwohl in dem Bollerofen, den er für Heizungsausfälle und zu Verführungszwecken im Keller stehen hatte, ein Feuer brannte. Der Raum war in ein orangefarbenes Glühen getaucht, die flackernden Flammen tanzten in den Schatten. Ein kleiner Tisch war mit weißer Tischdecke und feinstem Porzellan gedeckt. Kerzen in polierten Silberhaltern strahlten und warfen gelbe Lichthöfe auf das Leinen. Er öffnete eine Flasche Silvio Nardi Brunello und goss den Inhalt in einen Dekanter aus Kristallglas, um ihn atmen zu lassen. Eine Schachtel Pralinen stand auf dem Tisch, zart schmelzende Trüffel, die er extra für den heutigen Abend importiert hatte. Im Hintergrund spielte leise einer seiner Lieblingsopern, Turandot.

Gavin öffnete die Schlösser an der Kiste aus Plexiglas. Seine Liebe lag ganz still. Einen Moment lang war er überwältigt, dann fasste er sich wieder und hob ihren Körper heraus. Vorsichtig setzte er sie auf den Stuhl, der dem Feuer am nächsten stand. Der Stuhl hatte eine hohe Rückenlehne; eine schnelle Schlaufe mit der auf dreißig Pfund Reißfestigkeit geprüften Angelsehne und sie saß aufrecht. Er legte eine ihrer Hände auf die Pralinen und verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln. Ja, so war es schon besser. In dem flackernden Licht wirkten ihre eingefallenen Wangen wie Schluchten, ihr Mund war angemessen schlaff. Ihre Augen von der Farbe dunkelster Schokolade, genau wie die Trüffel, folgten ihm bei jedem Schritt, den er tat.

Er setzte sich ihr gegenüber und goss ihnen beiden Wein ein. Dann hob er sein Glas in einem respektvollen Toast und nahm einen Schluck. Er räusperte sich und fing an, leise die Arie aus Turandot mitzusingen. „Nessun Dorma“, Puccinis verhängnisvolle Worte über eine einsame Prinzessin, die still in ihrem kalten Zimmer auf die Liebe eines Mannes wartet, der ihrer würdig ist. Er war dieser würdige Mann. Er hatte kein Ohr für die Töne, wusste, dass er dem Stück nicht gerecht wurde, aber er flüsterte die Sätze mit, und sie schwebten so leicht um ihren Körper wie die zärtliche Berührung eines Liebhabers. Er hoffte, dass sie ihn hören konnte, wo auch immer sie jetzt war; dass sie hörte, wie er mit süßen Worten Liebe mit ihr machte.

„… Ed il mio bacio scioglierà il silenzio che ti fa mia! Il nome suo nessun saprà … E noi dovrem, ahimè, morir.

Er sank auf ein Knie und folgte den Worten auf Englisch, flüsterte weiter, wohl wissend, dass sie sie auf Italienisch niemals völlig verstehen würde. „… auf deinem Mund werde ich ihn nennen, wenn die Sonne scheint! Und mein Kuss wird das Schweigen beenden, durch das ich dich gewinne!“

Er band sie los. Sie lehnte sich in einer tödlichen Umarmung gegen seine Schulter, ihre Arme hingen über seinen Rücken, berührten ihn, hielten ihn, und er weinte vor Freude. Er hob sie mit beiden Armen hoch und ging zum Feuer hinüber. Eine weiche Federkernmatratze mit seidenen Laken wurde von den Flammen gewärmt. Er legte sie vorsichtig aufs Bett, breitete ihre Haare aus, sodass sie über das Kissen wallten. Sie schaute ihm in die Augen. Als er sie küsste und ihre Lippen sich öffneten, hätte er beinahe den Verstand verloren. Sie war so süß.

Er ließ sich Zeit, liebte sie langsam und zärtlich; er wollte ihr nicht wehtun. Sie akzeptierte seine Umarmung, widersetzte sich nicht, war ihm stets zu Willen. Er nahm sie wieder und wieder und wieder.

Die Nacht verging viel zu schnell. Bei Anbruch der Dämmerung kroch Licht unter der Tür hindurch. Gavin zog sich zwischen ihren Beinen zurück und beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben. Im Licht war sie nicht halb so hinreißend.

„Es ist an der Zeit, dich zu baden, meine Liebe. Oh, warum musstest du mich nur so früh verlassen?“